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Bußestunde

Bußestunde

Titel: Bußestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Sie aufs Gymnasium gehen. Wenn Sie eine Beziehung mit einem richtig gewohnheitsmäßigen Narkomanen gehabt hätten – denn um den handelt es sich hier augenscheinlich –, müssten Sie irgendwo in den Polizeiakten auftauchen. Das ist nicht der Fall. Nehmen Sie selbst Drogen?«
    »Nie«, entfuhr es Suzanne Ehrenkrona.
    »Jugendverliebtheit? Sie waren fünfzehn, er vielleicht achtzehn, ein supercooler, imponierender Stureplan-Typ mit Kokaingewohnheiten, wie man sie mit achtzehn nicht haben sollte. Sie haben sich wahnsinnig in ihn verliebt, aber Ihre Liebe reichte nicht aus, um ihn am Absturz zu hindern. Stattdessen fangen Sie an, sich zu hassen. Seine wirkliche Liebe ist das Rauschgift. Es ist nicht das erste Mal, dass Ihnen das aufgeht, und es ist nicht das erste Mal, dass Sie es der Polizei verschweigen.«
    »Aber das passt doch alles nicht«, sagte Sara plötzlich.
    Lena warf ihr einen mindestens ebenso grantigen Blick zu, wie sie ihn sich selbst vorher zugezogen hatte.
    Suzanne Ehrenkrona betrachtete die beiden mit großen Augen.
    »So verliebt man sich nicht mit fünfzehn«, fuhr Sara fort. »Oder anders: Natürlich tut man das. Man ist verliebt bis über beide Ohren, nie wieder im Leben erfüllt einen die Liebe dermaßen und bestimmt alles, was man tut. Aber es geht ebenso schnell vorüber. Und vor allem am Stureplan, wo die Jungs die Tendenz haben, einander sehr ähnlich zu sein. Wenn einer in die Drogen abdriftet, gibt es an der nächsten Ecke schon wieder einen neuen.«
    »Aha«, sagte Lena und versuchte ihre Verblüffung zu maskieren. »Die langfristigen Gefühle sind also eher für andere Formen von Beziehungen reserviert.«
    Sara nickte und fuhr fort: »Ich frage mich, ob es in jüngerer Zeit ein Mitglied des Adelsgeschlechts Ehrenkrona ins Strafregister geschafft hat. Wir haben jedenfalls niemanden gefunden.«
    »Also hat das Bruderherz den Namen gewechselt«, nickte Lena mit einem dankbaren Blick zu Sara hinüber. »Danke für den Tipp.«
    »Das ist doch Unsinn, was Sie da reden«, sagte Suzanne Ehrenkrona ungehalten.
    »Wir finden ihn«, entgegnete Sara Svenhagen ruhig. »Wahrscheinlich begann es mit einem richtigen Aufruhr. Vermutlich einer Form von Realitätsschock, der ihn einsehen ließ, wie künstlich die Welt der Oberklasse ist, und adlig wollte er verdammt noch mal nicht mehr sein. Er nennt sich vielleicht Persson und hat sich den Syndikalisten angeschlossen. Er will revoltieren. Leider ist die revolutionäre Glut im Schweden unserer Tage nicht so richtig heiß. Er gerät in Kreise, die sich im Großen und Ganzen mit dem Gleichen beschäftigen wie die Typen vom Stureplan. Sie konsumieren Drogen.«
    »Anfangs raucht er nur ein wenig«, sagte Lena. »Aber er ist empfänglich und landet über Marihuana und Haschisch ziemlich schnell bei Heroin. Er ist verloren, und Schwesterchen steht dem Ganzen ohnmächtig gegenüber.«
    »So wurde aus dem künftigen Konzernchef Benjamin Ehrenkrona der Junkie und Kriminelle Benny Persson.«
    »So leicht kann es gehen, Suzanne. Nichts ist allgemeingültig und vorherbestimmt.«
    Sie hielten inne und betrachteten die junge Frau. Suzanne Ehrenkrona schloss langsam die Augen und schwieg. In einem Augenwinkel wurde eine kleine Träne sichtbar.
    »Wir finden ihn, das ist Ihnen klar. Aber dazu müssen wir noch ein paarmal zurückkommen und dieses Gespräch wiederholen«, hakte Sara wieder ein.
    Suzanne Ehrenkrona blieb stumm. Der Tropfen im Augenwinkel glitt langsam ihre Wange hinunter auf das Kissen.
    »Dann müssen wir ordentlich in der Vergangenheit der Familie Ehrenkrona graben«, sagte Lena.
    Ein weiterer Tropfen hatte sich gelöst und rann dem ersten hinterher.
    »Er heißt Andreas«, sagte Suzanne. »Andreas Bergström. Und er schloss sich den Veganern an. Diesen Idioten.«
    »Danke«, sagte Sara und legte ihr die Hand auf den Arm.
    »Wissen Sie, wo er sich aufhält?«, fragte Lena, die sich ein bisschen außen vor fühlte.
    »Nein«, sagte Suzanne und begann nun ernstlich zu weinen. »Ich dachte nicht, dass er mich richtig schlagen würde. Das hat er noch nie getan. Er konnte keiner Fliege etwas zuleide tun.«
    »Und Sie kennen seinen Unterschlupf nicht?«
    »Ich halte mich so fern von alldem, wie ich kann. Ich hasse ihn.«
    »Und Sie lieben ihn?«
    »Ja. Verfluchter Andreas. Verdammt.«
    Auf dem Rückweg ins Präsidium schwiegen sie, bis Lena Lindberg kurz vor der St. Eriksbro plötzlich an den Bordstein fuhr und abrupt anhielt. Die Autos hinter ihnen hupten

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