Bushido
und DJ Stickle waren ja so-wieso da, Nyze kam aus Homburg und D-Bo kam mit mir zusammen aus Berlin. Ich chillte mit den Jungs am Drehort, aber schon nach zwei Stunden Abhängerei wurde mir übelst langweilig.
»Alter, ich hasse Hamburg!«, sagte ich zu Nyze, der in der Nase bohrend neben mir auf den Stufen der Fabrikhalle saß.
»Auf jeden, Alter«, antwortete er und schnickte seinen Popel durch die Luft.
»Hunger?«, fragte ich.
»Hunger!«
»Wohin?«
»Keine Ahnung!«
»Reeperbahn?«
»Reeperbahn!«
Von den anderen Atzen wollte niemand mit, also stiegen wir in meinen 7er und fuhren, ohne großartig darüber nachzudenken, alleine nach St. Pauli.
Nyze hatte ich 2003 kennengelernt. Er organisierte gerade in Saarbrücken und Homburg Hip-Hop-Konzerte und fragte mich damals bei Aggro Berlin an. Da die Opfer-Truppe aber bekanntlich der
Meinung war, dass Bushido keine eigene Tour spielen könnte, gab
es mich nur im Viererpack zu buchen. Also kamen am Ende
Sido, B-Tight, damals als »Die Sekte«, Fler und ich im Rahmen der Ansage-1-Tour nach Saarbrücken. Nyze hatte uns in die »Garage« gebucht – für 10 Euro im Vorverkauf. Die Leute kamen aus der ganzen Region, um uns zu sehen. Es war der reinste Wahnsinn. Wir spielten vor 1600 Fans und nahmen den kompletten Laden auseinander. Das war schon ein sehr geiles Konzert. Fler, Sido und B-Tight beachteten Nyze an dem Abend aber so gut wie gar nicht. Für sie war er eben nur ein Veranstalter. Sie sagten ihm kurz Hallo, aber das war’s dann auch schon. Ich dagegen fand ihn von Anfang an supersympatisch. Er war vielleicht ein bisschen wortkarg, aber auf jeden Fall cool.
Seit fünf Jahren sind wir jetzt dicke Freunde. Ich chille auch oft bei ihm und seinen Eltern in Homburg. Dass er selbst auch rappte, bekam ich erst viel später mit. Seit der Electro-Ghetto-Tour ist er ein fester Bestandteil der ersguterjunge-Crew und mittlerweile mein Back-up-Rapper. Nyze gehört zur Familie.
Zurück in Hamburg. Wir parkten den 7er in einer kleiner Seitenstraße in der Nähe der Davidwache und spazierten einfach drauflos. Im Nachhinein frage ich mich natürlich auch, ob ich an dem Tag irgendwie geistig nicht ganz zurechnungsfähig gewesen bin. Ich meine, Bushido und Nyze allein auf der Reeperbahn! Hallo? Das musste ja Ärger geben. Soweit dachten wir in diesem Moment aber nicht.
Nyze musste dringend pissen und ging in ein Subways. Ich wartete allein vor der Tür. Nach zehn Sekunden kam schon das erste Mädchen an und fragte nach einem Autogramm. Ihre Freundin wollte ein Foto machen. Kein Problem. Innerhalb der nächsten zwei Minuten standen auf einmal zehn kreischende Mädchen um mich herum, die alle aufgeregt meinen Namen schrien. Cool, ich musste ja eh auf Nyze warten, da konnte ich genauso gut noch ein bisschen mit meinen Fans chillen.
Die eifersüchtigen Freunde dieser Weiber fanden es aber gar nicht so cool, standen schlecht gelaunt daneben und schoben schon übelsten Frust. Dann kamen noch irgendwelche Reeperbahn-Atzen dazu, die sich in ihrer Ehre gekränkt fühlten, weil die Mädchen mit mir und nicht mit ihnen Fotos machten. Und es wurden immer mehr.
Da stand ich also. In Hamburg. Auf der Reeperbahn. Allein. Na, super.
»Wo ist dieser Berliner?«, hallte es plötzlich von der anderen Straßenseite herüber. Wie im Film bewegte sich die Menschentraube seitlich von mir weg, um den Weg frei zu machen. Im nächsten Augenblick kam ein riesiges, schwarzes Tier auf mich zu. Oberkörperfrei. Im Dezember. Auf der Reeperbahn. Ihr könnt euch vorstellen, was das für ein Typ gewesen ist. Da hat wohl jemand vergessen, den Käfig abzuschließen, dachte ich mir. Das Tier stampfte auf mich zu, blieb kurz vor mir stehen und zeigte mit dem Finger auf mich.
»Ich ficke dich! Ich ficke dich und dein Scheiß-Berlin!«
»Ja, okay«, meinte ich. »Kein Problem, aber was habe ich damit zu tun?«
»Du bist ein Drecks-Berliner. Das reicht!«, antwortete er.
Hm, das war eine klare Ansage. Es kamen immer mehr seiner Kumpels dazu. Die Situation sah nicht wirklich gut für mich aus.
Dann kam Nyze aus dem Subways und musste sich erst mal durch die Menschenmasse wühlen, die sich mittlerweile angesammelt hatte, bevor er schließlich neben mir stand.
»Was ist denn hier los?«, fragte er, ohne eine Miene zu verziehen.
»Die Jungs hier wollen mich ficken. Sie mögen keine Berliner.«
»Hm, na dann«, antwortete er und musterte die Runde. Dann drehte er sich zu mir und flüsterte mir ins Ohr:
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