Burke 2 - Strega
mich gezeichnet.« Sie fummelte in ihrer Tasche und zog ein Stück Papier raus. Es war mit allen möglichen Arten von Kreuzen und Strichen überzogen, mit Buntstift gemalt, wie es Kinder tun. Unten in der einen Ecke war etwas Blaues, mit einem roten Kreis außen herum.
Ich hielt das Streichholz näher ran. Es war ein Hakenkreuz.
»Das war auf der Hand des Mannes?« fragte ich sie.
»Ja.«
»Auf dem Handrücken?«
»Ja.«
»Was haben Sie unternommen?« fragte ich sie.
Der Rotschopf holte Luft. »Ich zeigte Onkel Julio die Zeichnung.
Er schaute sie einmal an und sagte: ›Gefängnistätowierung.‹ Ich fragte ihn, ob es hinter Gittern Nazis gäbe. Er sagte, er wüßte wirklich nicht allzu viel drüber. Ich drang auf ihn ein – ich brachte ihn dazu, es mir zu sagen. Und da habe ich Ihren Namen gekriegt – er sagte, Sie kennen sie.«
Es war kalt da draußen am Wasser, vor allem um mein Rückgrat herum. Wir hatten eine Abmachung – ich hatte mir ihre Geschichte angehört, und nun konnte ich gehen. Aber ich wollte mir etwas Sicherheit verschaffen – ihr zu verstehen geben, daß ich sowieso nicht der Mann für den Job war.
»Julio hat den Arsch offen«, sagte ich ihr mit flacher Stimme.
»Ich weiß«, sagte sie, sanft und ruhig.
»Ich meine, wegen der Nazis. Ich kenn sie nicht – sie waren mit uns allen im Gefängnis – keiner kennt sie – sie bleiben unter sich, verstehn Sie?«
Der Rotschopf wand sich auf meinem Schoß, bis er mir ins Gesicht sah. Sie griff sich die untere Hälfte meines Gesichts, wie ich es mit ihr gemacht hatte. Ich konnte das Parfüm an ihrer Hand riechen. Sie legte ihr kleines Gesicht direkt an meines und fing meinen Blick ein.
»Sie lügen mich an«, flüsterte sie. »Ich weiß alles über Männer – ich weiß mehr über Männer, als Sie je wissen werden. Ich weiß, wenn ein Mann mich anlügt.«
Problemlos begegnete ich ihrem Starren, auch wenn der Mond in ihren närrischen Augen tanzte.
»Ich sag Ihnen die Wahrheit«, erklärte ich.
Sie lehnte sich an mich, drückte ihre Lippen fest gegen meine.
Ich konnte ihre Zähne spüren. Dann ihre Zunge. So blieb sie gut eine Minute lang, ihre Hände irgendwo auf meiner Brust. »Bitte?«
flüsterte sie.
Sie zog das Gesicht weg. »Nein«, sagte ich. Ich wollte aufstehen, doch sie saß noch immer auf meinem Schoß. Wieder legte sie ihr Gesicht an meines, öffnete den Mund und biß mit aller Kraft in meine Unterlippe. Die Schmerzwelle schoß durch mich wie elektrischer Strom – ich versteifte zwei Finger und einen Daumen und stieß sie ihr in die Rippen. Sie grunzte und zuckte von mir zurück; ihr Mund war blutig.
Der Rotschopf rollte von meinem Schoß und knickte in der Hüfte vornüber. Ich dachte, sie würde kotzen, doch sie kriegte sich unter Kontrolle. Ihr Kopf kam hoch. Sie kaute auf etwas herum – einem Stück meiner Lippe.
»Mmmm«, sagte sie, »das ist so gut.« Ich sah sie ein Stück von mir schlucken. In ihrem Lächeln lag eine Spur Rot, wie verschmierter Lippenstift.
Ich stand von der Bank auf, lief zurück zum Plymouth und ließ sie, wo sie war. Sie rührte sich nicht, bis sie den Motor anspringen hörte. Dann lief sie zum Auto, ließ sich Zeit.
Sie stieg auf der Beifahrerseite ein, öffnete ihr Fenster und blickte raus – weg von mir. Sie sagte kein weiteres Wort, bis wir neben ihrem BMW anhielten.
Die Metropolitan Avenue war ruhig. Der BMW stand unangetastet da. Diese Gegend war danach.
Der Rotschopf wandte sich mir zu. »Kann ich Ihnen eines sagen, bevor Sie gehen?«
Ich nickte bloß und spannte für den Fall, daß sie noch immer hungrig zu sein beschloß, meinen rechten Arm an.
»Hunderttausend Dollar. In bar. Für Sie.«
Sie hatte meine Aufmerksamkeit, doch ich sagte nichts.
»Hunderttausend Dollar«, sagte sie wieder, als verspräche sie die allererotischste Sache der Welt. Vielleicht tat sie’s.
»Wo?« fragte ich sie.
»Ich habe sie«, sagte sie. »Und sie gehören Ihnen, wenn Sie das Bild für mich finden.«
»Und wenn nicht? Ich meine, wenn ich suche und mit leeren Hände zurückkomme?«
»Wie lange werden Sie suchen?«
» Falls ich suche, suche ich vier, fünf Wochen. Danach gibt’s keine Chance. Man könnte ein paar Inserate aufgeben, ein paar Bäume schütteln ... aber wenn’s in der Nähe ist, immer noch am Ort, dann ist nicht mehr Zeit drin.«
»Woher weiß ich, daß Sie wirklich suchen?« fragte sie.
»Tun Sie nicht«, sagte ich, »und das ist die beschissene
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