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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Reihen brach Panik aus.
    Kurz entschlossen wandte sich Alexios zu den Rittern um und brüllte: »Meine Herren, wir können hier nur noch sterben. Siegen werden wir nicht! Lasst die Türken sich zuschanden hauen. Wir ziehen uns zurück!«
    Die Männer nickten beifällig. Ihren Lohn hatten sie bereits erhalten, und Beute war hier kaum zu machen, sie befanden sich schließlich auf freiem Feld und belagerten keine Stadt, die man anschließend plündern konnte. Selbst Înger bellte zustimmend.
    Alexios Angelos gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte im Bogen vom Schlachtfeld fort, und alle Ritter folgten ihm. Die Heereslinie, die zu vibrieren begonnen hatte und nur noch von den Christen gehalten wurde, zerbrach. Über das sich auflösende Heer fielen die Truppen Murads her und massakrierten diejenigen, die nicht rechtzeitig zu fliehen vermochten. Die erste richtige Feldschlacht, an der beinahe der junge Fürst teilgenommen hätte, geriet zu einem Fiasko. Er fühlte Zorn und Trauer darüber. Mustafa und Dschuneid versagten so eklatant, dass der Fürst sie in Stücke hauen würde, wenn sie ihm über den Weg liefen. Bitterkeit stieg in ihm hoch, wenn er daran dachte, dass er zumindest mit dem Befehl zum rechtzeitigen Rückzug als Feldherr gehandelt hatte, denn ein guter Befehlshaber durfte nicht grundlos das Leben der ihm anvertrauten Männer gefährden. Seine Aufgabe bestand darin, seine Männer in die Schlacht, nicht aber auf die Schlachtbank zu führen. Murads Leute waren zu sehr mit dem Zusammenhauen ihrer Landsleute beschäftigt, als dass sie die flüchtenden Ritter hätten verfolgen können.
    An der anatolischen Küste nahmen Schiffe die christlichen Haudegen auf und brachten sie auf ihre Inseln zurück.
    Alexios sah sich um die Früchte seiner Anstrengungen betrogen. Er verstand nicht, wie es zu dieser Schmach kommen konnte. Alles war doch bis ins Kleinste vorbereitet gewesen. Und nun dies! Es blieb ihm ein Rätsel, weshalb so viele Fürsten ihr Wort gebrochen hatten und Mustafa im entscheidenden Moment die Nerven verlor. Für die meisten von ihnen gehörten Gefechte und Schlachten zum Leben dazu wie das Zähneziehen für den Barbier. Am unverständlichsten dünkte ihm Dschuneids Flucht. Woher sollte Alexios auch wissen, dass Halil Pascha mit einigen Fürsten heimliche Verhandlungen geführt und ihre Neutralität zu einem hohen Preis erkauft hatte, andere wiederum Wind davon bekamen, dass Mustafa sehr leichtfertig Städte und Ländereien doppelt bis dreimal vergeben hatte, und sich deshalb verärgert über den Betrug von ihm abwandten? Dem durchtriebenen Wesir gelang es sogar, Dschuneid ein Angebot zu unterbreiten, das den alten Ränkeschmied zumindest nachdenklich stimmte. Als der Emir dann das enttäuschend kleine Heer sah und Mustafa vergeblich suchte, beschloss der alte Fuchs, das Angebot des jungen Sultans anzunehmen.
    Alexios jedenfalls strandete auf der Insel Negroponte und fühlte sich wie ein Schiffbrüchiger. Weder dem Kaiser, schon gar nicht dem Mitkaiser in Konstantinopel wagte er, unter die Augen zu treten. Manuel II. dürfte seinen Sohn anständig gerüffelt haben, weil er mit seiner ablehnenden Haltung am Ende leider recht behalten hatte. Und Johannes würde Alexios den Tadel verübeln, der ihn traf, weil er auf ihn gehört hatte. Es half nichts, über die trostlose Wahrheit hinwegzuschauen, dass Alexios von seinem Ziel, Kaiser zu werden, weiter entfernt war denn je. Der Sturz aus dem Himmel der Hoffnungen war für ihn längst nicht zu Ende, denn er fiel immer noch, in eine Tiefe, die er nicht abzuschätzen vermochte und an der ihn nur beeindruckte, dass es weiter hinabging.
    Natürlich hinderte ihn niemand daran, dorthin zu gehen, wohin es ihn gelüstete, aber es zog ihn nirgends hin, weil er sich auch nirgends willkommen fühlen durfte. Wo man ihn nicht gleich abweisen würde, wäre er nur widerwillig geduldet – gescholten, verhöhnt vielleicht oder verspottet. Der einzige Ort, den er hätte wählen können, wäre der Stammsitz seiner Familie auf dem Epiros, aber dort würden die Geschwister und ihre Familien ihn als politischen Wirrkopf und Versager betrachten und ihn fühlen lassen, dass er vom Familienvermögen lebte. Mehr noch, sie würden ihm vorhalten, dass er nahm, ohne zu geben, ein Schmarotzer, der sich für das Leben eines Großgrundbesitzers als zu fein empfand und als Höfling blutig gescheitert war. Seine Brüder und Schwestern, aber auch die Schwäger und Schwägerinnen würden

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