Byrne & Balzano 02 - Mefisto
verspreche ich mir nicht davon, aber den Versuch ist es wert«, sagte Jessica.
»Holt sie her«, sagte Buchanan.
***
Ihr richtiger Name war Roberta Stoneking. Außerhalb der Szene sah sie wie eine ganz normale achtunddreißigjährige, dreimal geschiedene Hausfrau und Mutter dreier Kinder aus New Jersey aus. Und genau das war sie auch. Auf ihren Job wies nur der volle Busen hin. Außerdem hatte Roberta mit Sicherheit schon häufiger Erfahrungen mit Schönheitsoperationen gesammelt. Heute trug sie statt eines kurzen Leopardenkleides einen rosafarbenen Trainingsanzug aus Samt und neue kirschrote Laufschuhe. Sie saß im Verhörraum A. Aus bestimmten Gründen beobachteten zahlreiche Detectives dieses Verhör.
»Philadelphia mag eine große Stadt sein, aber die Pornoszene ist klein«, sagte sie. »Hier kennt jeder jeden, und jeder weiß, wer was macht.«
»Wie schon gesagt, hat das nichts mit dem Job als solchem zu tun, okay? Es geht nicht um die Pornoszene an sich«, sagte Jessica.
Roberta drehte eine nicht brennende Zigarette in den Händen. Sie schien zu überlegen, was sie sagen konnte und wie sie es am besten sagte, um den Gedanken an eine mögliche Mitschuld gar nicht erst aufkommen zu lassen. »Ich verstehe.«
Auf dem Tisch lag eine Nahaufnahme der jungen blonden Frau aus Philadelphia Skin. Diese Augen, dachte Jessica. »Sie haben gesagt, bei den Dreharbeiten zu diesem Film sei etwas vorgefallen.«
Roberta atmete tief ein. »Ich weiß nicht viel, okay?«
»Uns hilft alles weiter, was Sie uns sagen können.«
»Ich habe nur gehört, dass bei den Dreharbeiten ein Mädchen gestorben sein soll«, sagte Roberta. »Aber auch das könnte nur die Hälfte der Wahrheit sein. Wer weiß?«
»War es Angel Blue?«
»Ich glaube ja.«
»Wie ist sie gestorben?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wie war ihr richtiger Name?«
»Keine Ahnung. Es gibt Leute, mit denen ich zehn Filme gemacht habe, ohne ihre richtigen Namen zu kennen. In der Branche ist das vollkommen normal.«
»Und Sie haben nie etwas darüber gehört, wie es zum Tod des Mädchens kam?«
»Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern.«
Sie hält uns zum Narren, dachte Jessica, die auf der Tischkante saß. »Komm, Paulette, jetzt mal unter uns.« Sie benutzte mit Absicht Robertas Künstlernamen und schlug einen vertraulichen Tonfall an. Sie hoffte, der Frau auf diese Weise vielleicht doch noch etwas entlocken zu können. »Die Menschen reden. Über so etwas kursieren doch Gerüchte.«
Roberta hob den Blick. In dem grellen Neonlicht sah sie älter aus, als sie war. »Hm, hab gehört, dass sie Drogen nahm.«
»Was für Drogen?«
Roberta zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht genau. Vermutlich Heroin.«
»Woher wissen Sie das?«
Roberta runzelte die Stirn. »Auch wenn ich ziemlich jung aussehe, hab ich schon eine Menge erlebt, Detective.«
»Sind beim Dreh oft Drogen im Spiel?«
»Drogen sind in der ganzen Szene an der Tagesordnung. Das hängt von den Leuten ab. Jeder hat seine Probleme, und jeder hat seine eigenen Mittel dagegen.«
»Kennen Sie den anderen Darsteller, der neben Bruno Steele in Philadelphia Skin mitgespielt hat?«
»Ich müsste mir den Film ansehen.«
»Leider trägt der Mann die ganze Zeit eine Maske.«
Roberta lachte.
»Habe ich etwas Komisches gesagt?«, fragte Jessica.
»In meinem Job gibt es andere Möglichkeiten, die Leute zu erkennen, meine Liebe.«
Chavez steckte den Kopf durch die Tür. »Jess?«
Jessica bat Nick Palladino, Roberta in die Audio-Videoabteilung zu bringen und ihr den Film zu zeigen. Nick zog seine Krawatte gerade und strich sein Haar glatt. Für diese Aufgabe wurde keine Gefahrenzulage beantragt.
Jessica und Byrne verließen den Verhörraum. »Was gibt's?«
»Lauria und Campos sind zu einem Mordfall in Overbrook gerufen worden. Sieht ganz nach unserem Filmemacher aus.«
»Warum?«, fragte Jessica.
»Erstens handelt es sich beim Opfer um eine weiße Frau Ende zwanzig, Anfang dreißig. Ein Schuss in die Brust. Sie wurde in ihrer Badewanne gefunden. Genau wie bei dem Mord in Eine verhängnisvolle Affäre.«
»Wer hat sie gefunden?«, fragte Byrne.
»Der Hausbesitzer«, sagte Chavez. »Sie lebt in einem Doppelhaus. Ihr Nachbar war eine Woche verreist, und als er nach Hause kam, hörte er immer wieder dieselbe Musik. Irgendeine Oper. Er klopfte an die Tür, bekam aber keine Antwort und rief den Hauseigentümer an.«
»Wie lange ist sie tot?«
»Keine Ahnung. Der Gerichtsmediziner ist unterwegs«, sagte
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