Byrne & Balzano 3: Lunatic
eine schmutzige Arbeit, Jess. Das tue ich für die Mordkommission.«
Als sie in den Wagen stiegen und sich anschnallten, klingelte Byrnes Handy. Er meldete sich und lauschte. Dann schaltete er das Handy aus, ohne ein Wort zu sagen. Er wandte den Kopf ab und schaute aus dem Seitenfenster.
»Was ist?«, fragte Jessica.
Byrne antwortete ihr nicht sofort, als hätte er ihre Frage nicht gehört. Schließlich sagte er: »Das war John.«
Byrne meinte John Shepherd, einen Kollegen aus der Mordkommission. Er ließ den Motor an, stellte das Blaulicht aufs Armaturenbrett, gab Gas und jagte los.
»Kevin.«
Byrne schlug mit der Faust aufs Armaturenbrett. Zweimal. Dann atmete er tief ein, atmete aus, drehte sich zu Jessica um und sagte etwas, womit sie am allerwenigsten gerechnet hätte: »Walt Brigham ist tot.«
28.
A ls Jessica und Byrne am Tatort auf dem Lincoln Drive eintrafen – ein Abschnitt des Fairmount Parks in der Nähe des Wissahickon Creek –, standen dort drei Vans der Kriminaltechnik und drei Streifenwagen. Fünf Detectives waren bereits vor Ort. Die Straße war mit Flatterband abgesperrt. Der Verkehr, der über zwei Spuren umgeleitet wurde, kroch langsam vorbei.
Für die Polizei war dieser Tatort mit hilflosem Schmerz und zorniger Entschlossenheit verbunden. Der Tote war einer von ihnen gewesen.
Der Leichnam bot einen abscheulichen Anblick.
Walt Brigham lag auf dem Seitenstreifen der Straße vor seinem Wagen auf der Erde. Er lag auf dem Rücken, die Arme zur Seite gestreckt, die Handflächen wie flehend nach oben gerichtet. Er war verbrannt worden. Der beißende Geruch der verkohlten Haut, des verbrannten Fleisches und der versengten Knochen hing in der Luft. Sein Leichnam war völlig verkohlt. Mitten auf der Stirn lag seine goldene Dienstmarke.
Jessica hätte sich beinahe übergeben. Sie musste sich von dem entsetzlichen Anblick abwenden. Sie dachte daran, wie Walt am vergangenen Abend ausgesehen hatte. Sie war ihm vorher nur einmal begegnet, doch er genoss einen ausgezeichneten Ruf in der Abteilung und hatte viele Freunde.
Jetzt war er tot.
Die Detectives Nicci Malone und Eric Chavez würden den Fall übernehmen.
Nicci Malone war einunddreißig Jahre alt. Sie war vor nicht allzu langer Zeit in die Mordkommission versetzt worden, nachdem sie vier Jahre im Drogendezernat gearbeitet hatte. Neben Jessica war sie die einzige Frau in der Abteilung. Nicci war eins fünfundsechzig groß und wog fünfundfünfzig Kilo. Als blonde, blauäugige, hübsche Frau musste sie beweisen, was in ihr steckte. Nicci und Jessica hatten bereits vor einem Jahr bei der Aufklärung eines Falles zusammengearbeitet und sich auf Anhieb gut verstanden. Sie hatten sogar mehrmals zusammen trainiert. Nicci machte Taekwondo.
Eric Chavez war schon seit vielen Jahren dabei und der Modefreak der Abteilung. Chavez konnte an keinem Spiegel vorbeigehen, ohne einen Blick hineinzuwerfen. In den Schubladen seines Schreibtisches stapelten sich Zeitschriften: Gentlemen’s Quarterly , Esquire und Vital . Ihm entging kein neuer Modetrend, und gerade diese Liebe zum Detail machte ihn zu einem guten Ermittler.
Byrnes Rolle würde sich auf die eines Zeugen beschränken. Er war einer der Letzten, der im Finnigan’s Wake mit Walt Brigham gesprochen hatte. Allerdings erwartete niemand, dass Byrne sich während der Ermittlungen zurückhalten würde. Wenn ein Polizist ermordet wurde, stürzten sich ungefähr sechstausendfünfhundert Männer und Frauen auf den Fall.
Sämtliche Cops in Philadelphia.
Marjorie Brigham war eine schmächtige Frau Ende fünfzig. Sie hatte ein schmales Gesicht, einen frischen Teint, kurz geschnittenes silbergraues Haar und die ein wenig rauen, sauberen Hände einer Frau aus der Mittelschicht, die stets alle Hausarbeiten selbst erledigt hatte. Sie trug eine hellbraune Hose und einen schokoladenbraunen Zopfmusterpullover. An ihrer linken Hand steckte ein schlichter Goldring.
Das Wohnzimmer war im Early American Style eingerichtet; die Wände waren mit einem fröhlichen beigefarbenen Gingan tapeziert. Vor dem Fenster mit Blick auf die Straße stand ein Ahorntisch, auf dem eine Reihe prächtiger Pflanzen standen. In einer Ecke des Esszimmers stand ein Christbaum aus Aluminium mit weißen Lichtern und rotem Schmuck.
Als Byrne und Jessica eintrafen, saß Marjorie gegenüber vom Fernseher in einem Ohrensessel. Sie hielt einen schwarzen Pfannenwender aus Teflon in der Hand, als wollte sie eine verwelkte Blume entsorgen. Heute
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