Byrne & Balzano 02 - Mefisto
zu pflegen, doch der Alltag hatte diesen Vorsatz vereitelt. Sie hatte sogar ein paar Zeichen der Gebärdensprache erlernt. Sie nahm sich vor, die Freundschaft aufzufrischen.
»War Porter der andere Mann in Philadelphia Skin?«, fragte Jessica. Sie hatten alle ihnen bekannten Kontakte von Julian Matisse überprüft und festgestellt, dass Darryl Porter und Matisse sich seit mindestens zehn Jahren gekannt hatten. Es gab also eine Verbindung.
»Wäre möglich«, erwiderte Byrne. »Warum sonst sollte Porter drei Exemplare des Films besessen haben?«
Porter lag nun auf dem Tisch des Gerichtsmediziners. Dieser würde jedes Körpermerkmal mit dem des maskierten Darstellers in dem Film vergleichen. Roberta Stoneking hatte sich den Film angeschaut, ohne ihnen den entscheidenden Hinweis, auf den sie gehofft hatten, liefern zu können.
»Was haben Stephanie Chandler und Erin Halliwell damit zu tun?«, fragte Jessica. Bisher war es ihnen nicht gelungen, eine Verbindung zwischen den beiden Frauen herzustellen.
»Die Eine-Million-Dollar-Frage.«
Plötzlich verdunkelte ein Schatten Jessicas Fenster. Es war eine Polizistin in Uniform. Sie war Anfang zwanzig und sehr eifrig. Vielleicht ein wenig übereifrig. Jessica zuckte zusammen. Sie öffnete das Fenster.
»Detective Balzano?«, fragte die Polizistin mit verlegener Miene. Es war ihr sichtlich peinlich, eine Kriminalkommissarin erschreckt zu haben.
»Ja.«
»Das ist für Sie.« Die Polizistin reichte ihr einen großen Briefumschlag.
»Danke.«
Die junge Polizistin entfernte sich beinahe im Laufschritt. Jessica schloss das Fenster. Die wenigen Sekunden hatten ausgereicht, um die angenehme Temperatur in dem klimatisierten Wagen in die Höhe zu treiben. In der Stadt war eine Luft wie in einem Treibhaus.
»Wirst du schreckhaft auf deine alten Tage?«, fragte Byrne, der versuchte, einen Schluck Kaffee zu trinken und gleichzeitig zu lächeln.
»Ich bin jünger als du, alter Knabe.«
Jessica riss den Umschlag auf. Es war das nach den Angaben von Atkins Pace gezeichnete Phantombild des Mannes, der Faith Chandler begleitet hatte. Pace hatte recht. Seine Beobachtungsgabe und sein Erinnerungsvermögen waren beeindruckend. Jessica zeigte Byrne das Bild.
»Verdammt«, rief Byrne. Er stellte das Blaulicht auf das Armaturenbrett des Taurus.
Der Mann auf dem Phantombild war Seth Goldman.
***
Der Chef der Hotel-Security schloss das Hotelzimmer auf. Sie hatten von der Rezeption aus in dem Zimmer angerufen und dreimal an die Tür geklopft. Aus dem Zimmer drang das unverkennbare Stöhnen, das gemeinhin einen Pornofilm untermalte.
Als die Tür geöffnet war, zogen Byrne und Jessica ihre Waffen. Dem Security-Beamten, einem ehemaligen Polizisten des Police Department Philadelphia, war anzusehen, dass er liebend gern mitgemischt hätte, doch seine Zeit bei der Polizei war abgelaufen. Er trat zurück.
Byrne betrat als Erster das Zimmer. Das Stöhnen des Pornofilms wurde lauter. Es drang aus dem Fernsehgerät. Im Hotelzimmer war niemand. Byrne schaute in den Betten und darunter nach. Jessica überprüfte den Einbauschrank. Negativ. Vorsichtig stießen sie die Badezimmertür auf und steckten ihre Waffen in die Holster.
»Scheiße«, murmelte Byrne.
Seth Goldmans Leichnam lag in dem roten Badewasser. Auf den ersten Blick sah es so aus, als hätte er zwei Schüsse in die Brust erhalten. Überall im Badezimmer lagen Federn herum, als hätte es geschneit. Offenbar hatte der Killer eines der Kissen als Schalldämpfer benutzt. Das Wasser war lauwarm.
Byrne und Jessica schauten sich an. Sie waren derselben Meinung. Diese Mordserie spitzte sich auf so dramatische Weise und in einem solchen Tempo zu, dass die Ermittlungen die Kapazitäten der Polizeibehörde zu sprengen drohten. Das hieß, dass das FBI die Ermittlungen gegebenenfalls übernehmen und versuchen würde, mit seinem gesamten Aufgebot an Agenten und kriminaltechnischem Know-how die Aufklärung des Falles herbeizuführen.
Jessica durchsuchte Seth Goldmans Toilettenartikel und die anderen persönlichen Dinge, die er im Bad deponiert hatte. Byrne schaute in den Schränken und den Schubladen der Kommode nach. Hinten in einer Schublade lag ein Karton mit 8-mm-Videokassetten. Byrne ging zum Fernsehgerät und rief Jessica hinzu. Er schob eines der Bänder in den angeschlossenen Camcorder und drückte auf PLAY.
Es war ein ohne großen Aufwand gedrehter Sadomaso-Pornofilm.
Es begann mit einem Blick auf eine große Matratze, die in einem
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