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Butterschmalz zum Fruehstueck

Butterschmalz zum Fruehstueck

Titel: Butterschmalz zum Fruehstueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Jursch
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sollen probieren, ob sie da durchpassen. Wer es schafft, würde auch in Buddhas Nasenloch passen. Die Glocke ist unglücklicherweise nur die zweitgrößte Glocke im Land, aber groß genug um die 108 Noppen deutlich zu zeigen, die für die 108 Bindungen des Menschen an die Erde stehen. Deswegen wird bei feierlichen Anlässen die Glocke 108 Mal angeschlagen, um diese Bindungen zu lösen. Vorher kann man nicht ins Nirwana, das buddhistische Paradies, das aus reiner Wunschlosigkeit und Ich-Auflösung besteht. Für mich hört sich das nicht übermäßig verheißungsvoll an. Wenn sich das Ich auflöst, hat man ja nichts vom Paradies. Ich vermisse die Komfortzone fürs Ich. Aber vielleicht sollte man als Toter schon für die Abwesenheit der Hölle dankbar sein. Auch hier treiben sich zahme Rehe herum und es gibt Haarreifen mit Plüschgeweihen zu kaufen sowie aufblasbare Hirsche zum Hinterherziehen und, wie an jedem Tempel, Talismane, Amulette und Glückstäfelchen für alle Wünsche bis hin zu den profansten Dingen.
    Weiterfahrt ins nahe gelegene Kyoto. Auch diese Stadt mit ihrer einförmigen Architektur bietet keine optischen Haken, an denen das Auge hängen bleibt. Hochstraßen wie in Tokio. Abends fahren wir mit dem Taxi ins Geishaviertel Gion , das Teil der Kyotoer Altstadt ist. Lauter kleine Holzhäuschen mit papierbespannten Schiebetüren, noch aus früheren Zeiten stammende Anbindeplätze für Pferde und Stützgestelle aus Bambus, die es den Hunden unmöglich machen, ihr Geschäft an einer Hauswand zu verrichten. In den Teehäusern sitzen die Geishas und empfangen dort speziell ausgewählte Gäste. Für so was Schnödes wie Geld wird kein Zutritt gewährt. Den Empfang bei einer Geisha muss man sich durch Kultiviertheit und Beziehungen verdienen. Unsereiner kann lediglich einen Blick auf eine Geisha erhaschen, wenn diese aus dem Taxi steigt und in ihr Teehaus geht. Wie ein Star. Geishas sind Unterhaltungskünstlerinnen auf höchstem Niveau. Bis sie Profis sind, vergeht eine Reihe von Jahren. Wenn sie sich noch in der Ausbildung befinden, heißen sie Maiko. Geishas und Maikos kann man vor allen Dingen am Obi , dem Kimonogürtel, unterscheiden. Die Geisha bindet ihn am Rücken zu einem kleinen Päckchen zusammen, sodass es so aussieht, als würde sie ein Kissen auf dem Rücken tragen. Sie kann auch dezent geschminkt sein. Eine Maiko hingegen lässt ein Stück Obi schleppenartig herunterhängen. Zudem muss sie sich auffällig schminken, d.h. das Gesicht und den Hals ganz weiß machen. Sehr beliebt dazu sind rosa Augenlider, was den Damen aus unserer Sicht ein erkältungsartiges Aussehen verleiht. Darf die Geisha eine Perücke tragen, so ist die Maiko zu einer aufwendigen Frisur gezwungen, die sie jede Woche beim Friseur neu machen lässt. Um sie in der Zwischenzeit nicht zu ruinieren, muss die Maiko nachts den Kopf auf ein besonderes Gestell betten. Das hört sich nach einer sehr ungemütlichen Nacht an!
    Eine Maiko rauscht an uns vorbei, und hier wird ein Widerspruch besonders augenfällig. Die Japaner sind meist von kleiner, schlanker Statur, haben aber oft einen erstaunlich plumpen Gang, erzeugt durch einwärts gedrehte Füße. Auch diese Maiko, von der man annehmen kann, dass sie Begabung fürs Tanzen und für Grazie hat, erschüttert mich ein bisschen. Sie legt schon ein ziemliches Getrampel hin. Geishas und Maikos sind übrigens eine aussterbende Spezies. Ihre sehr aufwendige und teure Ausbildung hat zum Ziel, dem Mann eine entzückende Begleiterin zu sein, doch nicht nur Fernsehen und Internet machen ihr Konkurrenz, auch die japanischen Emanzen setzen ihnen zu. Da bleiben weder Zeit noch Lust noch Geld für die Geishas übrig.
    Übrigens: Bei allem Unterwürfigen und Weibchenhaften hat die japanische Frau den Daumen auf dem Geld. Der Mann schafft die Kohle ran und gibt sie der Frau, die ihm sein Taschengeld zuteilt, denn die traditionelle Japanerin hört nach der Hochzeit auf, zu arbeiten, und das gilt auch jetzt noch weitgehend. Das Auto, das Haus, das Pferd, die Jacht, alles das, was in der deutschen Sparkassenwerbung von einer männlichen Stimme als „mein“ bezeichnet wird, war schon immer in Japan ureigenstes Gebiet der Frau! So kann man sich in den zarten Frauen täuschen, was übrigens für ganz erhebliche interkulturelle Missverständnisse sorgt. Die japanische Frau macht so einen gefügigen Eindruck, doch sie ist erst in zweiter Linie die nette Unterhalterin des Mannes und in erster der

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