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Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Titel: Byrne & Balzano 02 - Mefisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Cap und eine getönte Brille. Dicke Schaumstoffpolster auf den Hüften verleihen mir zwanzig Pfund mehr Gewicht.
    Ich folge ihm zur Hintertür. Wir treten in die feuchtschwüle Nacht hinaus und auf den kleinen Parkplatz hinter der Kneipe. Dort stehen drei Wagen.
    »Und danke für den Drink«, sagt er.
    »Gern geschehen«, erwidere ich. »Noch fahrtüchtig?«
    Er hält einen Schlüssel an einem Lederband hoch. Einen Haustürschlüssel. »Ich gehe zu Fuß.«
    »Das ist vernünftig.« Wir stehen hinter meinem Wagen. Ich öffne den Kofferraum. Er ist mit Plastik ausgeschlagen. Er schaut hinein.
    »Wow, Sie haben aber 'ne saubere Kiste«, sagt er.
    »Ich brauche für die Arbeit einen sauberen Wagen.«
    Er nickt. »Was machen Sie denn beruflich?«
    »Ich bin Schauspieler.«
    Er braucht einen Moment, bis er die Absurdität meiner Antwort begreift. Er mustert mich erneut, und dann dämmert die Erkenntnis. »Wir haben uns schon mal gesehen, nicht wahr?«, fragt er.
    »Ja.«
    Er wartet auf weitere Erklärungen, die ich ihm nicht gebe. Ein paar Sekunden vergehen. Er zuckt mit den Schultern. »Okay. Hat mich gefreut. Ich muss los.«
    Ich lege eine Hand auf seinen Unterarm. In der anderen Hand halte ich ein Schnappmesser. Michael Caine in Dressed to Kill. Ich lasse das Messer aufschnappen. Die scharfe Stahlklinge schimmert.
    Er blickt auf das Rasiermesser und schaut dann wieder in meine Augen. Jetzt erinnert er sich, wo wir uns gesehen haben. Ich wusste, dass es ihm einfallen würde. Er hat mich in der Videothek gesehen, als ich vor dem Regal mit den Filmklassikern stand. In seinen Augen blitzt Angst auf.
    »Ich … muss los«, sagt er plötzlich ernüchtert.
    Ich verstärke meinen Griff. »Ich fürchte, das kann ich nicht zulassen, Adam.«

28.
    Der Laurel-Hill-Friedhof war um diese Stunde nahezu menschenleer. Er erstreckte sich über eine Fläche von dreißig Hektar und gab den Blick auf den Kelly Drive und den Schuylkill River frei. Hier lagen ebenso Generäle aus dem Bürgerkrieg wie Opfer der Titanic. Dieser ehemals wunderschöne Friedhof hatte seine Pracht längst eingebüßt. Heutzutage bestimmten umgestürzte Grabsteine, von Unkraut überwucherte Wiesen und zerfallene Mausoleen das Bild.
    Byrne stellte sich eine Weile in den kühlen Schatten eines großen Ahornbaumes und ruhte sich aus.
    Lavendel, dachte er. Gracie Devlins Lieblingsfarbe war lavendel.
    Als er sich ein wenig erholt hatte, setzte er den Weg zu Gracies Grabstätte fort. Er war überrascht, dass er die Stelle so schnell fand. Es war ein kleines Grab mit einem preiswerten Grabstein von der Sorte, für die man sich entscheidet, wenn die einschüchternden Verkaufspraktiken fehlschlagen und der Verkäufer sich schließlich anderen Dingen zuwendet. Er schaute auf den Stein.
    Marygrace Devlin.
    Ewige Ruhe stand über ihrem Namen.
    Byrne brachte das Grab ein wenig in Ordnung. Er zupfte Gras und Unkraut und fegte mit den Händen den Schmutz vom Grabstein.
    War es wirklich zwei Jahre her, seitdem er hier mit Melanie und Garret Devlin gestanden hatte? War es wirklich zwei Jahre her, seitdem sie sich in dem kalten Winterregen versammelt hatten, schwarz gekleidete Gestalten vor dem dunklen Horizont? Damals hatte er noch mit seiner Familie zusammengelebt, und von der Trauer der späteren Scheidung hatte niemand etwas geahnt. Er hatte die Devlins an jenem Tag nach Hause gefahren und bei dem Trauerempfang in ihrem kleinen Reihenhaus geholfen. An jenem Nachmittag hatte er in Gracies Zimmer gestanden. Er erinnerte sich an den Duft von Flieder und blumigem Parfum und Mottenkugeln. Er erinnerte sich an die Sammlung der Keramikfiguren aus Schneewittchen und die sieben Zwerge auf Gracies Bücherregal. Melanie hatte ihm erzählt, dass die einzige Figur, die ihrer Tochter noch fehlte, um die Sammlung zu vervollständigen, Schneewittchen sei. Sie sagte, Gracie habe vorgehabt, diese letzte fehlende Figur an dem Tag zu kaufen, als sie getötet worden war. Drei Mal war Byrne in das Kino zurückgekehrt, in dem man Gracie ermordet hatte, um nach der Figur zu suchen. Sie blieb unauffindbar.
    Schneewittchen.
    Seit dieser Nacht versetzte es ihm jedes Mal einen Stich, wenn er den Namen Schneewittchen hörte.
    Er hockte sich auf den Boden. Die heiße Sonne wärmte seinen Rücken. Er streckte die Hand aus und berührte den Stein. Und…
    … die Bilder schießen mit brutaler, ungezähmter Gewalt durch seinen Kopf… Gracie auf den verrotteten Holzdielen der Bühne… Gracies hellblaue Augen,

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