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Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Titel: Byrne & Balzano 02 - Mefisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Meinung. »Ich fahre ins Roundhouse und informiere den Chef«, sagte Jessica schließlich.
    Byrne nickte. »Offiziell habe ich die nächsten zwei Tage frei.«
    Jessica entging der traurige Tonfall nicht. »Ich weiß.«
    »Ike wird dir sagen, dass du mich auf keinen Fall auf dem Laufenden halten sollst.«
    »Ich weiß.«
    »Ruf mich an, wenn du was erfährst.«
    Jessica wusste, dass sie Byrne diesen Wunsch nicht erfüllen konnte. »Okay.«

25.
    Faith Chandler saß auf dem Bett ihrer toten Tochter. Wo war sie gewesen, als Stephanie zum letzten Mal das Betttuch glatt gestrichen und es auf ihre peinlich sorgfältige Art unter die Matratze geschoben hatte? Was hatte sie getan, als Stephanie ihren Plüschtierzoo in einer geraden Reihe am Kopfende aufgestellt hatte?
    Wie immer hatte sie gearbeitet, auf das Ende einer Schicht gewartet, ihre Tochter eine feste Größe, eine Konstante.
    Fällt Ihnen jemand ein, der Stephanie etwas hätte antun wollen?
    Sie hatte es sofort gewusst, als sie die Tür geöffnet hatte. Die hübsche junge Frau und der große, Vertrauen erweckende Mann in dem dunklen Anzug. Beide hatten einen Blick, der zeigte, dass sie so etwas häufiger machten. Kummer an der Tür abliefern wie eine Pizza.
    Die junge Frau hatte es ihr gesagt. Faith hatte es gewusst. Von Frau zu Frau. Auge in Auge. Es war die junge Frau gewesen, die ihr das Messer ins Herz gestoßen hatte.
    Faith Chandler schaute auf die Pinnwand aus Kork. Helle Markier-Nadeln aus Plastik bildeten Regenbögen in der Morgensonne. Visitenkarten, Reiseprospekte, Zeitungsausschnitte. Der Blick auf den Kalender schmerzte am meisten. Geburtstage in Blau. Jahrestage in Rot. Zukunft vergangen.
    Sie hatte kurz daran gedacht, ihnen die Tür vor der Nase zuzuknallen. Vielleicht hätte der Schmerz dann keine Möglichkeit gehabt, ins Haus zu gelangen. Vielleicht wäre der Kummer dann draußen geblieben, bei den Leuten in den Zeitungsredaktionen, in den Nachrichtenbüros, bei den Menschen in den Filmen.
    Wie die Polizei heute erfuhr…
    Soeben erhielten wir die Nachricht…
    Eine Person wurde verhaftet…
    Immer im Hintergrund, wenn sie das Essen zubereitete. Immer jemand anders. Blaulichter, mit einem weißen Tuch bedeckte Tragbahren, Sprecher mit finsteren Mienen. Um achtzehn Uhr dreißig vorbei.
    Oh, meine geliebte Stephie.
    Faith trank ihr Glas leer. Der Whiskey bahnte sich den Weg zum Kummer in ihrem Herzen. Sie hob den Hörer ab und wartete.
    Sie sollte in die Leichenhalle kommen und den Leichnam identifizieren. Würde sie ihre tote Tochter überhaupt erkennen? War es nicht das Leben, das ihrer Stephanie Frohsinn und Schönheit verliehen hatte?
    Draußen trübte die grelle Sommersonne den Himmel. Niemals würden die Blumen prächtiger blühen, niemals herrlicher duften, die Kinder niemals glücklicher sein. Alle Zeit der Welt für Himmel und Hölle und Traubensaft und Planschbecken.
    Sie nahm den Bilderrahmen vom Schrank, zog das Foto heraus und drehte es in den Händen. Die beiden Mädchen auf dem Foto auf der Schwelle zum Leben, für immer erstarrt. Was all die Jahre ein Geheimnis gewesen war, bahnte sich nun den Weg ans Licht.
    Sie legte den Hörer wieder auf und goss Whiskey in das leere Glas.
    Dazu war Zeit genug, dachte sie. So Gott will.
    Zeit genug.

26.
    Phil Kessler sah aus wie ein Skelett. In all den Jahren, als Byrne mit Kessler zu tun gehabt hatte, war dieser immer ein starker Trinker und ein Vielfraß mit mindestens fünfundzwanzig Pfund Übergewicht gewesen. Jetzt waren seine Hände knöchern, sein Gesicht ausgemergelt, sein Körper eine zerbrechliche Hülle.
    Trotz der Blumen und der bunten Genesungskarten, die im Krankenhauszimmer verteilt waren, trotz der regen Aktivität des adrett gekleideten Pflegepersonals, eines Teams, das die Aufgabe hatte, sein Leben zu erhalten und zu verlängern, roch es hier nach Leid.
    Während eine Krankenschwester Kesslers Blutdruck maß, dachte Byrne an Victoria. Er wusste nicht, ob es der Beginn einer Beziehung war, ob er und Victoria jemals wieder miteinander schlafen würden, doch als er in ihrer Wohnung aufgewacht war, hatte er sich wie neugeboren gefühlt, als hätte etwas, das lange geschlummert hatte, den Panzer seines Herzens durchdrungen.
    Es fühlte sich gut an.
    Victoria hatte ihm heute Morgen Frühstück gemacht und ihm zwei Rühreier und Roggentoast im Bett serviert. Sie hatte eine Nelke auf sein Tablett gelegt und einen Lippenstiftkuss auf seine zusammengefaltete Serviette gepresst. Beides

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