Bushido
der Show relativ zeitnah zum tatsächlichen Sendetermin beginnen, doch dass die Aufzeichnung schon zwei Stunden vorher losgehen sollte, hatte ich total verdrängt. Wir stiegen gerade in unsere Autos, als ich eine SMS von Heiner bekam: »In fünf Minuten beginnt die Übertragung.«
Fuck. Schon?
»Ari, drück auf die Tube!«
Als wir am roten Teppich ankamen, konnte ich mich zum Glück recht schnell an den ganzen Fotografen und der kreischenden Meute vorbeischleichen und war nun auf der Suche nach unseren Plätzen. Ein Security zeigte uns zielsicher den falschen Weg, sodass wir plötzlich direkt hinter der Bühne standen, dort, wo die Laudatoren auf ihren Auftritt warteten. Na super, jetzt hieß es, den ganzen Weg wieder zurück. Die erste Kategorie wurde bereits angesagt und wir saßen noch immer nicht auf unseren Plätzen. Langsam wurde Willy, der Vizechef von SONY BMG sichtlich nervös, denn er hatte sich persönlich dafür eingesetzt, dass ich 17 Tickets für die Show bekam. Normalerweise bekommt ein Künstler vielleicht drei. Wenn er Glück hat. Wie auch immer, das muss schon lustig ausgesehen haben im Fernsehen. Als die Show begann, war in der dritten und vierten Reihe, also dort, wo die Kamera immer draufhält, einfach mal gähnende Leere. Hehe.
Endlich hatten wir den richtigen Eingang gefunden. Ich rannte die Treppenstufen hoch, die Jungs hinter mir her. Ich dachte, wir kämen irgendwo an einem Seiteneingang raus, doch auf einmal standen wir mitten im Saal und alle schauten uns an. Das war schon ein bisschen witzig. Als später Herbert Grönemeyer seine Dankesrede hielt und sich für all seine schlechten Eigenschaften entschuldigte, wie beispielsweise seine chronische Unpünktlichkeit, da dachte ich mir: Mann, Alter. Ich kenne auf jeden Fall einen Typen hier in der Halle, der noch unpünktlicher ist als du!
Ich schaute mich kurz um, begrüßte ein paar bekannte Gesichter und spürte sofort, dass es ein lustiger Abend werden würde. Ein paar Plätze neben mir saß Mark Medlock, der, als er die Kategorie Bester nationaler Newcomer gewann, an uns vorbei musste. Okay. Da stand er nun etwas hilflos neben uns und wusste nicht weiter. Wir bewegten uns keinen Zentimeter. Sein Gesicht sprach Bände. Wir waren dann aber nicht so und hatten Erbarmen. Ganz gemächlich bewegten wir uns in die Aufrechte und er sauste vorbei auf die Bühne. Doch der Brüller sollte erst noch kommen. Als Mark Medlock stolz seinen ECHO in der Hand hielt, sagte er, dass er sich dafür auch den Arsch aufgerissen hätte. Sofort fing unser kompletter Block laut zu grölen an.
»Das glaub ich dir aufs Wort«, rief einer von uns. Ein leichtes Raunen ging durch den Saal. Richtig prekär an der Angelegenheit war, dass Klaus Wowereit, unser verehrter Herr Bürgermeister, genau zwei Reihen vor uns saß. Arafat und ich machten uns die ganze Zeit lautstark über Mark Medlock lustig, ließen ständig irgendwelche Sprüche vom Stapel und Wowereit saß mit seinem schwulen Freund direkt vor uns und musste unseren Blödsinn ertragen. Aber ganz ehrlich: Wenn es einen Schwulen gibt, der darüber lachen kann, dann unser Wowi.
Dann war es soweit. Die erste Kategorie, in der ich nominiert war, wurde aufgerufen: Bester Hip-Hop-Act national. Das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber dass ich diesen ECHO gewinnen würde, war mir ohnehin klar. Es geht dabei um die reinen Verkaufszahlen, und da ich die Abverkäufe meiner Konkurrenz kannte, machte ich mir keine Sorgen. Ich hatte ja wirklich mehr verkauft als alle anderen zusammen. Von Aggro Berlin waren auch Sido und B-Tight nominiert, doch sie zogen es vor, der Veranstaltung fernzubleiben. Ich sag mal so, sie hatten dafür wohl ihre Gründe.
Ich musste plötzlich an die Verleihung der MTV Europe Music Awards im Herbst 2007 in München denken. Neben Juli, den Beatsteaks und den Sportfreunden Stiller waren auch Sido und ich in der Kategorie Best German Act nominiert worden. Schon damals machte Sido einen ziemlich peinlichen Rückzieher. Das Lustige daran war, dass er auf einer von MTV organisierten Party hätte auftreten sollen und bereits groß auf Plakaten angekündigt war. Nachdem ich in einer TRL-Sendung gesagt hatte, dass ich dort auch mal vorbeischauen würde, hatte Sido kurze Zeit später wieder abgesagt – mit der Begründung, er hätte Bedenken um seine Sicherheit. Wie bitte? MTV war anscheinend so sauer auf ihn, dass sie mich fragten, ob ich nicht Lust hätte, für ihn einzuspringen. Sie machten mir
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