Byzanz - Konstantinopel - Istanbul
wurden zeitweise Kriegsgefangene untergebracht,
die in aller Regel als Galeerensklaven vorgesehen waren. Auch dieses Bauwerk konnte manchem der zahlreichen Erdbeben nicht
standhalten und wurde 1509 stark beschädigt. Doch auf Initiative ortsansässiger Familien wurde der Turm in den folgenden Jahren
ebenso wie die Befestigungsanlage wieder ausgebessert.
Weithin sichtbar ragt der Galataturm als heimliches Wahrzeichen Istanbuls aus der dichten Bebauung heraus.
Eine friedlichere Bestimmung erfuhr der Galataturm unter Selim II., als er von dem Astronomen Takiuddin restauriert und als
astronomisches Observatorium genutzt wurde. Im 17. Jh., während der Herrschaft von Sultan Mustafa II., verfolgte der Obermufti
Feyzullah Efendi zusammen mit einem Jesuiten ebenfalls das Vorhaben, ein Observatorium auf |77| dem Turm einzurichten, was nach dessen Tod 1703 jedoch nie zu Ende gebracht wurde.
Nach den ersten verheerenden Großbränden im 17. Jh., die in der Stadt große Schäden anrichteten, wurde der Turm als Feuerwache
genutzt, von wo aus mit der
Kös
(große Trommel) Alarm geschlagen wurde, sobald irgendwo ein Feuer aufflammte. Doch bei den Großbränden der Jahre 1794 und
1832 brannte auch der Galataturm nieder und musste danach wieder aufgebaut werden, sein 1875 durch einen Sturm zerstörtes
konisches Dach hingegen wurde seinerzeit nicht erneuert.
Bei umfangreichen Renovierungsarbeiten in den 1960er Jahren, die sich stark an der architektonischen Gestaltung des Gebäudes
in genuesischer Zeit orientierten, entstand u. a. eine neue konische Dachkonstruktion; bauliche Ergänzungen und Modifikationen
aus osmanischer Zeit, wie etwa die große Anzahl an Fenstern, wurden indessen beibehalten.
1967 schließlich privatisierte man den Turm und öffnete ihn für Besucher. Auf der Südseite führen zwei geschwungene Treppenaufgänge
aus Marmor, die noch in der Zeit Mahmuds II. (1808–1839) anstelle einer älteren Konstruktion aus Holz entstanden, zum Haupteingang.
Eine in arabischer Kalligraphie gehaltene Inschrift ziert dekorativ die Tür; in ihr wird der Sultan für die Restaurierung
des Turms im Jahr 1832 gerühmt. Über der geräumigen Eingangshalle befinden sich neun Stockwerke, von denen das oberste (heute
als Nachtclub und Bar genutzt) von einer ringförmigen Aussichtsterrasse umgeben ist. In den unteren Geschossen ist die Anzahl
der Fenster relativ gering, und erst ab der sechsten Etage treten große mit Rundbögen gerahmte Öffnungen an die Stelle der
sonst üblichen schmalen Sichtschlitze. Während die oberen Räumlichkeiten des Turms heute bequem über einen Aufzug zu erreichen
sind, gelangte man in früherer Zeit über einen im Inneren der massiven Außenmauern gelegenen Treppenaufgang in den fünften
Stock. Von hier aus führte dann eine hölzerne Wendeltreppe zu den höher gelegenen Etagen. Im siebten Stockwerk erinnert ein
Relief an den im 17. Jh. lebenden Flugpionier Hezarfen Ahmed Çelebi (1609–1640), der, so wird berichtet und gleichsam von
anderen angezweifelt, im Jahre 1638 vollbrachte, was zuvor und noch lange danach keinem anderen gelang. Mit selbstgebauten
Flügeln soll er vom Galataturm die knapp drei Kilometer lange Strecke zwischen Europa und Asien über den Bosporus gleitend
überbrückt haben und auf dem Doğancılar Meydanı im Stadtteil Üsküdar unbeschadet gelandet sein. Sultan Murad IV., der dies
von seinem Palast aus beobachten konnte, belohnte Ahmed Çelebi für diese tollkühne Leistung reichlich mit Goldstücken. Gleichzeitig
sah er jedoch auch eine enorme Bedrohung von ihm ausgehen, da er offensichtlich imstande war, alles zu verwirklichen, was
er sich vorgenommen hatte. Um seine Herrschaft keiner etwaigen Gefahr auszusetzen, verbannte er ihn nach Algerien, wo Çelebi
den Rest seines Lebens verbrachte.
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|78| Karacaahmet-Friedhof
Letzte Ruhe im Zypressenhain
Von osmanischen Friedhöfen geht eine ganz besondere Faszination aus. Insbesondere die Kopf- und Fußsteine, mit ihren verschiedenen
Turban- und Fesformen bei männlichen Bestattungen bzw. den Frauenkopfbedeckungen bei weiblichen Bestattungen, die bereits
manches über den Verstorbenen verraten, vermitteln ein Bild, das für das westeuropäische Auge etwas geradezu Geheimnisvolles
ausstrahlt. Geschmückt sind die Denkmäler meist noch mit pflanzlichen Darstellungen, Ornamenten und tragen Inschriften mit
Segenswünschen oder Gedichten sowie Name, Todesdatum und
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