Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
muss und b) mit mir in Stuttgart bummeln gehen kann. Um sie ein bisschen aufzumuntern, verspreche ich, mit ihr in Konstanz einen ausgiebigen Einkaufsbummel zu machen, wenn die Mathearbeit gut gelaufen ist.
Am nächsten Morgen stehe ich mit Nini auf, fahre sie zur Schule und düse dann gleich auf die Autobahn. Als ich nach anderthalb Stunden in die City hineinfahre, kommt sogar die Sonne raus, und ich finde sofort einen Parkplatz in einem Parkhaus direkt an der Königsstraße. Wenn das heute nicht mein Glückstag ist. Die ganze Fahrt über habe ich mir überlegt, was ich zu diesem Rechtsanwalt sagen soll, aber jetzt, als ich in der Stadt bin, verlässt mich der Mut. Was will ich überhaupt hier? So eine verrückte Idee. Andererseits, ich arbeite schließlich für Herrn Aschenbrenner. Er soll das Haus für die Erbengemeinschaft verkaufen. Und Herr Aschenbrenner ist im Moment verreist, richtig? Und ich bin so was wie seine Stellvertreterin, das hat er schließlich selbst gesagt. Also könnte es ja sein, dass ich ein paar weitere Informationen einholen muss. Ich atme tief durch und gehe erst mal zu Starbucks einen Kaffee trinken. Ich liebe den Vanilla Latte, dazu einen leckeren Schokomuffin. Von meinem gemütlichen Sessel am Fenster kann ich nicht nur das bunte Treiben in der Fußgängerzone beobachten, sondern auch hin und wieder einen Blick auf die chromglänzende Kaffeemaschine werfen und die verschiedenen Kaffee-Angebote studieren, die auf einer großen Tafel über der Theke stehen. Jetzt, im Frühling und Sommer, gibt es auch Caramell Frappuccino oder Strawberries & Cream Frappuccino. So leckere Sachen würde ich auch gerne zubereiten und in der ›Butterblume‹ anbieten. Dazu die klassischen Kaffeesorten. Dabei fällt mir der eigentliche Grund meines Stuttgart-Besuchs wieder ein und mein Herz klopft heftig. In der Calwer Straße soll die Kanzlei dieses Rechtsanwalts Keller sein, ganz in der Nähe der Königstraße. Also noch ein letzter Schluck von dem leckeren Vanilla Latte und los geht’s. Auf dem Weg dorthin schaue ich in die Schaufenster der hübschen kleinen Geschäfte, eines betrete ich sogar und kaufe ein süßes Top für Nini in hellblau und einen bunt gemusterten Schal in Aquatönen dazu. Nun kann ich es nicht länger hinauszögern und suche die Kanzlei. Es ist ein altes Haus, in dem sich der bewusste Anwalt, mehrere Ärzte und eine Krankengymnastikpraxis befinden. Getreu meinem Vorsatz, so oft es geht, zu Fuß zu gehen und nur im Notfall den Aufzug zu nehmen, laufe ich die vielen Treppen hoch, bis ich das Schild an der Tür entdecke. War ja klar, dass es ganz oben ist. Ich keuche wie eine alte Dampflok. Wahrscheinlich sollte ich einfach mehr Sport treiben, dann ginge es mir jetzt nicht so schlecht. Ich klingle kurz, und mir wird sofort aufgemacht. Wirkt das Haus von außen sehr in die Jahre gekommen, ist das Büro supermodern und ziemlich neu eingerichtet. Am Empfang sitzt eine von diesen todschicken, jungen Großstadt-Sekretärinnen in einem eleganten schwarzen Kostüm und lächelt mich freundlich an.
»Schönen guten Tag, was darf ich für Sie tun?«, fragt sie, und ich komme mir in meinem alten Trenchcoat mal wieder echt bieder und provinziell vor.
»Äh, schönen guten Tag, ich möchte zu Herrn Rechtsanwalt Keller«, sage ich ebenso lächelnd.
Sie wirft einen Blick auf ihren Computer, warum auch immer, und fragt dann: »In welcher Angelegenheit? Haben Sie einen Termin?«
Ich habe das Gefühl, einen Hustenanfall zu bekommen, und räuspere mich intensiv.
»Ähm, nein, einen Termin habe ich leider nicht. Aber ich war gerade in Stuttgart und da dachte ich, ich schau schnell mal rein.« Als ob ich jede Woche ›mal eben so bei einem Anwalt hereinschauen‹ würde.
»Ich komme von der Firma Immobilien Aschenbrenner am Bodensee und hätte noch ein paar Fragen zu einem Objekt, das wir verkaufen sollen. In der Seestraße in Überlingen-Nußdorf.«
Sie mustert mich noch mal und sagt dann bedauernd: »Ach so. Ja, das tut mir leid. Aber Herr Keller ist, wie ich schon sagte, nicht im Büro. Soviel ich weiß, hält er sich am Wochenende sogar am Bodensee auf. Vielleicht kommt er ja in Ihrem Büro vorbei.«
So eine Enttäuschung. Ich frage nach seiner Handynummer, die ich natürlich nicht bekomme. Die Sekretärin betrachtet mich ein wenig misstrauisch, und dann verabschieden wir uns genauso freundlich, wie wir uns begrüßt haben.
Auf der Straße hole ich ganz tief Luft. Mist, Mist, Mist. Aber was hatte
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