Bußestunde
sagte Kerstin Holm.
Arto Söderstedt betrachtete sie von der Seite. Kein anderer hatte sie gehört, aber Arto nickte und sagte: »O verdammt.«
Mehr nicht. Das war ein Thema für die Zukunft.
Dies war die Gegenwart.
Der Wagen schoss geradezu über Essingeleden und presste sich wie ein Kolben durch den Fredhällstunnel. An der Ausfahrt nach Hornsberg stand tatsächlich ein wild blinkender Streifenwagen. Gunnar Nyberg glitt neben ihn.
»Da siehst du es«, bemerkte Arto. »Ging auch ohne Blaulicht.«
»Teufel, seid ihr gefahren, Jungs«, sagte Gunnar Nyberg, während er heraussprang und die vier handfesten uniformierten Polizisten betrachtete, die ihnen den mit Handschellen gefesselten Joakim Bergsten übergaben und ohne ein Wort wieder davonfuhren.
Nyberg verstaute den Mann schnell auf der vorderen Rückbank zwischen Jorge Chavez und Arto Söderstedt. Ganz hinten saßen Lena Lindberg, Jon Anderson und Sara Svenhagen.
»Wo liegt die Lagerhalle?«, fragte Kerstin Holm ohne Umschweife.
»Was haben Sie vor?«, sagte Bergsten erschrocken. »Was ist los? Warum trage ich Handschellen wie in einer dämlichen Fernsehserie aus den Siebzigern?«
»Weil wir Sie als gefährlich und fluchtbereit eingestuft haben.«
»Hören Sie schon auf.«
»Wir werfen Sie ohne Bedenken bei vollem Tempo aus dem Wagen«, sagte Jorge ungerührt, »wenn Sie jetzt nicht sagen, wo die Halle ist.«
»Und das Tempo ist ziemlich hoch, wie Sie feststellen können«, fügte Kerstin Holm hinzu.
»Gespräche mit dem Fahrer während der Fahrt sind verboten«, sagte Gunnar.
»Aber ich weiß es nicht mehr«, schnaufte Bergsten. »Ich habe einen großen Teil meines Lebens versucht, es zu vergessen.«
»Wir sind schon an Haga Norra vorbei«, sagte Kerstin Holm. »Machen Sie die Augen zu, ignorieren Sie, dass wir hier sind, und denken Sie nach. Sie müssen sich erinnern.«
Es wurde tatsächlich ganz still im Bus, der mit imponierender Geschwindigkeit nach Norden raste.
»Ich habe vom Väsby-Zentrum aus einen Bus genommen«, sagte Jocke Bergsten schließlich. »Es war draußen in einem der Industriegebiete.«
Sara Svenhagen hatte die Taxikarte aufgeschlagen und las vor: »Breddens-Industriegebiet? Njursta-Industriegebiet? Rosendals-Industriegebiet?«
Joakim Bergsten sah über die Schulter zu Sara und schien verwirrt zu sein. »Ich war nicht oft in den Industriegebieten.«
»Gerade deshalb«, sagte Sara. »Dies war einmalig. Es war etwas Besonderes. Deshalb erinnern Sie sich auch. Sie erinnern sich sogar an die Busnummer, wenn Sie nachdenken. Ich bin sicher.«
»Ich kenne alle diese Namen nicht«, sagte Bergsten und wirkte echt verzweifelt. »Das ist dreizehn Jahre her oder so.«
»Ich frage mich, ob Bredden nicht später gebaut wurde«, sagte Arto Söderstedt. »Was ist mit Njursta? Das gibt es wohl schon recht lange?«
»Njursta …«, wiederholte Bergsten.
»Älvsundavägen, Jupitervägen, Saturnusvägen«, las Sara Svenhagen von hinten vor, praktisch vom Kofferraum des Minibusses aus.
»Ich glaube, es könnte Njursta gewesen sein«, sagte Bergsten. »Ich erinnere mich an ein altes Schild. Skånska Zementgießerei? Oder etwas in der Art …«
»Bus 535 oder 579?«, fragte Sara, den Blick tief über der Karte.
»Ich weiß nicht. Es klingt bekannt. Vielleicht.«
Gunnar Nyberg war praktisch schon durch Sollentuna hindurchgefahren. Im Dunkeln gab es keine richtigen Anhaltspunkte, um die Geschwindigkeit zu beurteilen. Gott sei Dank.
Sie bogen im Kreisverkehr über der Autobahn ab und wurden von Sara, dank ihrer tadellosen Fähigkeit, Karten zu lesen, zum Jupitervägen in Upplands-Väsby gelotst, der in südliche Richtung zu dem kleinen Ortsteil Njursta führte. Nach einer Weile offenbarte sich zu ihrer Linken unverkennbar – ein Industriegebiet.
Nyberg bremste ab. Nun kroch der Minibus durch Väsby.
»Es ist dunkel«, sagte Joakim Bergsten.
»Aber es ist ziemlich gut beleuchtet«, sagte Kerstin Holm. »Versuchen Sie es jetzt.«
»Ich weiß es nicht …«
Der Minibus glitt langsam durch das Industriegebiet. Alle Blicke im Wagen – Gunnar Nybergs möglicherweise ausgenommen – waren auf Joakim Bergsten gerichtet.
Von seinem Erinnerungsvermögen hingen vier Leben ab.
Vier Menschenleben.
»Ich weiß es wirklich nicht«, seufzte er.
»Sie werden sich an irgendetwas erinnern«, sagte Kerstin Holm. »Ganz ruhig.«
Der Toyota Picnic kroch weiter. Das Industriegebiet erstreckte sich noch ein Stück weit, aber als Kerstin nach vorn
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