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Butterschmalz zum Fruehstueck

Butterschmalz zum Fruehstueck

Titel: Butterschmalz zum Fruehstueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Jursch
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Schrittchen, dabei eine Glocke läutend. Den Zebrastreifen überquert er so hurtig wie alle anderen auch, um dann auf der anderen Straßenseite bimmelnd in den Schleichgang zurückzufallen.
    Wir fahren wieder zurück und gehen in ein traditionelles Restaurant, in dem wir einen kulinarischen Querschnitt der japanischen Küche geboten bekommen. Da ist zunächst Sushi, kleine Klumpen gesäuerten Reises, der mit rohem Fisch belegt ist. Sashimi : roher Fisch, aber ohne Reis. Tempura : Frittiertes. Alles Mögliche. Gemüse, Schweinefleisch, Fisch. In einem kleinen Schälchen mischt man Sojasoße mit Wasabe , einer sehr scharfen Paste aus grünem Rettich. Darin tunkt man den rohen Fisch ein, der erstaunlich gut schmeckt. Mir haben es vor allen Dingen Lachs und Bonito angetan. Der Tintenfisch hingegen ist für mich ein Horror. Ich schaffe es kaum, ihn durchzubeißen. Die Oberseite verflüssigt sich in meinem Mund und wird total glibberig, so tapetenkleisterartig, und zurück bleibt eine dünne, äußerst zähe Haut, an der ich fast ersticke. Die Tentakel scheinen wieder zum Leben zu erwachen und fummeln einem im Mund herum. Da braucht man gleich größere Mengen des vorzüglichen japanischen Biers, zu dem wir unreife Sojabohnen bekommen, die man aus der Hülse zuzelt wie eine Weißwurst aus der Pelle. Es folgt der Nachtisch. Entweder Tofucreme , von der uns die Reiseleiterin abrät, oder Vanilleeis. In meiner Neugier nehme ich die Tofucreme und habe den Eindruck, die bessere Wahl getroffen zu haben. Nach dem Essen gemütlich sitzen zu bleiben ist nicht üblich. Kaum dass der letzte Bissen verschwunden ist, brechen wir geradezu hastig auf. Das macht man hier so. Zum geselligen Beisammensein begibt man sich in die Bar. Darauf verzichten wir. Es ist noch gar nicht so spät, aber wir fallen todmüde ins Bett.

3. November 2007

Ganz Tokio in den Bergen
    Heute gibt's zum Frühstück Fisch- statt Glasnudelsalat. Dann fahren wir in den Tempelbezirk nach Nikko , was „strahlende Sonne“ heißt. Die Reiseleiterin stimmt uns auf einen ewigen Stau ein, denn heute ist Samstag, und das Fernsehen hat berichtet, dass die Herbstfärbung begonnen hat, was dazu führt, dass sich fast alle Bewohner Tokios Richtung Land aufmachen. Wir stehen ewig auf der Autobahn, als wären wir am ersten Ferienwochenende auf der Strecke München-Salzburg unterwegs.
    Noch in der Stadt sehen wir Ordnungshüter mit blinkenden Westen, die Strafmandate für falsch parkende Fahrräder ausstellen. Fahrräder sind hier sehr beliebt und müssen registriert sein. Einfach irgendwo abstellen gilt hier nicht. Es muss ins Parkhaus. Gleiches gilt für die Autos. Ich wundere mich über die überwiegend großen und feinen Autos, hätte ich doch hier die bei uns so beliebten japanischen Stadtflöhe in rauen Mengen erwartet. Doch ein Auto kann sich nicht jedermann leisten. Man darf es sich erst anschaffen, wenn man einen Parkplatz dafür nachweisen kann, und auf der Straße parken ist nicht erlaubt. Man sieht immer wieder Einfahrten, wo ein Lastenaufzug mit einem Auto in den Keller rumpelt. Unter diesen Umständen ist das Auto ein Statussymbol und darf entsprechend teuer sein.
    Angesichts des Staus beschließt die Reiseleiterin, den Besuch des Kegon -Wasserfalls zu streichen, der ihrer Ansicht nach unattraktiv ist. Das glaube ich wiederum nicht und ich frage mich, warum wir diesen Ausflug aufs Land nicht am Vortag gemacht haben, als die Autobahnverstopfer von heute noch in ihren Büros saßen, während wir heute ein geringfügiger bevölkertes Tokio hätten genießen können. Irgendwann kommen wir tatsächlich in Nikko an. Es ist voll wie ein Fußballstadion beim Endspiel. Wir schieben uns an den Massen vorbei, panisch darauf achtend, den Anschluss zur Gruppe nicht zu verlieren.
    Die farbenfrohen Gebäude im Herbstlaub sehen sehr schön aus. Wir schieben uns von einer Tempelhalle zur nächsten. Schuhe ausziehen, durchgehen, Schuhe anziehen. Als Erstes ist die Rinnoiji -Halle mit ihrem Buddha und den zwei Kannons dran. Kannons sind Wesen auf dem Weg zur Erleuchtung, die freiwillig auf den letzten Schritt verzichtet haben, um ihrerseits Menschen auf den Weg zur Erleuchtung zu verhelfen. So eine Art Heilige also.
    Dann gehen wir durch ein üppigst mit Schnitzereien dekoriertes Tor, das Yomei-mon , weiter durch die Tempelanlage. In diesem Tor des Sonnenlichts ist extra ein Fehler eingebaut worden, um durch die Pracht nicht den Neid der Götter zu erwecken. Wir stehen nun vor einem

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