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Byrne & Balzano 4: Septagon

Titel: Byrne & Balzano 4: Septagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Montanari
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Füße zu massieren. Doch sie besann sich rasch eines Besseren. Es würde sich nicht gut machen, wenn die Leute ein ehemaliges City Hall Bunny mit Löchern in den Stützstrümpfen sehen würden.
    Zehn Minuten später stand Antoinette unten in der Eingangshalle und winkte ihren letzten Gästen des Tages hinterher.
    Dann schaute sie sich um. War der nette Mann, der sich nach der Uhr erkundigt hatte, mit den anderen hinuntergefahren? Natürlich. Wo sollte er sonst sein?
    Antoinette Ruolo trug sich aus und steuerte dann auf den Ausgang am Südportal zu. Als sie die Tür aufstieß und in den heißen Nachmittag hinaustrat, fühlte sie sich besser. Es gab mindestens ein Dutzend Gründe, warum Antoinette froh war, dass heute Freitag war. Ein Grund überwog jedoch bei Weitem.
    Sie musste eine Woche lang keinen Thunfisch essen.

32.
    L ILLYS B LICK SCHWEIFTE über die Gastronomiemeile im Bahnhof. Als ihr die Essensdüfte in die Nase stiegen, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Sie dachte an ihr letztes richtiges Essen, ein kleines Frühstück für $ 1,99 in einem Schnellrestaurant an der Route 61, ein heruntergekommener Schuppen mit Plastikmöbeln, Wasserflecken an der Decke und uralten Kaugummis unter den Sitzen.
    Doch als sie jetzt, achtundvierzig Stunden später, in der Gastronomiemeile im Bahnhof in der Dreißigsten Straße saß, rumpelte ihr Magen wie einer der Züge, die unter ihr über die Gleise ratterten.
    Das war das Leben einer Ausreißerin. Sie wusste, was sie tun musste.
    Der Zweck heiligt die Mittel.
    Der Mann beobachtete sie.
    Lilly spürte die Blicke. Sie hatte schon immer ein ausgeprägtes Gespür dafür gehabt, eine Art siebten Sinn, wenn jemand sie anschaute, selbst wenn die Person hinter ihrem Rücken, auf der anderen Seite eines Zimmers oder auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand. Sie spürte es als ein leichtes Kribbeln auf der Haut und als fast unmerkliches Kräuseln der Nackenhärchen.
    Sie drehte sich um, warf dem Mann einen flüchtigen Blick zu und schaute wieder weg. Sein Alter war schwer einzuschätzen. Irgendwo zwischen dreißig und fünfzig. Sobald Lilly wegschaute, starrte er sie wieder an. Er saß zwei Tische von ihr entfernt und rückte jetzt näher zu ihr heran.
    »Hallo«, sagte er.
    Lilly ließ ihn ein bisschen zappeln. Sie wusste, warum er sie anquatschte. »Hallo«, entgegnete sie dann.
    Das Gesicht des Mannes hellte sich auf. Offenbar hatte er nicht mit einer Antwort gerechnet. Er räusperte sich. »Bist du gerade mit dem Zug hier angekommen?«
    Lilly nickte.
    »Gerade eben?«
    Sie nickte wieder, ein wenig zu lebhaft. Sie kam sich vor wie eine Wackelkopffigur. Sie sollte sich wie ein normaler Mensch benehmen. »Vor ein paar Minuten.«
    »Wie aufregend«, sagte der Mann. »Ich fahre wahnsinnig gerne mit dem Zug.«
    Wie aufregend, dachte sie spöttisch. Es war wirklich wahnsinnig toll, mit dem Zug zu fahren. Was bekam man nicht alles geboten: verbrannten Kaffee, alte Sandwichs, verschwitzte, stinkende Passagiere, dreckige Fenster, durch die man auf schäbige Häuser sah, in denen man billig wohnen konnte, weil sie direkt an den Bahngleisen lagen. Ja, das ist mein Traumurlaub. Das und Cazumel.
    »Ist ganz okay«, sagte sie.
    »Bist du zum ersten Mal in Philadelphia?«
    »Ja, Sir.«
    Er runzelte die Stirn. »Sir?« , wiederholte er lachend, doch es klang gekünstelt. » So viel älter als du bin ich nun auch wieder nicht, oder?«
    Doch, das war er, und was er hier versuchte, war eine ganz miese, plumpe Anmache.
    »Nein«, sagte sie und bemühte sich um einen aufrichtigen Tonfall. »Eigentlich nicht.«
    Er lächelte wieder und entblößte seine faulen Zähne.
    »Hm. Du bist also zum ersten Mal in der Stadt der brüderlichen Liebe. Ich könnte dir alles zeigen«, sagte er. »Natürlich nur, wenn du Zeit hast. Es ist eine tolle Stadt. Man trifft überall auf Spuren der Vergangenheit.«
    Lilly warf einen kurzen Blick auf die Türen, die zur Neunundzwanzigsten Straße führten. Es war fast dunkel. Die Lichter auf der Straße schimmerten in verschwommenen grünen, roten und türkisblauen Farben. Sie schaute den Mann wieder an und versuchte, ihn einzuschätzen. Er war nicht viel größer als sie und sah nicht besonders kräftig aus. Sie hingegen spielte seit ihrem siebten Lebensjahr Fußball und Lacrosse. Sie hatte muskulöse Beine und starke Arme. Und sie war blitzschnell.
    »Das wäre unheimlich toll«, erwiderte sie in begeistertem Tonfall, ohne es zu übertreiben.
    Der Mann schaute

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