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Bye Bye, Crazy Chick

Bye Bye, Crazy Chick

Titel: Bye Bye, Crazy Chick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schreiber
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die Uhr geöffneten Lebensmittelläden und Blumengeschäften vorbei. Auf den Bürgersteigen waren gerade irgendwelche Typen dabei, Klapptische aufzustellen, um darauf billige Handtaschen, Schmuck und Raubkopien von DVDs zu verhökern. Ich hielt den Blick stur geradeaus gerichtet und schwieg, bis Gobi mich von der Seite ansah. »Es tut mir leid, dass du es so erfahren musstest, Perry.«
    »Er hat uns versprochen, dass die Sache vorbei ist«, sagte ich. Selbst mir kam meine Stimme wie tot vor, als ob ich im Schlaf sprechen würde.
    Gobi entgegnete nichts, sondern achtete nur auf die Straße vor uns, während wir durch die Lower East Side Richtung Financial District fuhren, in Richtung der marmornen Wachtürme und Betonschluchten, in denen Tag für Tag die Investitionen für Studium oder Ruhestand gewonnen oder verpulvert wurden.
    »Das, was du da über Madelyn zu ihm gesagt hast«, fragte ich, »das war doch nur geblufft, oder?«
    Sie nahm das BlackBerry in die Hand und tippte etwas ein. »Das Abhören eurer Telefonleitungen war eine Sicherheitsmaßnahme, genau wie die routinemäßige Überwachung. Es war Teil meines Auftrags, euer Anwesen zu sichern. Dazu gehörte auch die Privatleitung deines Vaters.« Ihr Gesichtsausdruck blieb völlig ungerührt. »Tut mir echt leid.«
    »Ja, das merke ich.« Ich hatte das Gefühl, als würden sich meine Nebenhöhlen mit heißem, geschmolzenem Blei füllen und ich von innen her ersticken. Ich dachte daran, was mein Dad im Büro zu mir gesagt hatte. »Jeder Mensch hat gewisse Verpflichtungen …«, murmelte ich vor mich hin. »Dieser verlogene Dreckskerl.« Ich umklammerte das Lenkrad so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten. Und ich lockerte den Griff nicht, weil ich nicht sehen wollte, wie sehr meine Hände zitterten. »Sie war seine Sekretärin. Kannst du dir so was vorstellen? Als Mom ihn das erste Mal erwischt hat, hat er versprochen, dass es für immer vorbei wäre.«
    Gobi antwortete nicht, sondern war in ihr Smartphone vertieft. Also ließ ich sie in Ruhe.
    Die Vergangenheit schwamm hinter mir her und wollte mich verschlucken wie ein Haifisch. Es war wie an jenem Abend vor zwei Jahren, als ich aus der Bibliothek nach Hause kam und beim Reinkommen im Flur auf einen zerbrochenen Teller trat. Mom hatte Dad drei davon hinterhergeschmissen, als er zur Tür hinaus geflüchtet war. Direkt über der Klinke war eine Delle.
    Ich fand sie im Wohnzimmer, wo sie mit einem Glas Gin Tonic in der Hand auf dem Sofa saß. Im Fernsehen lief
Let’s Dance
mit abgedrehtem Ton.
    »Sie hatte ihn rausgeschmissen«, erzählte ich Gobi. »Er hatdie Nacht im Hotel verbracht, und als er zurückkam, hat er versprochen, dass es nie wieder passieren würde.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Männer sind Schweine.«
    »Aber nicht alle. Ich nicht!«
    Gobi nickte in Richtung der nächsten Kreuzung. »Bieg da vorn in die kleine Gasse ein. Wir sind da.« Sie warf einen Blick hinauf zu den erleuchteten Bürofenstern zwölf Stockwerke über der Erde. Dann sah sie wieder zu mir. »Also«, murmelte sie und beugte sich zu mir herüber, wobei sie Kabelbinder aus der Tasche zog und um meine Handgelenke wickelte.
    »Hey, warte, was soll das?«
    Sie zog die Handfesseln so fest durch das Lenkrad des Jaguar, dass sie mir in die Haut schnitten.
    »Au, das ist zu eng!«
    »Bleib schön da sitzen.«
    »Als ob ich irgendwohin könnte!«
    Sie griff noch mal in die Handtasche und holte die Pistole heraus.
    »Gobi, warte doch –«
    Sie schlüpfte aus dem Wagen und verschwand wie ein tödlicher litauischer Ninja einen halben Block von der Pearl Street entfernt im Schatten.
    Ich rüttelte versuchsweise an den Handfesseln, aber dadurch zogen sie sich nur noch fester zusammen. Sie hatte ihre Handtasche auf dem Beifahrersitz stehen lassen – was da wohl sonst noch alles drin war? Pässe, Bomben, Panzerfäuste?
    Ich blickte im Rückspiegel durch die Gasse zurück in Richtung Hauptstraße. Dann drückte ich beide Hände auf das Lenkrad und hupte wie ein Wahnsinniger. Es war Viertel nach zehn. Im Monty’s irgendwo drüben auf der Avenue A hatteInchworm jetzt mit dem Soundcheck angefangen. Wieder drückte ich auf die Hupe. Ich stellte mir vor, wie mein Dad mit einem Whiskey-Soda in der Hand durchs Haus wanderte und sich den Kopf zerbrach, wie um Gottes willen eine kleine Austauschschülerin hinter die Affäre mit seiner Sekretärin gekommen war. Ich hupte noch einmal. Damals bei den Pfadfindern hatten wir das Morsealphabet

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