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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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wenn sie es wirklich wolle. Er riet ihr, darüber zu schlafen, aber nur eine Nacht. Er sagte, die besten Entscheidungen im Leben würde man treffen, wenn man vierundzwanzig Stunden gewartet hätte, aber nicht länger. Dann gab er ihr hundert Dollar und seine Telefonnummer. Lilly versprach, ihn auf jeden Fall anzurufen. Und sie brach ihre Versprechen nie.
    Lilly kehrte in ihre Unterkunft zurück. Sie war nicht schlechter als andere in dieser Preisklasse.
    Obwohl es noch ziemlich früh war und sie einen höllischen Tag hinter sich hatte, schlief sie zum ersten Mal seit ewigen Zeiten ein, kaum dass ihr Kopf das Kissen berührte.

48.
    J ESSICA STAND VOR Eve Galvez’ kleiner Wohnung, die im zweiten Stock eines schlichten Wohnblocks in der Bustleton Avenue lag.
    Sie trat ein und hätte beinahe das Licht eingeschaltet, verzichtete aus Respekt vor der Toten dann aber darauf. Als Eve diese Räume zum letzten Mal verlassen hatte, hatte sie die feste Absicht gehabt, hierher zurückzukehren.
    Jessica schaute sich im Licht der Taschenlampe um. Ein Tisch in der Essecke, ein Klappstuhl, ein kleines Sofa im Wohnzimmer, zwei Beistelltische. An den Wänden hingen keine Fotos, keine Drucke und keine Poster. Auch gab es keine Grünpflanzen, keinen Teppich und keine Läufer. Auf sämtlichen Oberflächen haftete das schwarze Pulver, mit dem Kriminaltechniker nach Fingerabdrücken suchten.
    Jessica betrat das Schlafzimmer. Ein Doppelbett auf einem einfachen Bettgestell ohne Kopf- und Fußteil. Eine Kommode, aber kein Spiegel. Jimmy Valentine hatte recht: Eve hatte spartanisch gelebt. Auf dem Nachttisch neben dem Bett standen eine billige Lampe und ein Fotowürfel. Jessica schaute in den Schrank: Ein paar Kleider, ein paar Röcke. Schwarz und dunkelblau. Ein paar weiße Blusen. Sie waren alle von den Bügeln gezogen, untersucht und nachlässig wieder aufgehängt worden. Jessica griff in den Schrank und strich aus reiner Gewohnheit über die Kleidung.
    Alle Zimmer waren sauber, beinahe steril. Es sah fast so aus, als hätte Eve Galvez gar nicht in dieser Wohnung gewohnt, sondern sich nur von Zeit zu Zeit dort aufgehalten.
    Jessica durchquerte das Schlafzimmer und nahm den Fotowürfel in die Hand. Auf allen sechs Seiten waren Bilder. Ein Foto zeigte Eve im Alter von vielleicht fünf Jahren. Sie stand neben ihrem Bruder an einem Strand. Die Frau auf einem anderen Foto musste Eves Mutter sein. Sie hatte die gleichen Augen und die gleichen Wangenknochen. Auf einem Foto war Eve in der zehnten oder elften Klasse und ein bisschen dicker als auf den anderen Bildern. Jessica drehte den Würfel und schaute sich alle Fotos noch einmal an. Es war kein Foto von Eves Vater dabei.
    Vielleicht war es Gewohnheit, vielleicht hatte es mit ihrer Ausbildung zu tun, oder es war reine Neugier, die letztendlich auch zu Jessicas Berufswahl geführt hatte – jedenfalls hielt sie sich den Würfel ans Ohr und schüttelte ihn. Im Innern klapperte etwas. Sie schüttelte ihn noch einmal. Das Klappern wurde lauter. In dem Würfel steckte irgendetwas.
    Es dauerte einen Moment, bis es Jessica gelang, den Würfel zu öffnen. Im Innern steckten eine Papierkugel und ein Gegenstand aus Plastik, etwa fünf Zentimeter lang und einen Zentimeter breit. Jessica hielt den Strahl der Taschenlampe darauf.
    Es war ein externer Massenspeicher, ein USB-Stick, der in den Port eines Computers gesteckt wurde. Er trug keine Beschriftung und kein Etikett. Jessica sah das Pulver auf dem Würfel und wusste daher, dass ein Kriminaltechniker ihn auf Fingerabdrücke untersucht hatte. Noch einmal schaute sie ins Innere des Würfels. Der USB-Stick war in das Papier eingewickelt gewesen. Offenbar hatte Eve ihn ins Papier gewickelt und im Würfel versteckt, damit er nicht klapperte, falls genau die Situation eintreten sollte, die jetzt eingetreten war.
    Obwohl Jessica wusste, dass sie die Dienstvorschriften verletzte, steckte sie den USB-Stick in die Tasche und knipste die Taschenlampe aus.
    Fünf Minuten später verließ sie die Wohnung so, wie sie sie vorgefunden hatte, und fuhr nach Hause.
    Eine Stunde später saß Jessica in der Badewanne.
    Es war Samstag. Vincent hatte zwei Tage frei. Er war mit Sophie zu seinen Eltern gefahren. Sie wollten am Sonntagnachmittag zurückkehren.
    Es war ungewohnt still im Haus, beinahe gespenstisch; deshalb hatte Jessica ihren iPod mit in die Badewanne genommen. Als sie nach Hause gekommen war, hatte sie Eves USB-Stick an ihren Computer angeschlossen und

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