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Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Byrne & Balzano 02 - Mefisto

Titel: Byrne & Balzano 02 - Mefisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Telefon?«, fragte sie.
    »Ja, Ma'am«, sagte Byrne. Er zeigte es ihr. »Mit einer Kamera, einem Kalender und einem Adressbuch.«
    »Mein Gott«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich verstehe die Welt nicht mehr, junger Mann.«
    »Es geht alles viel zu schnell, nicht wahr?«
    »O ja. Du lieber Himmel. Gelobet sei der Herr.«
    »Amen.«
    Langsam ging sie auf die Fahrertür zu. Als sie sich ans Steuer gesetzt hatte, griff sie in ihre Börse und fischte zwei Münzen heraus. »Für Ihre Mühe«, sagte sie und reichte Byrne das Geld. Byrne hob protestierend die Hände, doch die Geste rührte ihn.
    »Ich bitte Sie«, sagte Byrne. »Behalten Sie das Geld, und spendieren Sie sich eine Tasse Kaffee.« Ohne zu widersprechen, steckte die Frau die beiden Münzen zurück in die Börse.
    »Das waren noch Zeiten, als man für ein paar Cent einen Kaffee bekam«, sagte sie.
    Als Byrne den Arm ausstreckte, um die Tür zuzuschlagen, ergriff die Frau mit einer unglaublich wendigen Bewegung, die er ihr gar nicht zugetraut hätte, seine Hand. Ihre dünne Haut fühlte sich kalt und trocken an. Augenblicklich schossen die Bilder durch seinen Kopf…
    … ein feuchter, dunkler Raum … die Geräusche eines Fernsehers im Hintergrund … willkommen, Back Kotter … das Flackern von Votivkerzen … das qualvolle Schluchzen einer Frau … der dumpfe Klang von Faustschlägen… Schreie in der Dunkelheit… BITTE, BITTE, SCHICK MICH NICHT AUF DEN SPEICHER…
    … als er seine Hand zurückzog. Er bemühte sich, abrupte Bewegungen zu vermeiden, um die Frau nicht zu erschrecken oder zu kränken. Doch die Bilder waren beängstigend klar und herzzerreißend real.
    »Danke, junger Mann«, sagte die Frau.
    Byrne trat einen Schritt zurück und rang um Fassung.
    Die Frau ließ den Wagen an. Kurz darauf winkte sie mit ihrer dünnen, blau geäderten Hand und kurvte über den Parkplatz.
    Zwei Dinge behielt Byrne zurück, als die alte Lady davonfuhr. Das Bild der jungen Frau, die noch immer in ihren klaren alten Augen lebte.
    Und den Klang der schrecklichen Stimme in seinem Kopf.
    Bitte, bitte, schick mich nicht auf den Speicher…
    ***
    Er stand auf der anderen Straßenseite. Das Gebäude sah bei Tageslicht anders aus, ein verwahrlostes Relikt seiner Stadt, der Schandfleck eines verfallenden Häuserblocks. Hin und wieder blieb ein Passant stehen und versuchte, einen Blick durch die schmutzigen Glasbausteine zu werfen, die die Fassade schachbrettartig zierten.
    Byrne zog etwas aus seiner Manteltasche. Es war die Serviette, die Victoria ihm gegeben hatte, als sie das Frühstück ans Bett gebracht hatte – das weiße Leinenquadrat mit dem dunkelroten Lippenstiftabdruck ihrer Lippen. Er drehte es unaufhörlich in den Händen, während er sich das Bild dieses Straßenabschnitts einprägte. Rechts von dem Gebäude auf der anderen Straßenseite befand sich ein kleiner Parkplatz. Daneben ein Gebrauchtmöbelgeschäft. Vor dem Geschäft standen zahlreiche, wie Tulpen geformte Plastikbarhocker in Reih und Glied. Links von dem Gebäude war eine Gasse. Byrne sah einen Mann, der das Gebäude verließ, links um die Ecke bog, die Gasse hinunterging und dann eine Eisentreppe zu einer Tür unterhalb des Gebäudes hinunterstieg. Nach ein paar Minuten kehrte der Mann mit zwei Kartons zurück.
    Es war ein Lager.
    Dort würde er es tun, dachte Byrne. In dem Keller. Er würde den Mann heute Nacht in dem Keller treffen.
    Da unten würde niemand sie hören.

38.
    Die Frau in dem weißen Kleid fragte: Was machst du hier? Warum bist du hier?
    Das Messer in ihrer Hand sah so scharf aus wie eine Rasierklinge. Als sie es geistesabwesend in ihren rechten Oberschenkel stach, durchdrang es den Stoff ihres Kleides und befleckte es mit blutroten Rorschach-Klecksen. Die dicken Dampfschwaden, die das weiße Badezimmer vernebelten, legten sich auf die gekachelten Wände und den Spiegel. Von der rasiermesserscharfen Klinge tropfte rotes Blut.
    Weißt du, wie es ist, wenn man jemanden zum ersten Mal trifft?, fragte die Frau in dem weißen Kleid in einem beiläufigen Plauderton, als würde sie mit einem alten Freund einen Kaffee oder einen Cocktail trinken.
    Die andere, fürchterlich zugerichtete Frau in dem Frotteebademantel starrte sie nur an, während wahnsinnige Angst in ihren Augen flackerte. Die Badewanne lief bereits über. Blut tropfte auf den Boden und bildete eine glänzende Lache, die sich immer weiter ausbreitete. Im unteren Stockwerk sickerte das Wasser durch die

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