Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Pflanzen.
Einen Moment lang hatte Elias die schreckliche Vision einer Familie, die sich in furchtbarer Einigkeit ihrer schwierigen Familienmitglieder entledigte, um endlich das Leben genießen zu können.
Boris zupfte ihn am Ärmel. »Kommen Steffi und Mama denn wieder?«
Nein, schalt Elias sich: So etwas Entsetzliches hatte es nicht einmal in Hannover gegeben. »Wir wissen nicht, wo sie sind.«
»Ich glaube, dass sie wiederkommen. Gitta glaubt das auch«, sagte Boris und holte sich den Trecker mit den Robotern heran. Er schob Elias vertraulich einen der Plastikkämpfer zu. Elias nahm die Figur verlegen auf. Wollte Boris ihn erneut zu einem Mitglied seiner Gruppe machen? Oberbegriff: Freunde? Hatte diese Gruppenbildung vielleicht sogar schon stattgefunden? Er fühlte sich unbehaglich. Da lief etwas schief. Polizei und Verdächtige machten sich nicht gemein.
»Du bist der rote Rächer«, sagte Boris.
»Tut mir leid, geht jetzt leider nicht.« Mit einer überhasteten Verabschiedung machte Elias sich davon.
Er wollte nach Hause. Er brauchte Olly, um sich von ihr überzeugen zu lassen, dass er mit seinem Argwohn falschlag. Sie hatte den Durchblick, einen analytischen Verstand, die nötige Objektivität, einen wunderbaren Hintern … Sie würde ihm klarmachen, dass er sich verrannt hatte. Jemand wie die Coordes-Familie verbündete sich nicht gegen ihre schwachen Mitglieder. Schon gar nicht unter Zuhilfenahme von Mord.
Als ein weiteres Taxi ihn abends heim zu Olly fuhr, musste er feststellen, dass seine Wirtin ihn rausgeschmissen hatte. Denn was sonst konnte es bedeuten, wenn seine Reisetasche vor der Haustür stand und ein Zettel darauf lag, mit dem Hinweis: Mir langt’s!
Versuchsweise probierte er seinen Hausschlüssel aus, aber Olly hatte von innen den Schlüssel ins Schloss gesteckt. Er erwog, Steinchen an die Scheibe ihres Schlafzimmers zu werfen, hatte aber Angst, das Glas zu zerbrechen. Oder dass sie zurückwerfen könnte. Ein Blick auf das Rankgitter, an dem er letztens hinabgeklettert war, ließ ihn schaudern.
Es war kein guter Tag, wirklich nicht. Er trug die Reisetasche zu seinem Auto.
Im K 1 machte sich der Glaube breit, dass Bärbel Coordes mit ihrem Verschwinden so etwas wie ein Schuldeingeständnis abgelegt habe. »Weil man bei diesen Bekloppten doch nie weiß«, erklärte Ulf, also nicht aus Grundsatz, da hatte er keine Vorurteile, aber so allgemein. Nach dem Empfinden und der Erfahrung.
Hedda meinte, dass er ein Arschloch sei, und wenn nicht gerade Harm hereingekommen wäre, um die Teamsitzung zu eröffnen, wäre Ulf wohl rausgestürmt. Aber so blieb er und beharrte auf seiner Idee, und nach und nach kam man zu dem Schluss, dass sie so ganz unausgegoren doch nicht war. Man konnte sich das ja vorstellen: Bärbel hatte ihr Kind aus unergründlichen Motiven umgebracht und nun voller Schuldgefühle das Weite gesucht oder sich, der Himmel möge es verhüten, etwas angetan, in ihrem schönsten Sommerkleid und den geliehenen orangefarbenen Pumps.
»Und was ist mit dem buckligen Männlein?«, wandte Elias ein.
»Du gehst mir auf den Geist«, fauchte Hedda, die sauer war, weil das Arschloch bei den anderen mit seiner Meinung durchgekommen war.
»Wir lassen dieses Männlein erst mal außen vor, weil wir da keinen Ansatzpunkt haben, solange Bärbel nicht wiederaufgetaucht ist«, erklärte Harm, was Elias für einen Fehler hielt, aber das behielt er lieber für sich. Die Atmosphäre war aufgeladen, wie so oft, wenn die Ermittler auf der Stelle traten.
Harm ging zum Whiteboard, und sie erarbeiteten eine To-do-Liste:
a) Sörens Biogasanlage in der Nähe von Wiefelstede untersuchen, um auszuschließen, dass dort die arme Steffi vermoderte. (Das glaubten sie zwar nicht, aber der Pressesprecher hatte es für eine gute Idee gehalten, weil es zeigte, wie aktiv die Behörden waren, und die Kosten liefen ja eh schon aus dem Ruder.)
b) Weitere Neermoorer Seen absuchen. (Gleicher Grund, und die Polizeitaucher machten das auch gern jetzt im Frühling und waren andernorts gerade nicht gefragt.)
c) Öffentlichkeit mittels Medien (Zeitung/Radio/Internetauftritt der PI ) an der Suche nach Bärbel und Steffi beteiligen.
»Steffis Vater«, warf Elias rasch ein, ehe der Punkt untergehen konnte.
»Soll der dein buckliges Männlein sein?«, fragte Ulf ironisch. »Manchmal hab ich den Eindruck, ich arbeite mit den Gebrüdern Grimm zusammen.«
Sven hob den Kopf und setzte ein breites Grinsen auf. Ȇbrigens, kennt
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