Burke 2 - Strega
hatten einen kleinen Radiosender, die der Maulwurf gegengeschaltet hatte. Wenn ich den Knopf drückte, würde der Prof ans Steuer der Rammkiste klettern und den Motor starten. Ich kam dann aus der Vordertür geschossen.
Und der Maulwurf würde das Haus in eine Müllverbrennungsanlage verwandeln. Dann würden er und Max wieder über den Zaun steigen und dahin gehen, wo Michelle wartete. Bis Mitternacht sollte alles vorbei sein.
Michelle war mit meiner Hand fertig und fing mit meinem Gesicht an. Die dicke Faschingsschminke machte mich ein paar Töne dunkler, und der schwarze Schnurrbart veränderte meine Gesichtsform noch mehr. Ich würde einen Hut auf dem Kopf und eine dunkle Brille vor den Augen tragen.
»Was hat McGowan gesagt, als du ihm den Bengel gebracht hast ... Terry?« fragte ich sie.
Sie antwortete nicht – ich sah etwas auf ihrem Gesicht, der Mund starr und hart.
»Michelle?«
»Ich hab ihn nicht zu McGowan gebracht«, sagte sie.
»Was hast du mit ihm gemacht?« fragte ich sie, ohne die Stimme zu heben.
»Burke, er konnte nicht nach Hause. Sein Vater ist ’n übles Schwein – er is derjenige, der mit ihm angefangen hat.«
»Deswegen ist er davongerannt?«
»Er is nicht davongerannt – sein Vater hat ihn dem Louis verkauft.« Und die Leute denken immer noch, daß es die Luftverschmutzung sein wird, die uns eines Tages umbringt.
»Was hast du mit ihm gemacht?« fragte ich sie wieder.
»Er is jetzt mein Kind«, sagte sie. »Ich kümmere mich um ihn.«
»Michelle«, sagte ich, die Stimme geduldig, doch der Verstand schrie Ärger!, »du kannst den Bengel nicht im Hotel behalten. Früher oder später wird jemand ...«
»Er is bei mir«, sagte der Maulwurf.
»Auf dem Schrottplatz?«
»Ich hab ihm ein Zimmer eingerichtet«, sagte der Maulwurf, einen verletzten Unterton in der Stimme.
»Der Maulwurf unterrichtet ihn, Burke«, sagte Michelle. »Er lernt alles, Elektronik und so Zeug. Er is echt clever. Du würdest nicht glauben, was er schon ...«
»Lieber Gott!«
»Burke, er ist mein Junge, okay? Wir bringen ihn zu SAFE. Lily will mit ihm arbeiten. Er wird in Ordnung kommen.«
»Was, wenn jemand ihn sucht?«
»Was, wenn?« forderte sie mich.
»Michelle, hör ’ne Minute zu. Du gehst auf den Strich, Baby.
Was für ’ne Mutter wärst du denn?«
»Besser als die Mutter, die du hattest«, sagte sie, die Stimme ruhig.
Ich zündete mir eine Zigarette an. Vielleicht würde der Bengel nie auf eine weiterführende Schule gehen, doch der Staat gibt die schlechteste aller Mütter ab.
»Er ist einer von uns«, sagte der Maulwurf mit einem Blick auf Michelle.
Ich gab auf. »Erwartet bloß nicht, daß ich den gottverdammten Onkel spiele«, sagte ich.
Michelle gab mir einen Kuß auf die Backe. »Wenn ich erst operiert bin, werd ich ihn adoptieren, Burke. Er kann aufs College gehen und alles ... du kannst ihm ein paar Papiere türken ... ich hab schon angefangen, Geld beiseite zu legen ...«
»Weiß ich«, sagte ich. »Und der Maulwurf wird ihm ein Schoßhündchen kaufen, richtig?«
»Er hat massenhaft Hunde«, sagte der Maulwurf mit ernster Stimme.
Ich krümmte die Finger zu einem »Okay«-Zeichen in Richtung Max. Er war weg. Ich starrte in die Ecke, wo er gewesen war und mit der schwarzen Paste herumgewerkelt hatte, fragte mich, wie er das geschafft hatte – und dann sah ich ihn. Er hatte sich gar nicht bewegt – die schwarze Kleidung schluckte das Licht, so daß er nurmehr ein Schattenfleck war. Sie würden ihn niemals kommen sehen.
Der Prof kam rüber und stellte sich neben mich. »Burke, wenn die Frau nichts sagt, gehst du dann ungefragt?«
Ich dachte daran, was Mama vor so langer Zeit gesagt hatte. Keine Regeln. »Ich geh mit dem Bild wieder raus, Prof«, sagte ich ihm.
»Hier geht’s aufs Ganze, Knast oder Friedhof. Wenn es danebengeht, tust du, was du zu tun hast.«
»Ich weiß, was ich zu tun habe«, sagte er.
Ich blickte ein letztes Mal in die Runde.
»Ziehn wir’s durch«, sagte ich ihnen.
Vorsichtig geleitete ich den Konvoi aus zwei Autos durch Manhattan, ich in der rotbraunen Cadillac-Limousine, die der Maulwurf wieder zusammengeschweißt hatte, Michelle folgte im Plymouth. Der Prof kauerte unter dem Armaturenbrett auf der Beifahrerseite des Cadillac und quasselte ohne Punkt und Komma. Er schien sich nicht unwohl zu fühlen – für einen Typ, der sein halbes Leben vorgegeben hat, er hätte keine Beine, war es keine große Sache, sich unter dem Armaturenbrett zu
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