Burke 3 - Bluebelle
Ich habe da drin aufgepaßt – Leute gefunden, denen ich zuhören konnte. Ich wollte nie ein Abgreifer sein. Ich bin im Grunde meiner Seele kein Pistolero, ich bin ein Dieb. Ich wollte nie ein Bürger sein – wußte, daß ich’s sowieso nie könnte. Aber ich wollte keine Schnapsläden hochnehmen. Ich wollte mein Ding machen. Den Kopf gebrauchen, nicht die Hände.«
Ich drückte die Zigarette aus.
»Ich habe mein ganzes Leben lang auf die Früchte gewartet, Belle. Es hat bei mir nie funktioniert. Ich hatte ’ne Weile einige Dinger laufen, hab ein paar gute Züge gemacht. Aber es scheint, als lande ich am Ende immer wieder in dieser Gasse.«
Ich genehmigte mir einen weiteren Schluck Eiswasser, Belles Hände auf meiner Brust.
»Ich dachte, es wäre alles wegen dem verdammten Keller. Ich habe mir geschworen, ich kämpfe nie mehr wegen einem Ding, nie wieder. Egal, was es ist, ich geh aus dem Weg. Halte mich raus.«
Ich zündete mir eine weitere Zigarette an.
»Ich habe den Dreck aus meinem Leben verbannt. Ich trinke nicht, ich spiele nicht mit Dope rum. Ich habe gelernt, vorsichtig zu sein. Ganz, ganz vorsichtig. Ich arbeite auf Schleichwegen innerhalb von Schleichwegen. Schachteln innerhalb von Schachteln.
Hintergrundgeräuschen vom Band, wenn ich Anrufe mache, getürkten Nummerschildern am Auto. Ich habe mir Pässe, Geburtsurkunden, Führerscheine besorgt. Ich linke Freaks, die nicht zurücklinken können. Ich wollte bloß das, was jeder Dreikäsehoch will – was deine Mutter für dich gewollt hat.«
»Sicher sein?«
»Yeah. Sicher sein. Das Muster, daß ich mir zurechtgelegt habe – es war wie ein Ritual. Etwas, das du anbetest. Damit du vor Dämonen sicher bist. Ich hatte vorhin, als es mich auf der Couch gebeutelt hat, solchen Schiß. Das hat mich nachdenklich gemacht. Wie wenn du dir den Arsch abbetest, und statt Gott zeigt sich der Teufel. Da hörst du auf zu beten. Das hier ist keine Welt, es ist ein Schrottplatz.
Ich habe mal ein kleines Mädchen aufgegriffen, vielleicht vierzehn Jahre alt. Hat auf der Straße angeschafft. Sie hat die Nächte mit geschlossenen Augen und vollem Mund zugebracht. Das ganze Geld ’nem Drecksack in die Hand gedrückt, der sie verdroschen und zurückgeschickt hat, damit sie mehr macht. Ich habe sie zu einem Ort gebracht, wo man sie sicher unterbringen konnte, und sie gefragt, ob sie ’ne Ausreißerin wäre. Ich dachte, man reißt aus, um an einen besseren Ort zu gelangen. Sie sagte mir, sie wäre an ’nem besseren Ort.«
»Ich weiß.«
»Ich weiß, daß du’s weißt. Ich habe drüber nachgedacht. Als ich da lag. Ich wollte mich schlau durchs Leben schlagen. Nicht das System besiegen, mir bloß mein kleines Stück abzwacken und beiseite schaffen. Es supersicher spielen. Aber jetzt sehe ich’s. Es war ein Muster. Genau das, was man nicht machen sollte.«
»Was für ein Muster?«
»Hat im Gefängnis einer der Jungs vor, über die Mauer zu machen ... kannst du’s vorhersagen. Du beobachtest ihn, er verfällt in ein Muster. Macht jeden Tag dasselbe. Bleibt möglicherweise in der Zelle, statt ins Kino auszuschwärmen. Weil er am Gitter werkelt. Immer nur ein kleines Stück, danach schmiert er dreckige Seife in die Einschnitte, um sie zu kaschieren. Wartet. Oder du siehst ihn, wie er auf dem Hof die Wachttürme abcheckt. Im Kopf Zeitpläne macht. Jedes Muster prägt dich nach ’ner Weile. Dieser südamerikanische Diktator, der ist überall hin mit ’ner Panzerlimousine gefahren. Leibwächter vor ihm, Leibwächter dahinter. Sicher wie ein Bankgewölbe. Die andere Seite, die haben das Auto mit ’ner scheiß Rakete weggeblasen. Du siehst? Das Muster hat ihnen gezeigt, was sie tun mußten. Sie haben keine Zeit mit Entführungskram verplempert. Haben das Problem einfach aus dem Weg geblasen.«
»Aber ...«
»Das gilt auch für mich, Belle. Ich hab’s zu lange so getrieben. Ich spiele es sicher, aber ich spiel’s nicht allein. Verstehst du, was ich sagen will?«
»Nein, Liebster.«
»Ich kann aus diesem Büro weggehn und nie einen Blick zurückwerfen. Mich kriegen sie nie mehr damit dran, daß ich um mein Zuhause kämpfe. Ich habe kein Zuhause. Erinnerst du dich, wie du gesagt hast, wir sollten abhaun? Ich kann nicht abhaun. Ich habe kein Zuhause, aber ich habe Leute. Meine Leute. Das einzige, was ich habe. Das ist mein Muster.«
»Der kleine schwarze Kerl?«
»Der Prof ist einer davon. Es gibt andere. Ich weiß nicht, wie’s passiert ist. Ich war nicht drauf
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