Burke 3 - Bluebelle
schwarzen Rollkragenpullover in einer Schublade, schmiß ihn ihr zu.
Ich holte einen dunklen Anzug raus, ein hübsches, konservatives blaues Hemd, schwarzen Strickbinder. Eine Brille mit schwarzem Rahmen und einen Attachekoffer, und fertig war ich.
Belle schaute mich von oben bis unten an. »Ich hab nicht gewußt, daß du eine Brille trägst.«
»Das ist bloß Fensterglas – sie verändert die Gesichtsform.«
»Ich wünschte, ich könnte das«, sagte sie bitter.
»Ich mag dein Gesicht«, erklärte ich ihr.
»Es sieht nicht wie seins aus«, sagte sie. »Aber manchmal seh ich ihn noch im Spiegel.«
»Wenn es dir weh tut, solltest du es vielleicht richten lassen.«
»Meinst du so was wie kosmetische Operation?«
»Nein.«
»Oh. Glaubst du ...?«
»Dazu ist jetzt keine Zeit, mein kleines Mädchen.«
Sie nickte. Ein vertrauensvolles Kindergesicht, das mich musterte. Zuhörte.
Höchste Zeit zu gehen. Ich ließ Pansy raus aufs Dach, versuchte, einen klaren Kopf zu kriegen. Spekulationen kamen nicht in die Tüte – der Prof hatte etwas für mich, und ich würde’s rausfinden, sobald ich ihn sah.
Pansy kam runtergestreunt und knallte sich in eine Ecke. Sie war nicht in Übung.
»Willst du ein Bier?« fragte ich Belle.
»Wer trinkt um diese Zeit Bier?«
Ich holte die letzte Flasche Budweiser aus dem Kühlschrank, öffnete sie und goß sie in eine Schale. Pansy fiel drüber her – ließ es verschwinden.
Das Saint Vincent ist im West Village, nicht weit von meinem Büro weg. »Benimm dich einfach, als wüßtest du, wo du hin willst«, sagte ich Belle.
Am Informationsschalter gaben sie uns einen Besucherschein, und wir nahmen den Fahrstuhl. Zimmer 909 war am Ende des Korridors. Ich ging zuerst rein, nicht scharf drauf, mit Melvin Süßholz zu raspeln, sondern ich hoffte, daß der Prof bereits vor Ort war.
Er war. Im Krankenhausbett, beide Beine dick eingegipst, an Stahldrähten hängend. Ein paar Versorgungsröhrchen steckten in seinem Arm. Sein Gesicht war aschgrau, die Augen geschlossen. Er wirkte kleiner denn je – hundert Jahre alt.
Mein Blick wanderte durchs Zimmer. Leer bis auf einen Stuhl in der Ecke. Ich trat leise ans Bett, das Hirn voller Bilder.
Der Prof rührte sich nicht, öffnete die Augen nicht. Ich beugte mich dicht über ihn.
»Burke?« Seine Stimme war ruhig. Bedröhnt?
»Ich bin’s, Bruder.«
»Hast du meine Nachricht gekriegt?«
»Yeah. Was ist passiert?«
Er schlug die Augen auf. Sie waren blutunterlaufen, aber klar, auf mein Gesicht gerichtet. Seine Stimme war schwach, kaum ein Flüstern. »Ich habe rumgeschnüffelt. Auf meiner Karre. Die Szene begucken, weißt du! Ich habe die Sechsunddreißigste, Ecke Zehnte beackert. Beim Lincoln-Tunnel.«
Der Prof hat eine Masche drauf, bei der er die Beine unter sich faltet und sich auf einem Brett mit an den Boden geschraubten Rollschuhrollen vorwärts stößt. Es sieht aus, als hätte er keine Beine. Manchmal hat er noch ein Schild oder einen Metallbecher dabei. Arbeitet dicht am Boden.
»Willst du damit warten? Dich ausruhn?«
Sein Blick wurde hart. »Sie brachen mir viel, doch ich bin noch im Spiel. Die Schwester kommt in ein paar Minuten vorbei und gibt mir noch ’nen Schuß. Du mußt es jetzt erfahren.«
Ich legte ihm die Hand auf den Unterarm, neben die Versorgungsröhrchen. »Spuck’s aus«, sagte ich, meine Stimme so leise wie seine.
»Hast du je von diesem Karate-Freak gehört, den sie Mortay nennen?«
»Demjenigen, der sämtliche Dojos abklappert? Jeden Sensei rausfordert?«
»Das isser. Kennst du Kuo? Den Kungfu-Mann?«
»Er lehrt den Drachenstil, richtig? Drüben an der Amsterdam?«
»Er is tot, Burke. Dieser Mortay kreuzt im Dojo auf, knallt Kuo vor seinen Schülern eine. Kuo macht die Kampffläche klar, und sie legen los. Mortay ließ ihn einfach liegen.«
Ich ließ Luft ab. »Kuo ist gut.«
»Er ist gut und tot, Bruder. Es läuft schon seit ’ner Weile. Dieser Mortay hat Tickets verkauft – sagt, er wär der tödlichste Mensch der Welt. Es geht das Gerücht, daß er aus dem Turnierbetrieb rausgeflogen ist – er wollte seine Technik nicht abstoppen. Hat ’ne Masse Leute verletzt. Er hat vor einem Jahr einen Kampf auf Leben und Tod veranstaltet. In einem Keller unter Sin City.«
»Ich habe davon gehört.«
»Jeder Spieler aus der Szene war dort. Sie haben zwanzig Riesen als Börse aufgebracht, überall im Laden Nebenwetten. Er hat gegen diesen Japaner von der Küste gekämpft. Wie ich gehört habe, hat
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