Burnout - Auftanken Und Heilen
Jahre ausbrennen. In manchen Fällen kann sie aber auch lebenslang dauern und immer wieder motivieren und diesen geheimnisvollen Energiefluss in uns erzeugen, der im Grund genommen die Lebenskraft selbst ist.
Man kann dieses Phänomen auf den Satz verkürzen: Wir können nur leben, wenn wir lieben. Lieben wir aber nicht, dann verfallen wir in einen Zustand der Erschlaffung, der Abwesenheit, der Erwartung von Leben. Wir leben nicht, und dieser Zustand drückt sich aus als Erschöpfung, als Nichtkönnen und Nichtwollen. Als Nichtmehrkönnen und Nichtmehrwollen. Dann sind wir alt. Wenn wir aber lieben, dann sind wir immer jung, können auf die Lebensenergie zugreifen, selbst wenn wir hundert Jahre alt sind. Zum Lieben gehört die Selbstliebe natürlich dazu. Im Grunde genommen ist sie die Ausgangsbasis. Unter Selbstliebe sollte man nicht die Selbstverliebtheit eines Narziss verstehen, als Verliebtheit in das eigene Spiegelbild, sondern die klare und natürliche positive Einstellung zu sich selbst, die auch schwere Erschütterungen des Selbstbewusstseins übersteht. Das kann sie nur, wenn dies Liebe auch nach außen gerichtet wird und für andere Menschen oder Lebewesen zur Verfügung steht.
Wenn wir im indischen Mythenbuch, der Bhagavadgita, blättern, lernen wir ein noch differenzierteres Bild kennen. Krishna wird gefragt, was den Menschen am Leben hält – also, was seine Lebenskraft stärkt. Er antwortet: Güte, Leidenschaft und Trägheit. Im Grunde genommen sind diese drei Eigenschaften Ausformungen dessen, was man bei uns Liebe nennt. Die Güte ist das liebevolle Gewährenlassen und Pflegen, die Leidenschaft das Begehren und Genießen. Ebenso wichtig aber ist die Trägheit des Menschen, seine Faulheit, seine Passivität. Es gibt viele Menschen, bei denen man sich die Frage stellt, wie sie unter so reduzierten Bedingungen und ohne besondere Hoffnung oder Anreize leben können. Ist es ein bloßes „Dahinvegetieren“, wie wir das gerne nennen? Eigentlich ist es nichts Schlechtes, sich wie die Vegetation dem Kommen und Gehen der Gezeiten zu überlassen, denn es ist die Grundform des Lebens schlechthin. Leben ist eben nicht automatisch Leistung und Selbsthauptung, wie das die Tierwelt oft suggeriert, sondern auch die langsame Bewegung in sich selbst, ein sich Ausfalten und Zusammenfalten nach den Gesetzen der Natur. Diese Bewegung ist so natürlich wie das Leben selbst und eine wichtige Übung für einen Mensch, der seine innerliche Richtung, seinen Biorhythmus, verloren hat. Und man muss im Leben manche Dinge auch einfach einmal aussitzen können. Und so steht es auch mit Ihrem Burnout-Syndrom: Es ist ein Problem, das nicht mit hektischer Aktivität gelöst, sondern ausgesessen werden muss. Das „Dunkle“, wie man diese Eigenschaft der Passivität in Indien nennt, hat auch einen wichtigen Platz im Leben und ist im Grund genommen lebensbejahender als das Helle. Wenn in der indischen Mystik vom hellen Weg gesprochen wird, der ins Nirvana führt, und dem dunklen Weg, der die Wiedergeburt zur Folge hat, spricht man eigentlich von zwei positiven Dingen. Man darf aber nicht vergessen, dass nur das Dunkle in ein neues Leben zurückführt. Trägheit ist also ein uralter Schutzmechanismus für das verletzte Leben und bewirkt Heilung dort, wo alle anderen Kräfte versagen. Wenn uns eine Wunde geschlagen wurde und wir unsere Wunden lecken, dann tun wir das in einem Zustand der Trägheit, des Rückzugs, der Passivität.
Zur Leidenschaft ist zu sagen, dass dieser Begriff sehr weit gefasst werden muss. Es ist nicht primär die sexuelle Leidenschaft, sondern eine starke Emotion, die manche Menschen mit Begriff wie Pflicht oder Sinn belegen. Ein Auftrag, den man für das Leben erhalten zu haben scheint. Dieser Auftrag wird am Offensichtlichsten beim Hobby, jener großen privaten Leidenschaft, die vielen Menschen den Beruf ersetzen kann. Das ist mit dem Begriff „Leidenschaft“ des Ayurveda gemeint. Eine wichtige Szene in Samuel Shems Roman „House of God“ findet auf einer Intensivstation statt, wo ein erfahrener Arzt Herzinfarktpatienten nur eine einzige Frage stellt: „Haben Sie ein Hobby?“ Alle Patienten verneinen. Keiner hatte ein Hobby. Und deshalb, folgert der Arzt, haben sie auch ihren Herzinfarkt bekommen. Aus dem Gefühl der Sinnlosigkeit heraus. Die Anbindung an das Leben fehlt, und deshalb treten tödliche Krankheiten auf. Deshalb ist es eine so wichtige Aufgabe, bei einem Burnout-Syndrom eine
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