Burke 2 - Strega
oder anderen Agentur angezapft.
Ich mußte sowieso ein oder zwei Stunden warten. Als Max nicht auf der Rampe hinten in der Garage auftauchte, machte ich aus meiner Jacke ein Kissen, quetschte es an die Beifahrertür und legte mich lang. Ich schob ein Judy-Henske-Band rein und hörte sie mit rohseidener Stimme »If That Isn’t Love« singen, während ich in der sanften Dunkelheit der Garage eine Zigarette rauchte.
Max mochte in fünf Minuten zurück sein oder in fünf Stunden.
In meinem Leben ist Zeit nicht wichtig – solange man sie nicht drinnen verbringt.
Etwas fiel von oben auf die Haube des Plymouth und weckte mich auf. Ich blinzelte durch die Windschutzscheibe – es war ein neuer Pack Spielkarten, noch in der Originalverpackung. Max teilte mir mit, daß er eine Revanche für unser letztes Romme-Spiel wollte, und warnte mich davor zu schummeln.
Ich steckte die Karten ein und ging durch die untere Tür bis ganz nach hinten. Wir hatten da hinten einen kleinen Tisch und ein paar Stühle. Auf dem Tisch standen ein großer Glasaschenbecher und ein verchromter Ghetto-Blaster, den irgendein Möchtegern-Räuber Max gestiftet hatte. Als echter Liberaler rief Max ohnehin nie die Polizei, sondern vergewärtigte sich statt dessen, daß der junge Mann eher rehabilitative Zuwendung brauchte. Diese Aufgabe überließ er der Notaufnahme.
Max schwebte durch die Seitentür, verbeugte sich vor mir und machte eine Bewegung, als teile er Karten aus. Ich öffnete den neuen Pack und ließ die Karten durch die Hände flutschen, um das Gefühl dafür zu kriegen. Max langte in eines der Schränkchen und zog einen jener Anrufbenachrichtigungsblöcke raus, wie man sie in Amtsstuben benutzt – wir nehmen die Rückseite als Zählschein. Wir spielen Drei-Sequenzen-Romme: 150 Punkte pro Spiel, fünfundzwanzig für einen Satz, doppelt für Schneider in jeder Sequenz, und wiederum doppelt für einen Drilling. Der Einsatz ist ein Penny pro Punkt – der erste mit einer Million Kröten gewinnt das ganze Ding. Ich guckte durch unseren Stapel Bänder, fragte Max, welches er aufgelegt haben wollte. Er deutete auf Judy Henske. Ich rammte die Kassette rein und drehte die Lautstärke sehr leise. Ich weiß, Max kann nicht hören. Ich dachte immer, er hört die Musik, indem er die Bässe mit dem Körper spürt oder so, doch Judy Henskes Stimme reicht nicht wirklich tief. Einmal schob ich ein Marie-Osmond-Band in den Rekorder. Max hörte eine Minute zu, schnitt ein Gesicht, um zu sagen: »Den Scheiß magst du?« und haute auf die »Stop«-Taste.
Er langte rein, zog die Kassette raus und zermalmte sie in einer Hand. Er warf den Mist in einen Kübel, den wir als Mülleimer benutzen, faltete seine Arme und wartete drauf, daß ich einen besseren Geschmack offenbarte. Ich glaube noch immer nicht, daß er Musik hören kann, aber vielleicht kann er fühlen, wie ich drauf reagiere. Glücklicherweise gibt’s beim Romme kein Bluffen.
Wir waren zirka eine Stunde am Spielen, Max lag zur Abwechslung vorne, als Immaculata hinter Max in den Raum kam. Ihr langes schwarzes Haar war zu einem strengen Dutt nach hinten gefaßt, und alles Makeup war von ihrem Gesicht geschrubbt. Sie trug ein weißes Jersey-Sweatshirt, das Max gehört haben mußte – es war so groß, daß sie zweimal reinpaßte. Sie verbeugte sich vor mir zum Gruße, während sie eine Hand auf Max’ Schulter legte.
Ihre langen Nägel waren in einem so dunklen Purpurton lackiert, daß er fast schwarz war. Max langte hoch, um ihre Hand zu berühren, doch er nahm dem Blick nicht einmal von den Karten. Als Immaculata das erste Mal in unseren Clubraum gekommen war, als gehöre sie hin, fühlte ich ein gewisses Stechen – doch es verging.
Sie gehörte hin.
»He, Mac«, grüßte ich sie, »wir sind fast fertig.«
Max langte über den Tisch und schnappte sich den Zählschein von mir. Seine Zahlen waren unter X, und meine waren unter O – wir hatten vor Jahren angefangen, Schiffeversenken zu spielen, und Max wollte die gleichen Zeichen beibehalten, bloß weil er das letzte Mal gewonnen hatte; Orientalen sind abergläubische Leute. Er reichte ihr den Schein. Seine Absicht war offensichtlich – ich war es, der fast fertig war.
Das reichte – vorne zu liegen war schlimm genug, doch damit rumzuprotzen war grob. Ich klopfte augenblicklich und legte zwei Asse und eine Zwei ab – vier Punkte. Max breitete seine Karten aus: drei Damen, drei Fünfen und drei Zehnen. Die einzige andere Karte war mein
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