Byrne & Balzano 4: Septagon
oder warf sie in den Fluss, sobald das höllische Feuer, das in ihm brannte, erloschen war? In Philadelphia gab es zwei Flüsse, die bestens geeignet waren, sich einer Leiche zu entledigen. Hinzu kam noch der Wissahickon Creek. Die Polizei fischte ständig Leichen und Leichenteile aus den Flüssen.
Byrne hatte es schon mehrmals mit zerstückelten Leichen zu tun gehabt, wenn das Opfer von einer der zahlreichen Mafiabanden in Philadelphia ermordet worden war: den Italienern, den Kolumbianern, den Mexikanern, den Jamaikanern. Wenn sie mit den barbarischen Morden der Unterwelt konfrontiert wurden, bekamen die Cops in der Stadt der brüderlichen Liebe alles geboten.
Aber dieser Mord hatte nichts mit der Mafia zu tun.
Zwei Ausreißerinnen. Eine ertrunken, eine zerstückelt.
Hatten sie genug in der Hand, um eine Verbindung zwischen diesem Mord und dem an Caitlin O’Riordan herzustellen? Es würde eine Weile dauern, bis die detaillierten Untersuchungsergebnisse der Gerichtsmedizin vorlagen – Haare, Fasern, Blut, Fingerabdrücke. Sie hatten aber den Anruf auf der Hotline und die kryptischen Hinweise in der Bibel.
»Das ist unser Mörder.«
»Das wissen wir noch nicht«, widersprach Byrne, der den Advocatus Diaboli spielte.
Jessica streckte die Arme aus, verschränkte sie wieder und trommelte nun mit beiden Fingern auf ihre Bizepse. »Okay. Ich weiß, dass wir hier in den Badlands sind, Partner, aber selbst in dieser Gegend überschreitet so etwas eindeutig die Grenzen.« Jessica nahm ihre Sonnenbrille ab und warf sie in den Wagen. »Das war Monica Renzis Herz. Du weißt es, und ich weiß es. Die DNA-Analyse wird es bestätigen. Morgen steht es in allen Zeitungen auf der Titelseite, und dann bricht die Hölle los.«
Byrne nickte. Wahrscheinlich hatte sie recht.
»Willst du wissen, was passiert ist?«, fuhr Jessica fort. »Ich werde es dir sagen. Dieses kranke Schwein hat Monica ermordet, zerstückelt und in Kisten gepackt. Ihr Herz hat er in ein Glasgefäß gelegt und in einen Kühlschrank gestellt. Dann hat er uns zu der Bibel mit seinen psychopathischen Hinweisen geführt und gehofft, dass wir diesen ausgeklügelten Scheiß mit diesem Jeremia Crosley durchschauen, hierherkommen und seine hübsche Überraschung finden. Und das haben wir. Jetzt lacht der Mistkerl sich irgendwo eins ins Fäustchen und freut sich, wie clever er ist.«
Byrne stimmte ihr im Stillen zu. Genauso war es abgelaufen.
»Er hat es auf Ausreißerinnen abgesehen, Kevin«, fuhr Jessica fort. »Einsame Kids. Zuerst dieses Mädchen und dann Caitlin. Er hat Monica Renzi zu gut versteckt. Als niemand sie gefunden hat, musste er das Spiel ankurbeln. Er läuft noch immer da draußen herum, und er wird es wieder tun. Dieser Scheißtyp, dieser Scheißjob. Ich könnte kotzen.«
Byrne kannte Jessica sehr gut. Mitunter gingen die Gefühle mit ihr durch. Das hatte mit den Genen zu tun. Sie war Italienerin, aber er hatte selten erlebt, dass sie an einem Tatort so sehr in Rage geriet. Irgendwann machte der Stress jeden fertig. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Alles in Ordnung?«
»Klar. Alles bestens, Partner.«
»Hör zu. Wir werden diesen Irren finden. Das Labor wird alle Spuren, die wir in beiden Fällen haben, akribisch unter die Lupe nehmen und die Ergebnisse vergleichen. Es gibt eine Million Möglichkeiten, Spuren bei einem solchen Verbrechen zu hinterlassen. Dieser Kerl mag ein Teufel sein, aber er ist kein Genie. Das sind die Typen nie.«
Zitternd vor Wut starrte Jessica einen Moment zu Boden, ehe sie eine Mappe aus dem Wagen nahm und ein Blatt herauszog. »Schau dir das mal an.«
Sie reichte Byrne das Blatt. Es war eine Kopie des Ermittlungsprotokolls im Mordfall Caitlin O’Riordan.
»Was soll ich mir ansehen?«
»Diese drei Namen«, erwiderte Jessica und zeigte auf die Einträge im Protokoll. Es waren Vornamen oder Spitznamen, aber keine Familiennamen. Drei Personen, die an dem Tag befragt worden waren, als Caitlins Leichnam gefunden wurde. Sämtliche Verhöre waren von dem verstorbenen Detective Freddy Roarke vorgenommen worden. »Warum ist mir das nicht vorher aufgefallen, verdammt!«
»Was denn?«, fragte Byrne.
»Sie wurden im Mai befragt«, sagte Jennifer. »Die Notizen fehlen, und in der Akte ist auch kein abgeschriebenes Protokoll.«
»Hast du die ganze Akte durchgesehen?«, fragte Byrne. »Es gibt keine Notizen?«
»Nein. Nicht über die Befragungen dieser drei Personen. Die Notizen fehlen. Alles andere ist in der
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