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Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Titel: Byrne & Balzano 02 - Mefisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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richtig gehandelt, Kevin.«
    »Welches Mädchen? Gracie?«
    Kessler schüttelte den Kopf. »Nein.« Er hob seine dünne, knöcherne Hand wie ein Beweisstück. »Meine Buße. Wie wirst du bezahlen?«
    Kessler drehte den Kopf weg und schaute aus dem Fenster. Das grelle Sonnenlicht ließ den Schädel unter der Haut durchschimmern – und darunter die Seele eines sterbenden Mannes.
    Als Byrne in der Tür stand, sagte ihm sein Gefühl, dass mehr dahintersteckte als die Wiedergutmachung eines Mannes am Ende seines Lebens. Phil Kessler verschwieg etwas.
    Im Fall dieses Mädchens haben wir nicht richtig gehandelt.
    ***
    Byrne folgte seinem Gefühl und stellte weitere Ermittlungen an. Er rief eine alte Freundin im Büro des für die Mordkommission zuständigen Bezirksstaatsanwalts an und bat sie mit der Bitte um Diskretion um eine kleine Recherche. Seinerzeit hatte Byrne an Linda Kellys praktischer Ausbildung mitgewirkt, und seitdem hatte sie eine beachtliche Karriere gemacht. Diskretion lag sicherlich auch in ihrem Interesse.
    Linda überprüfte Phil Kesslers Finanzen und hisste eine rote Flagge. Vor zwei Wochen, genau an dem Tag, als Julian Matisse aus dem Gefängnis entlassen worden war, hatte Kessler zehntausend Dollar auf ein neues Konto bei einer Bank in einem anderen Bundesstaat eingezahlt.

27.
    Es ist eine Bar wie in Fat City, eine Kneipe in Nord-Philly mit defekter Klimaanlage und einem Friedhof welker Pflanzen auf der Fensterbank. Der Zigarettenqualm hat die Decke braun verfärbt. Es stinkt nach Desinfektionsmitteln und ranzigem Schweinefett. Wir beide sitzen an der Theke, und vier Gäste sind an verschiedenen Tischen verteilt. Die Jukebox spielt Waylon Jennings.
    Ich werfe dem Burschen zu meiner Rechten einen Blick zu. Er ist einer dieser Betrunkenen von Blake Edwards, ein Statist aus Die Tage des Weines und der Rosen. Er sieht aus, als könnte er noch einen Drink vertragen. Ich spreche ihn an.
    »Na, wie geht's?«, frage ich.
    Es dauert nicht lange, bis er seine Situation skizziert. »Ging schon besser.«
    »Wem nicht?« Ich zeige auf sein fast leeres Glas. »Noch einen Drink?«
    Er schaut mich genauer an, sucht vielleicht nach einem Grund. Er wird ihn nicht finden. Seine Augen sind glasig und offenbaren seine Trunkenheit und Müdigkeit. Doch hinter der Erschöpfung verbirgt sich noch etwas. Ich glaube, es ist Angst. »Warum nicht?«
    Ich winke dem Barkeeper und zeige mit dem Finger auf unsere leeren Gläser. Der Barkeeper schenkt nach, nimmt meine Getränkekarte und geht zur Kasse.
    »Harten Tag gehabt?«, frage ich.
    Er nickt. »Ja, war ein harter Tag.«
    »Wie der große George Bernard Shaw einst sagte: ›Alkohol ist die Betäubung, dank derer wir die Operation Leben ertragen.‹«
    »Darauf trinke ich«, sagt er mit der Andeutung eines traurigen Lächelns.
    »Es gab mal einen Film«, sage ich. »Ich glaube, mit Ray Milland.« Natürlich weiß ich, dass es Ray Milland war. »Er hat einen Alkoholiker gespielt.«
    Der junge Mann nickt. »Das verlorene Wochenende.«
    »Genau. In einer Szene spricht er darüber, wie Alkohol sich bei ihm auswirkt. Die Szene ist ziemlich bekannt. Ein Loblied auf die Flasche.« Ich richte mich auf und straffe die Schultern. Ich gebe meinen besten Don Birnam und zitiere aus dem Film: »›Er wirft die Sandsäcke über Bord, damit der Ballon aufsteigen kann. Plötzlich erhebe ich mich über das Alltägliche. Ich bin kompetent. Ich laufe auf einem Seil über die Niagarafälle. Ich bin einer der ganz Großen.‹« Ich stelle mein Glas hin. »So ungefähr.«
    Der Bursche starrt mich einen Moment an und bemüht sich, seinen Blick zu schärfen. »Das ist verdammt gut, Mann«, sagt er schließlich. »Sie haben ein großartiges Gedächtnis.«
    Er spricht ein wenig undeutlich.
    Ich hebe mein Glas. »Auf bessere Zeiten.«
    »Schlimmer kann es nicht kommen.«
    Natürlich kann es das.
    Er kippt seinen Schnaps herunter und trinkt sein Bier aus. Ich folge seinem Beispiel. Er wühlt auf der Suche nach seinen Schlüsseln in der Tasche.
    »Noch einen für die Straße?«, frage ich.
    »Nein danke«, sagt er. »Ich hab genug.«
    »Sicher?«
    »Ja«, sagt er. »Ich muss morgen früh raus.« Er rutscht vom Hocker und geht auf den Hinterausgang der Kneipe zu. »Nochmals danke.«
    Ich werfe einen Zwanziger auf die Theke und schaue mich um. Vier stockbetrunkene Typen an den wackeligen Tischen. Ein kurzsichtiger Barkeeper. Für den existieren wir nicht. Wir bilden nur den Hintergrund. Ich trage eine Flyers

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