Burnout
war Elternsprechtag gewesen). Da ist ihm schließlich der Kragen geplatzt und er hat seine Frau angeschrieen, worauf sie sich enttäuscht in ihr Schneckenhaus zurückgezogen hat. Na, wenigstens zu Hause hatte er noch was zu sagen! Zwei weitere Flaschen Bier später und nach einem wichtigen Sieg seiner Fußballmannschaft ging es Klaus erheblich besser, auch wenn er von seiner schmollenden Frau keinen Gute-Nacht-Kuss erhielt. Am nächsten Morgen wachte er jedoch mit Kopfschmerzen und einem schlechten Gewissen auf. Der Schlaf war nicht erholsam gewesen, er fühlte sich noch erschöpfter als sonst und zusätzlich auch noch psychisch richtig mies. Klaus graute vor dem kommenden Tag noch mehr als sonst.
Aggression, die nach außen getragen wird (z. B. Streit mit Arbeitskollegen, Auslassen der schlechten Laune an den Kindern oder dem Partner), führt zunächst zu einer kurzen Entlastung. Langfristig hilft das jedoch nicht weiter, sondern verprellt die Menschen, die einem weiterhelfen könnten. Es gibt mittlerweile Seminare, in denen die Teilnehmer sogar Aggressionen trainieren können. Ich persönlich halte dies eher für kontraproduktiv. Das heißt keineswegs, dass man immer zurückstecken soll. Nein, treten Sie für sich und Ihre Sache angemessen ein. Bei manchen Angelegenheiten lohnt keinerlei Beschäftigung damit und man kann sie auf sich beruhen lassen, selbst wenn man anderer Meinung ist. Bei anderen Dingen sollte man schon seine Meinung kundtun. Auch hier sollten Sie sich aber fragen: Wie viel Energie wende ich dafür auf? Wie ist das Verhältnis von Aufwand zu möglichem Gewinn. Wie viel Zeit, Nerven und Energie wird in Betrieben, Vereinen oder Familien im Kampf um »Nichtigkeiten« vergeudet?
Machtspielchen
Oft geht es aber gar nicht um die Sache an sich, sondern um Machtkämpfe (»Ich will diese Sache durchsetzen, nicht weil sie wichtig ist, sondern weil ich den anderen zeigen möchte, dass ich die Macht habe, sie durchzusetzen.«). Solche Machtspiele werden oft mit ausgefeilten Strategien, raffi nierten Intrigen und subtilen Manövern, die Entscheidungsträger auf seine Seite zuziehen,ausgeführt. Dabei geht es eigentlich nur um die kindische Forderung: »Ich habe in diesem Sandkasten das Sagen und ich sage, dass ich zuerst mit dem Förmchen spiele!« Wenn Sie bei diesen Spielchen nicht mitmachen wollen, Sie sich aber zunehmend darüber ärgern, dann sollten Sie die Angelegenheit irgendwann auf die »Meta-Ebene« heben. Mit entsprechenden Personen (z. B. Kollegen, Vorgesetzten, Betriebrat, Supervisor) sollten Sie nicht über einen einzelnen Konflikt, sondern über die dahinter liegenden Muster sprechen.
INFO
Umgang mit eigenen Aggressionen
Aggression bringt praktisch nie etwas. Wenn mich die Wut packt, sollte ich kurz innehalten und tief ein- und ausatmen. Wenn ich ein wenig Zeit habe und allein bin, kann ich die Yoga-Atemübung praktizieren (siehe → S. 107 oder meine angespannten Muskeln mit einer Muskelentspannung nach Jacobson entlasten (siehe → S. 108 ). Ich sollte mir klar werden, was mich eigentlich so aggressiv macht. Ich sollte mir einen geeigneten Zeitpunkt aussuchen, um meine Gefühle auszudrücken. Wenn es geht (z. B. Arbeitskollege, Chef, Untergebener, Partner) mit demjenigen, der die negativen Gefühlemit verursacht hat. Wenn es nicht geht (z. B. Kunde, der nicht kritisiert werden darf oder schon weg ist), mit einem Menschen meines Vertrauens, dem ich mich offenbaren darf. Suchen Sie sich einen Menschen, der für Sie als »Mülleimer« dient. Fragen Sie ihn aber vorher, ob Sie das dürfen und ob er auch jetzt Zeit dafür hat. Belohnen Sie ihn auch dafür (z. B. können Sie ihm in ähnlichen Situationen auch zur Verfügung stehen, laden Sie ihn zu einem Essen ein oder honorieren Sie seinen Einsatz auf eine andere angemessene Weise). Suchen Sie sich aber keine »Blitzableiter« für Ihre Aggressionen.
Und dann gibt es natürlich auch noch »existenzielle Fragen«, wo Sie nicht zurückstecken können und es auch nicht sollten. Wenn Sie etwa gezwungen werden, etwas zu tun, was Ihren Grundüberzeugungen diametral entgegensteht, dann dürfen Sie auch einmal »mit der Faust auf den Tisch hauen«. Das ist bildlich gemeint. Auch hier bringt Aggression meist nicht viel, sondern zeigt nur Ihre Verunsicherung und fordert Gegenreaktionen heraus. Sie sollten aber klarmachen, wann ein Punkt erreicht ist, an dem Sie nicht mehr mitspielen – je ruhiger, klarer und bestimmter Sie dies sagen, desto
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