Byrne & Balzano 02 - Mefisto
hinterlässt man eine Nachricht, richtig?«
»Ja.«
»Ich spreche noch mal mit Stephanies Chefin«, sagte Cahill. »Mal sehen, ob Alhambra LLC ihr etwas sagt.«
***
Sie versammelten sich im Dienstraum und zogen auf einem Stadtplan eine gerade Linie vom Rivercrest Motel zu den Büros von Braceland Westcott McCall. Die ermittelnden Beamten hatten vor, die Anwohner in diesem Viertel zu befragen und sich in den Geschäften und Unternehmen umzuhören.
Irgendjemand musste Stephanie an dem Tag ihres Verschwindens gesehen haben.
Als sie die verschiedenen Aufgaben verteilten, kehrte Ike Buchanan zurück. Mit grimmiger Miene und einem vertrauten Gegenstand in der Hand kam er auf sie zu. Der grimmige Gesichtsausdruck des Chefs konnte nur eines bedeuten: mehr Arbeit. Viel mehr Arbeit.
»Was ist los?«, fragte Jessica.
Buchanan hielt den Gegenstand in die Höhe, ein bis zu Beginn der Ermittlungen harmloses Objekt aus schwarzem Plastik, das jetzt einen üblen Beigeschmack bekommen hatte. »Wir haben ein zweites Band«, sagte er.
36.
Als Seth das Hotel erreichte, hatte er seine Anrufe getätigt. Falls es zu keiner Katastrophe kam, würde er die Sache überleben. Wenn Seth Goldman eine besondere Fähigkeit besaß, dann die, Katastrophen zu überstehen.
Und dann präsentierte sich das Unheil in Gestalt eines billigen Kunstseidenkleides.
Sie stand vor dem Haupteingang des Hotels und sah aus, als wäre sie hundert Jahre alt. Selbst aus einer Entfernung von drei Metern roch er die Fahne.
In billig produzierten Horrorfilmen wurde immer mit einem todsicheren Mittel gearbeitet, um den Zuschauern klarzumachen, dass das Ungeheuer in der Nähe lauerte: die musikalische Untermalung. Die bedrohlichen Cellos vor den hellen Klängen der Blechinstrumente im Augenblick des Angriffs.
Seth Goldman brauchte keine Musik. Das Ende – sein Ende – war eine stumme Anklage in den geschwollenen roten Augen einer Frau.
Das durfte er nicht zulassen. Auf gar keinen Fall. Er hatte zu hart und zu lange gearbeitet. Es hing alles von ihrem Film The Palace ab, und er würde nicht zulassen, dass sich ihnen jemand in den Weg stellte.
Wie weit würde er gehen, um Schadensbegrenzung zu betreiben? Er würde es bald wissen.
Ehe jemand ihn gesehen hatte, nahm er sie beim Arm und führte sie zu einem wartenden Taxi.
37.
»Ich komme schon zurecht«, sagte die alte Frau.
»Lassen Sie mich nur machen«, erwiderte Byrne.
Sie standen auf dem Parkplatz eines Aldi-Marktes in der Market Street. Die Frau war Ende siebzig oder Anfang achtzig und spindeldürr. Sie hatte feine Gesichtszüge und durchscheinende gepuderte Haut. Trotz der Hitze und obwohl für die nächsten drei Tage kein Regen vorhergesagt worden war, trug sie einen zweireihigen Wollmantel und blaue Gummischuhe. Sie war dabei, ein halbes Dutzend Einkaufstüten in ihren Wagen zu laden, einen zwanzig Jahre alten Chevy.
»Schauen Sie sich mal an«, sagte sie und zeigte auf seinen Stock. »Ich müsste Ihnen helfen.«
Byrne lachte. »Mir geht es gut, Ma'am«, sagte er. »Ich hab mir nur den Fuß verstaucht.«
»Natürlich. Sie sind noch jung«, sagte sie. »Wenn man sich in meinem Alter den Fuß verstaucht, wird man sofort aus dem Verkehr gezogen.«
»Sie sehen noch ziemlich rüstig aus«, meinte Byrne.
Die Frau lächelte und errötete wie ein junges Mädchen. »Ach Sie.«
Byrne half ihr, die Einkaufstüten auf die Rückbank des Chevys zu stellen. Im Wagen sah er ein paar Haushaltsrollen und zwei Pakete Kleenex. Außerdem lagen dort ein Paar Fausthandschuhe, eine Wolldecke, eine Wollmütze und eine schmutzige gesteppte Skiweste. Da diese Frau mit Sicherheit nicht vorhatte, die Hänge des Camelback Mountain zu erklimmen, nahm Byrne an, dass sie diese Accessoires für Notfälle spazieren fuhr, falls die Temperatur auf kühle fünfundzwanzig Grad sank.
Ehe Byrne die letzte Einkaufstüte in den Wagen geladen hatte, klingelte sein Handy. Er zog es aus der Tasche und klappte es auf. Es war eine SMS von Colleen. Sie schrieb ihm, dass sie erst am Dienstag ins Ferienlager fuhr, und fragte, ob sie am Montagabend zusammen essen könnten. Byrne schrieb zurück, dass er gerne mit ihr zu Abend essen würde. Unmittelbar nach Erhalt der SMS antwortete Colleen:
KEWL! LUL! CBOAO :)
»Was ist denn das?«, fragte die Frau und zeigte auf sein Handy.
»Das ist ein Handy.«
Die Frau schaute ihn an, als hätte Byrne ihr gerade erklärt, dass es ein Raumschiff für winzige Außerirdische sei. »Das ist ein
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