Buschfeuer: Australien-Thriller (German Edition)
und Kris krabbelte den letzten Meter zur Leiter.
» Los. « Er stupste sie sacht mit dem Fuß an.
Irgendwie kam sie auf die Leiter, ohne zu stürzen, und sie musste sich furchtbar konzentrieren, um immer einen Fuß auf eine Sprosse zu setzen. Als Gil über ihr daraufstieg, bebte die Leiter. Und dann umschlossen sie gelb umhüllte Arme, und dicht an ihrem Ohr hörte sie Paul Barrett sagen: » Fast geschafft. « Er hielt sie fest und hob sie die letzten Sprossen hinunter, und dann kam Karl Sauer im orangefarbenen Overall des Freiwilligen-Landesrettungsdienstes SES und nahm Gil Jeanie ab.
Kris’ Augen brannten so, dass sie kaum etwas sah, aber sie wusste, der sie da aufrecht hielt, damit sie husten konnte, das war Gil, dessen Atem nicht weniger rasselte als ihrer.
» Wir müssen hier weg, Sarge « , sagte Karl. » Schaffst du es bis Ward’s? «
Sie nickte und humpelte mit schweren Beinen, einen Schritt nach dem anderen, vom Brand weg, an ihrer Seite Gil und vor ihr Karl, der mit Jeanie die Straße entlanghetzte.
Sie wusste nicht, ob Jeanie noch lebte oder nicht, und das war entsetzlicher, als inmitten der Hitze und Flammen zu sein.
Wie sollte sie es ertragen, wenn Jeanie nicht mehr wäre? Und wie sollte Dungirri überleben, wenn Jeanie starb?
Gil schlurfte die Straße entlang und fühlte sich wie ein alter Mann; der Qualm lähmte seine Muskeln und Lunge, und das Weiterlaufen kostete ihn so viel Mühe, als müsse er einen riesigen Zementblock mit sich schleppen, anstatt eine zierlich gebaute Polizistin zu stützen.
Noch nie im Leben hatte er eine solch übermächtige Angst empfunden wie in dem Moment, als er sie in dem brennenden Haus gesehen hatte. Es war schlimm genug gewesen mitanzusehen, wie das Auto am Abend auf sie zugerast war, doch das war nach wenigen Augenblicken vorbei. Im Feuer hatte die Zeit sich entsetzlich gedehnt, und jede Sekunde schien zur Ewigkeit zu werden.
Und selbst jetzt war nicht sicher, dass sie alles heil überstanden hatte, und Jeanie… Jeanie hatte es schlimm erwischt. Die Platzwunde an der Stirn, die Bewusstlosigkeit und Verbrennungen an den Beinen. Er hatte nichts anderes tun können, als sie da herauszuholen, aber wie sehr mochte das Herumgezerre die Verletzungen verschlimmert haben? Womöglich hatte er sie umgebracht.
Weiter vorn, unter der Straßenlampe auf dem verlassenen Parkplatz hinter Ward’s Rural Supplies sprang Beth Wilson aus einem Wagen des Landesrettungsdienstes SES und lief auf den Mann zu, der Jeanie trug; er hatte sie noch nicht richtig abgelegt, da fing sie schon mit der Untersuchung an.
Gil war zu weit entfernt, um das kurze Gespräch zu hören, aber nahe genug, um zu sehen, dass Beth Wiederbelebungsversuche einleitete. In den knappen zehn Sekunden, die es dauerte, bis sie dort waren, hatte der Mann– es musste einer der Sauer-Brüder sein– den Defibrillator aus dem Wagen geholt, und Beth erklärte ihm, wie er ihn anzusetzen hatte.
Gil hielt Kris zurück, hielt sie einfach, solange Beth den Stromstoß an Jeanies Brustkorb ausführte. Von ferne war Lärm zu hören, aber hier herrschte Stille, kaum dass man zu atmen wagte.
Als Beth dann matt lächelte und den Defibrillator beiseitelegte, fing er wieder zu atmen an. Und zu husten.
Sie blickte kurz zu den beiden hinüber, während sie Jeanie die Sauerstoffmaske anlegte. » Ihr beiden setzt euch. Versucht langsam und tief durchzuatmen. Wir kümmern uns um euch, so schnell es geht. «
» Kommt sie durch? « , fragte Kris.
» Ihr Herz schlägt wieder. Das ist ein guter Anfang. «
» Ich kann helfen. Ich habe die Ausbildung…«
Beth würdigte sie keines weiteren Blickes, aber ihr strenger Befehl klang nicht unfreundlich. » Genau wie Karl und ich. Die größte Hilfe bist du mir, wenn du dich einfach mit Gil hinsetzt und mir Bescheid gibst, sobald sich bei einem von euch irgendwelche schweren Symptome zeigen. «
Karl deutete mit der Hand auf eine grob gezimmerte Bank an der Ziegelmauer des Ward’schen Schuppens, und Gil zog Kris zu sich herunter, dankbar, sich an die Wand lehnen zu können, statt sich weiterhin mühsam auf den Beinen halten zu müssen.
Im Schein der Lampe und des Mondes sahen sie zu, wie Beth und Karl sich Jeanies mit ruhiger Effizienz annahmen. Schon komisch, dass das einst so schüchterne Mädchen, das den Spitznamen » Maus « verpasst bekommen hatte, heute ohne jedes Zögern Befehle gab.
Von Weitem hörte er den Motor des Löschwagens Wasser pumpen und die Rufe der Freiwilligen
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