Butter bei die Fische: Ein Ostfriesen-Krimi (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Olly, die er noch vor Harm aufsuchte, obwohl das nicht kollegial war, aber er freute sich eben so. Blumen brachte er ihr auch mit.
Olly saß in ihrem Auricher Büro. Durch die beiden offenen Fenster drang der Lärm des Feierabendverkehrs. Brütend stand sie davor und stellte sich die Fragen, die sie alle beschäftigten: Wer hat was getan? Und warum? Und überhaupt.
»Biofutter«, sagte Elias, nachdem er die Tür geschlossen hatte. »Und der Kerl, der das Zeug vertickt hat, heißt Hartmut.«
Olly drehte sich zu ihm um und fixierte ihn. »Ich komm da jetzt nur ansatzweise mit. Reden wir von Drogen, oder was?«
Also begann er zu erzählen. Dass er bei den Klaasens gewesen war und von Gerda erfahren hatte, dass Steffis Vater ein Biofuttermittellieferant sei. Und dass Bärbels Patentante, Frau Sommer, gesagt hatte, dass Steffis Vater Hartmut heiße. Und der Galgenvogel, mit dem Gitta zu Ostern rumgeschwirrt war, trug den Namen Hartmut Galgenvogel und verdiente seinen Lebensunterhalt mit Biofuttermitteln. »Peng!«
Olly setzte sich an ihren Schreibtisch und runzelte die Stirn. Sie begann Figuren auf einen Block zu kritzeln. Es herrschte Schweigen im Raum. Ihr nettes Pferdegesicht zeigte keinerlei Regung. Staatsanwältische Abneigung gegen zu viel Euphorie, bevor die Sache sicher war. Völlig verständlich. Schließlich sagte sie: »Elias, vielleicht hast du doch diesen bescheuerten Profilerinstinkt, von dem sie immer reden.« In ihr Gesicht trat ein Leuchten. Dann machten sie sich gemeinsam auf den Weg zur PI .
Die Blumen drückte sie einer Dame in die Hände, die im Flur auf einem Uraltgerät Kopien zog.
»Und wie sollen wir das nun konkret einordnen?«, fragte Harm, als sie eine halbe Stunde später in seinem Büro saßen.
Olly brachte seine skeptische Miene in Wallung. »Gitta Coordes macht mit dem Kerl rum, der früher mit ihrer Schwester Bärbel zusammen war und sie geschwängert hat und der der Vater von Steffi ist. Mann, tu doch nicht so, als wäre das egal«, fauchte sie ihn an. »Die Täter sind bei solchen Verbrechen fast immer in der Familie zu finden. Darüber gibt’s Statistiken. Schon gar, wenn zwei Familienmitglieder nacheinander Opfer werden.«
»Trotzdem reden wir erst mal nur über Gerüchte.«
»Dann machen wir eben ’nen DNA -Abgleich.«
»Und wenn wir den haben, und der Galgenvogel ist wirklich der Vater von Steffi … Habt ihr irgendeine Erklärung, wie sich alles abgespielt haben könnte? Schiet ok – ich krieg Kopfschmerzen davon. Warum führen die Leute kein geordnetes Leben?«, stöhnte er.
»Man kann sich das ja so denken«, schlug Elias vor. »Gitta Coordes lernt über das Internetforum den Galgenvogel kennen. Sie verliebt sich Hals über Kopf in ihn, wegen einer ähnlichen Leidenschaft in Sachen Bio und so. Sie fährt zu ihm – und stellt fest, dass Hartmut Galgenvogel identisch mit dem Kerl ist, der früher um ihre Schwester rumgeschwirrt ist.«
»Warum sieht sie das nicht schon vorher auf einem der Fotos, die diese Leute immer in die Foren setzen?«, wollte Harm wissen.
»Weil Menschen sich auf Fotos nicht ähneln. Und bei Partnerschaftsbörsen sieht ja ohnehin jeder aus wie der Klon von George Clooney.«
»Sie fährt also zu ihm«, spann Olly den Faden weiter, »und dann erkennt sie ihn …«
»Und bringt den Mistkerl um? Falsche Leiche, Olly«, kommentierte Harm ironisch.
Da saßen sie wieder fest. Wenn doch nur der Galgenvogel tot wäre und Steffi munter in ihrem Rollstuhl auf dem coordesschen Hof rumdüsen würde, dachte Elias. Ihm fiel auf, wie parteiisch er war, und zwar immer in Richtung der coordesschen Familie. Da musste er sich hüten. Denn Olly hatte natürlich recht: Nach der Statistik würde der Täter – wobei sie noch immer nicht wussten, welches Verbrechen überhaupt begangen worden war – aus dem Kreis der Familie stammen.
»Gitta bringt den Galgenvogel also nicht um, aber sie ist wütend und …« Olly kam auch nicht weiter.
»… und sie fährt nach Neermoor zurück, heimlich und mitten in der Nacht, nach dem Besuch im Eisen «, sagte Elias. »Sie will mit ihrer Schwester sprechen, Bärbel schläft aber, und da geht sie in Steffis Zimmer …«
»… und schafft sie fort, weil sie es einfach nicht erträgt, das Gesicht des Galgenvogels, der sie so bitter enttäuscht hat, täglich in Steffis Zügen wiederzuerkennen. Hat vielleicht jemand eine noch idiotischere Idee?«, fragte Harm spöttisch.
Nee, hatten sie nicht. Aber auf den DNA -Abgleich bestand
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