Byrne & Balzano 02 - Mefisto
Buchanan. »Aber jetzt kommt's. Ted Campos hat in ihrem Schreibtisch herumgestöbert und ihre Gehaltsabrechnungen gefunden. Sie arbeitete für eine Gesellschaft namens Alhambra LLC.«
Jessica spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte. »Wie ist ihr Name?«
Chavez schaute in seine Notizen. »Erin Halliwell.«
***
Erin Halliwells Wohnungseinrichtung war ein Sammelsurium unterschiedlichster Möbel. Sie besaß einige Lampen im Tiffany-Stil, zahlreiche Filmbücher und Poster sowie eine beeindruckende Anzahl prächtiger Pflanzen.
Es roch nach Tod.
Als Jessica den Kopf ins Badezimmer streckte, erkannte sie den Tatort wieder. Es war dieselbe Wand, dieselben Gitter vor dem Fenster wie in Eine verhängnisvolle Affäre.
Der Leichnam der Frau war aus der Badewanne gehoben worden und lag nun auf dem Boden des Badezimmers auf einer Gummiunterlage. Ihre Haut war grau und von Falten überzogen. Die Wunde auf ihrer Brust hatte sich zu einem kleinen Loch zusammengezogen.
Allmählich kamen sie weiter, und dieses Gefühl verlieh den Detectives neue Energie. Sie alle hatten in den letzten Tagen nur vier bis fünf Stunden geschlafen.
Die Spurensicherung durchsuchte die Wohnung nach Fingerabdrücken. Zwei Detectives der Sondereinheit verfolgten die Spur der Gehaltsabrechnungen und suchten die Bank auf, die das Gehalt überwiesen hatte. Das Philadelphia Police Department arbeitete mit Hochdruck an diesem Fall, und endlich wurden erste Erfolge sichtbar.
***
Byrne stand in der Tür. Das Böse hatte diese Schwelle überschritten.
Er beobachtete die rege Aktivität im Wohnzimmer und lauschte dem Surren der Kamera, roch den kreidigen Geruch des Pulvers, mit dem die Spurensicherung Fingerabdrücke sichtbar machte. Byrne hatte diese Jagd in den letzten Monaten vermisst. Die Spurensicherung suchte nach den winzigsten Fährten, die der Killer hinterlassen hatte, dem unhörbaren Geflüster des gewaltsamen Endes dieser Frau. Byrne umfasste den Türpfosten, hoffte auf tiefere Einblicke aus anderen Sphären.
Er trat ins Zimmer, streifte sich Latexhandschuhe über, ging umher und spürte, dass…
… die Frau glaubt, sie würden Sex haben. Er aber weiß, dass es dazu nicht kommen wird. Er ist hier, um seine teuflischen Pläne zu verwirklichen. Sie sitzen eine Zeit lang auf der Couch. Er flirtet nur mit ihr, um ihr Interesse zu wecken. Gehörte das Kleid ihr? Nein, er hatte es ihr gekauft. Warum hatte sie es angezogen? Sie wollte ihm gefallen. Der Filmemacher ist auf Eine verhängnisvolle Affäre fixiert. Warum? Was hat es mit diesem Film auf sich, dass er das Bedürfnis hat, diese Szene nachzuspielen? Zuvor hatten sie im Licht greller Scheinwerfer gestanden. Der Mann berührt ihre Haut. Er hat viele Gesichter und tritt in vielen Verkleidungen auf. Als Arzt. Als Minister. Als Mann mit einer Polizeimarke…
Byrne ging zu dem kleinen Schreibtisch und wühlte in den Habseligkeiten der toten Frau. Ihr Schreibtisch war schon von den Kollegen durchsucht worden, die zuerst vor Ort waren, aber sie hatten dabei nicht an den Filmemacher gedacht.
In einer großen Schublade fand Byrne eine Mappe mit Fotos. Bei den meisten handelte es sich um rührende Erinnerungsfotos: Erin Halliwell mit sechzehn, achtzehn, zwanzig Jahren, an einem Strand, auf der Strandpromenade in Atlantic City, an einem Picknicktisch bei einer Familienfeier. Das letzte, auf A4 vergrößerte Foto, war aussagekräftiger. Byrne rief Jessica.
»Sieh mal«, sagte er und zeigte ihr das Bild.
Es war vor dem Kunstmuseum aufgenommen worden – ein Gruppenfoto mit fünfzig oder sechzig Personen in Schwarz-Weiß. In der zweiten Reihe stand eine lächelnde Erin Halliwell. Neben ihr das unverwechselbare Gesicht von Will Parrish.
Unten auf dem Foto stand mit blauer Tinte in geschwungener Schrift eine Widmung:
Einer im Kasten, viele werden folgen.
Dein Ian.
62.
Der Reading Terminal Market war ein großer Markt an der Ecke Zwölfte Straße und Market Street in Center City, nur eine Querstraße von der City Hall entfernt. Auf diesem seit 1892 bestehenden Markt, der sich über eine Fläche von ungefähr zwei Hektar erstreckte und heute mehr als achtzig Stände beherbergte, herrschte stets reges Treiben.
Die Sondereinheit hatte erfahren, dass Alhambra LLC eine Firma war, die eigens für die Produktion von The Palace gegründet worden war. Die Alhambra war ein berühmter Palast in Spanien. Produktionsgesellschaften gründeten häufig eine Firma, über die Gehaltsabrechnungen,
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