Byrne & Balzano 02 - Mefisto
schweren Schritte sich näherten. In letzter Sekunde sprang er zur Seite. Der Typ war groß, breitschultrig und jung. Er rannte gegen die Wand. Als er sich erholt hatte, drehte er sich benommen um und stürzte sich auf Byrne. Der verlagerte sein Gewicht auf beide Beine, sodass er festen Stand hatte, hob den Stock und schlug mit voller Wucht zu. Er traf genau die Kehle des Mannes. Ein Klumpen Blut und Schleim flog aus dessen Mund. Der Typ kämpfte ums Gleichgewicht. Byrne schlug ein zweites Mal zu, diesmal unterhalb des Knies. Der Mann schrie auf und brach zusammen. Dann kroch er über den Boden und versuchte, irgendetwas unter seinem Hosenbund hervorzuziehen. Es war ein Buck-Messer in einer Segeltuchscheide. Byrne stellte einen Fuß auf die Hand des Mannes und trat mit dem anderen gegen das Messer.
Der Kerl war nicht Julian Matisse. Es war eine Falle gewesen, ein Hinterhalt. Byrne hatte es natürlich geahnt, doch wenn es sich herumsprach, dass ein Typ namens Denny jemanden suchte und man auf eigene Gefahr gegen ihn antrat, würden der Rest der Nacht und die nächsten Tage vielleicht ein bisschen ruhiger verlaufen.
Byrne betrachtete den Mann auf dem Boden, der seine Kehle umklammerte und nach Atem rang. Byrne drehte sich zu dem Mädchen um. Es zitterte und näherte sich langsam der Tür.
»Er … er hat mich dazu gezwungen«, sagte Lucky. »Er hat mich geschlagen.« Sie schob ihre Ärmel hoch und entblößte lila Blutergüsse auf den Armen.
Byrne war schon lange im Geschäft und wusste, ob jemand die Wahrheit sagte oder nicht. Lucky war noch ein Kind, gerade mal zwanzig Jahre. Typen wie der hier auf dem Boden machten immer Jagd auf diese Mädchen. Byrne rollte den Mann auf den Bauch, griff in seine Gesäßtasche, zog seine Brieftasche heraus und entnahm ihr die Fahrerlaubnis. Der Bursche hieß Gregory Wahl. Byrne durchsuchte die anderen Taschen des Mannes und fand ein dickes Bündel Geldscheine, das mit einem Gummiband zusammengehalten wurde – vielleicht tausend Dollar. Einen Hunderter zog Byrne aus dem Bündel, steckte ihn ein und warf dem Mädchen den Rest zu.
»Du bist so gut wie tot«, stammelte Wahl.
Byrne hob sein Hemd hoch, sodass der Griff seiner Glock sichtbar wurde. »Wir können die Sache jetzt gleich zu Ende bringen, wenn du willst, Greg.«
Wahl starrte ihn an, doch sein drohender Gesichtsausdruck war verschwunden.
»Nein? Keine Lust mehr auf dieses Spiel? Sieh auf den Boden!«, befahl Byrne. Der Mann gehorchte. Byrne wandte sich dem Mädchen zu. »Verlass die Stadt. Noch heute Nacht.«
Lucky schaute von links nach rechts, unfähig, einen Schritt zu gehen. Sie hatte die Waffe ebenfalls erblickt. Byrne sah, dass sie das Geld sofort eingesteckt hatte. »Was ist?«
»Mach, dass du wegkommst.«
In ihren Augen schimmerte Angst. »Aber wenn ich abhaue, woher weiß ich dann, dass Sie…«
»Das ist mein einziges Angebot, Lucky. Es gilt genau fünf Sekunden.«
Sie rannte los. Erstaunlich, wie schnell Frauen in High Heels rennen können, wenn es sein muss, dachte Byrne. Sekunden später hörte er ihre Schritte auf der Treppe. Dann wurde die Hintertür zugeschlagen.
Byrne kniete sich hin. Im Augenblick verdrängte das Adrenalin die Schmerzen, die er normalerweise im Rücken und in den Beinen gespürt hätte. Er krallte eine Hand in Wahls Haar und riss den Kopf des Burschen hoch. »Wenn du mir noch einmal über den Weg läufst, wirst du anschließend glauben, das hier sei ein nettes Treffen gewesen. Sollte mir jemals zu Ohren kommen, dass hier in den nächsten Jahren ein Geschäftsmann ausgenommen wird, gehe ich davon aus, dass du dahinter steckst.« Byrne hielt ihm die Fahrerlaubnis vor die Nase. »Das hier nehme ich als Andenken an unsere interessante Begegnung mit.«
Er stand auf, ergriff seinen Stock und zog die Waffe. »Ich sehe mich mal kurz um. Du bewegst dich keinen Zentimeter. Kapiert?«
Wahl schwieg trotzig. Byrne nahm die Glock und drückte den Lauf auf das rechte Knie des Mannes. »Magst du gerne Krankenhausessen, Greg?«
»Okay. Okay.«
Byrne lief durch den ersten Raum und öffnete vorsichtig die Türen zu Bad und Schlafzimmer. Die Fenster im Schlafzimmer waren weit geöffnet. Dort war jemand gewesen. Im Aschenbecher brannte eine Zigarette. Aber jetzt war der Raum leer.
***
Byrne kehrte ins Tick Tock zurück. Victoria stand neben der Damentoilette und kaute an einem Fingernagel. Byrne ging zu ihr. Die Musik war ohrenbetäubend.
»Was ist passiert?«, fragte Victoria.
»Nichts«,
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