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Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Personennummern seiner Kunden auswendig kennt, nicht zu fragen braucht, wieso er so sicher sein kann?«
    »Da vermuten Sie richtig.«
    »Und zu dem Räuber ist Ihnen nichts mehr eingefallen?«
    »Nur, dass er Junkie war.«
    »Und dass er gewalttätig war.«
    »Ich ertrage keine Gewalt.«
    »Wenn man bedenkt, dass Sie geplant hatten, Ihre Familie auf den Junkie anzusetzen, ist das eine ziemlich überraschende Aussage.«
    »Mir wird schlecht, und ich erstarre. Das ist wahr.«
    »Und die Familie?«
    »Das war ihre Vermutung«, sagte Chamoun und zeigte auf Lena. »Und die ist falsch.«
    »Sie haben es doch zugegeben«, sagte Lena Lindberg. »Sie haben ausdrücklich gesagt: ›Wenn man in diesem Land Gerechtigkeit will, muss man sie in die eigene Hand nehmen.‹«
    »Das war rein theoretisch gesprochen«, sagte Naoum Chamoun mürrisch.
    »Warum filmen Sie denn dann Ihre Kunden?«, fragte Lena.
    »Weil so oft Filme geklaut werden. Es heißt, die Leute in Östermalm wären am schlimmsten, und da kann ich nur zustimmen. Sobald sie eine Sache in der Hand halten, gehört sie ihnen.«
    Sara und Lena sahen sich an. Es war an und für sich immer interessant, umgekehrte Vorurteile zu sehen, aber mit Naoum Chamoun würden sie im Augenblick so nicht weiterkommen. Gesprächspartner, die sich in die Bredouille gebracht hatten, waren nie ein erfreulicher Anblick.
    Also setzten sie sich in einen Dienstwagen und fuhren aus der Garage des Präsidiums auf die Bergsgatan hinaus, wo sie plötzlich von der strahlenden Spätsommersonne geblendet wurden. Als Lena Lindberg die Sonnenblende herunterklappte, touchierte sie mit der vorderen Stoßstange das Gittertor. Nachdem sie das metallische Kratzen gehört hatte, nahm sie den Blick des Wachmanns in seinem Kabuff wahr, und der Blick sagte ganz einfach: Weiber am Steuer. Sara Svenhagen beobachtete den Vorgang, belustigt und beunruhigt zugleich. Es hatte Zeiten in Lena Lindbergs Leben gegeben, da wäre sie, ohne zu zögern, aus dem Wagen gesprungen, zu dem Schalterhäuschen des Wachmanns hinübergestürzt und ihm an die Gurgel gegangen. Spuren dieser Haltung waren noch immer da, das sah Sara, aber jetzt hatte sie nur noch eine Falte zwischen den Augenbrauen zur Folge, wenn auch eine sehr steile.
    Wie fixiert wir auf Falten sind, wenn wir älter werden, dachte Sara. Aber sie sagte: »Warum hat er sie gefilmt?«
    Lena Lindberg gab an der Steigung der Bergsgatan unnötig viel Gas und ließ den Wagen um die Kurve in die Polhemsgatan schleudern, anstatt einzubiegen.
    »Ich weiß«, sagte sie finster. »Es passt nicht zusammen.«
    Sie schwiegen eine Weile. Erst als sie den nördlichen Rand von Vasastan erreichten, fragte Sara: »Warum ist Lisa Jakobsson nicht erschienen?«
    Lena schnitt eine Grimasse und sagte: »Auch eine gute Frage.«
    Danach schwiegen sie wieder, bis Stockholm in Solna überging, und kurz darauf standen sie in einem Krankenhausflur im Karolinska einer Krankenschwester gegenüber, die sie streng musterte.
    »Sofie Ehrenswärd darf jetzt nicht gestört werden«, sagte sie barsch, die Hände in die Seiten gestemmt.
    »Und wie sieht es mit Suzanne Ehrenkrona aus?«, fragte Lena unschuldig.
    Die Wange der Schwester zuckte ein wenig, aber sie blieb hart: »Sie hat eine schwere Gehirnerschütterung; erst vor ein paar Stunden hat der Neurologe festgestellt, dass keine Anzeichen für eine Gehirnschädigung vorliegen. Außerdem schläft sie.«
    »Aber sie ist nicht betäubt?«
    »Sie erhält starke schmerzlindernde Medikamente, und das ist beinahe dasselbe.«
    »Wir müssen aber mit ihr sprechen«, sagte Lena Lindberg mit etwas mehr Nachdruck.
    Die Krankenschwester seufzte tief, und mit einem Kopfschütteln öffnete sie ihnen die Tür zu einem Krankenzimmer, in dem vier durch Paravents voneinander getrennte Betten standen. Dann verschwand sie.
    In allen vier Betten lagen Frauen, die völlig weggetreten zu sein schienen, und während sie nach Suzanne Ehrenkrona suchten, sagte Lena leise: »Kannst du mir ihr Verhalten erklären? Was will sie damit bewirken?«
    »Das ist ziemlich menschlich«, sagte Sara und drehte vorsichtig das Namensband am Handgelenk der Frau, die links der Tür am nächsten lag. Es war der falsche Name.
    »Ich finde es eher unmenschlich«, sagte Lena und untersuchte den Arm der Frau am Fenster.
    Die Patientin schlug die Augen auf und starrte sie ein paar Sekunden lang mit leerem Blick an, ehe ihre Augenlider wieder herabfielen. Auch sie war nicht Suzanne Ehrenkrona.
    »Man

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