Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Titel: Byrne & Balzano 02 - Mefisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
Vom Netzwerk:
tristen Raum auf dem Boden lag. Von oben schien grelles Licht auf das Set. Nach ein paar Sekunden trat eine junge Frau ins Bild und setzte sich auf die Matratze. Die Darstellerin war nicht besonders attraktiv, um die fünfundzwanzig, dunkelhaarig und schlank. Sie war nur mit einem Herren-T-Shirt mit V-Ausschnitt bekleidet.
    Die Frau steckte sich eine Zigarette an. Ein paar Sekunden später trat ein Mann ins Bild. Der Mann war nackt, trug eine Ledermaske und hielt eine kurze Peitsche in der Hand. Es war ein Weißer mit guter Figur, vermutlich zwischen dreißig und vierzig. Er peitschte die Frau auf dem Bett aus. Zunächst schlug er nicht allzu fest zu.
    Byrne spähte zu Jessica hinüber. Sie hatten im Laufe ihrer Ermittlungen beide schon eine Menge zu sehen bekommen; daher verloren sie nicht sofort die Fassung, wenn sie sahen, wie übel ein Mensch einem anderen mitspielen konnte. Doch dieses Wissen machte es nicht einfacher für sie.
    Jessica verließ das Hotelzimmer. Die körperliche Erschöpfung trieb sie an den Rand eines Zusammenbruchs; blinde Wut und Abscheu brannten wie Feuer in ihr.

67.
    Er hatte sie vermisst. Man konnte sich seinen Partner in diesem Job nicht immer aussuchen, doch als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, wusste er sofort, dass sie Format hatte. Für eine Frau wie Jessica Balzano war der Himmel die Grenze, und obwohl er nur zehn oder zwölf Jahre älter war als sie, fühlte er sich in ihrer Gesellschaft alt. Sie war die Zukunft der Mordkommission, er die Vergangenheit.
    Byrne saß an einem Tisch in der Kantine des Roundhouse, trank seinen kalten Kaffee und dachte über seine Rückkehr in den Dienst nach. Was war es für ein Gefühl? Was bedeutete es für ihn? Er beobachtete die jüngeren Kollegen, die mit strahlenden Augen, polierten Schuhen und in gebügelten Anzügen durch die Kantine liefen. Er beneidete sie um ihre Energie. Hatte er einst auch so ausgesehen? War auch er vor zwanzig Jahren mit diesem Selbstvertrauen durch den Raum geschritten und von anderen desillusionierten, entkräfteten Cops beobachtet worden?
    Er hatte gerade zum zehnten Mal an diesem Tag im Krankenhaus angerufen. Victorias Zustand war ernst, aber stabil. Unverändert. Byrne nahm sich vor, in einer Stunde noch einmal anzurufen.
    Er hatte die Fotos gesehen, die am Tatort von Julian Matisse gemacht worden waren. Obwohl der Leichnam keine menschlichen Züge mehr aufwies, hatte Byrne auf das zerfetzte Fleisch gestarrt, als würde er auf eine erlegte Bestie blicken. Ohne Matisse war die Welt sauberer. Er spürte nichts.
    Dennoch beantwortete es nicht die Frage, ob Jimmy Purify das Beweisstück im Mordfall Gracie Devlin am Tatort deponiert hatte oder nicht.
    Nick Palladino betrat die Kantine. Er sah so müde aus, wie Byrne sich fühlte. »Ist Jess nach Hause gegangen?«
    »Ja«, sagte Byrne. »Sie war völlig am Ende.«
    Palladino nickte. »Hast du das von Phil Kessler gehört?«, fragte er.
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist tot.«
    Byrne war weder schockiert noch überrascht. Kessler hatte sehr schlecht ausgesehen, als Byrne ihn im Krankenhaus besucht hatte – wie ein Mann, der sich in sein Schicksal ergab, ein Mann, der nicht mehr die Kraft und den Willen hatte zu kämpfen.
    Im Fall dieses Mädchens haben wir nicht richtig gehandelt.
    Wenn Kessler nicht Gracie Devlin gemeint hatte, musste er eine andere gemeint haben. Byrne stand mühsam auf, trank den Kaffee aus und machte sich auf den Weg zur Dienststelle, in der die Verbrecherakten und -dateien geführt wurden. Dort würde er die Antwort finden, falls es eine Antwort gab.
    ***
    Byrne dachte angestrengt nach, doch der Name des Mädchens fiel ihm beim besten Willen nicht ein. Kessler konnte er nun nicht mehr fragen. Jimmy auch nicht. Er versuchte, sich an den genauen Tag zu erinnern. Er erinnerte sich nicht. Es waren so viele Fälle, so viele Namen. Immer wenn Byrne glaubte, die Erinnerung tauche gleich aus der Versenkung auf, lenkten andere Gedanken ihn ab. Er schrieb alles auf, was ihm zu dem Fall einfiel, und übergab die Liste Sergeant Bobby Powell. Dieser war ebenso wie Byrne schon über zwanzig Jahre dabei und kannte sich viel besser mit Computern aus. Er versprach Byrne, den Fall herauszusuchen und ihm die Akte auf dem schnellsten Weg zukommen zu lassen.
    ***
    Byrne legte alle Kopien, die er von dem Fall des Filmemachers hatte, in der Mitte des Wohnzimmers auf den Boden. Daneben stellte er ein Sixpack Yuengling. Er nahm seine Krawatte ab und zog die Schuhe aus. Im

Weitere Kostenlose Bücher