Byzanz
Jahreszeit ungewöhnlich kühler Wind über die Kampfaufstellungen der beiden Heere.
Seine Stimmung stand im größten Gegensatz zum Wetter. Würde seine Freude Wolken vertreiben können, müsste sich ein blauer Himmel mit einer lachenden Sonne über die Kämpfer aufspannen. Alexios Angelos hielt mit seinen fünfzig Rittern – überwiegend Katalanen, aber auch Franzosen, Burgunder, Venezianer, Genuesen, ein paar Sizilianern, die sich auf den Inseln der Ägäis angesiedelt hatten und vornehmlich ihren Lebensunterhalt mit Piraterie verdienten, und ein paar Johannitern von der Insel Rhodos – den linken Flügel. Heute würde sich Murads Schicksal entscheiden. Über die Leiche des jungen Sultans wollte der Fürst den nächsten großen Schritt auf die Kaiserkrone zu machen. Im Stillen beglückwünschte er sich zu seinem geschickten Schachzug. Der Fürst hatte das Geld, das ihm Johannes gegeben hatte, dafür verwendet, Ritter anzuheuern, so wie es vereinbart war, um als Belohnung ein anatolisches Fürstentum zu erhalten, was er nicht mit dem Kaiser abgesprochen hatte. Diese List würde keinesfalls zu seinem Nachteil gereichen, denn erstens würde Mustafas Sieg genügend Vorteile und Landgewinn für Konstantinopel bringen und zweitens wäre es nicht seine Schuld, wenn der neue Sultan ihm aus purer Dankbarkeit ein Fürstentum schenkte.
Auch freute er sich auf das Hauen und Stechen. Bisher hatte er Duelle, Turniere und kleinere Gefechte bestritten, nie aber eine richtige Schlacht gefochten. Nun war es endlich so weit, nun konnte er sich endlich als Feldherr beweisen! Einen schöneren Ort als an der Spitze der Truppen vermochte er sich nicht vorzustellen. Manuel II. kannte dieses Gefühl, das wusste Alexios, und dafür achtete er den Alten, Johannes hingegen nicht.
Leitete sich sein Vorname Alexios nicht gar von Alexander dem Großen her, dem großen Feldherrn, dem Urbild des Kaisers, der zugleich Eroberer und Herrscher war? So überschaubar sein Fähnlein war, so bestand es doch aus Rittern, den besten Kämpfern, die man sich vorstellen konnte. Neben ihm saß sein Bannerträger auf dem Pferd, der sich immer dicht bei Alexios halten würde, denn ihm fiel die schwere Aufgabe zu, das Banner unter allen Umständen zu verteidigen. Das war eine Frage der Ehre und der Orientierung, denn die Ritter würden sich im Schlachtgetümmel immer an der Flagge ausrichten.
Alexios hatte sich vorgenommen, am rechten Flügel des Feindes vorbeizuziehen, um dann jäh mit der geballten Kraft der Eisenreiter in die Flanke von Murads Heer vorzustoßen, um so die feindlichen Reihen zu verwirren und ihm die Kraft des Angriffs abzuschneiden, wie man Sehnen kappt.
Da die Aufstellungslinie sich einwärts wölbte, entdeckte er am rechten Flügel Dschuneid mit seinen Leuten. Trotz seines fortgeschrittenen Alters hatte sich der Emir selbst an die Spitze seiner Truppen in die Schlachtordnung gestellt. Murads Heer besaß nur eine bescheidene Größe, aber auch Mustafas Aufgebot fiel kleiner aus, als Dschuneid verkündet hatte. Weder der Khan der Horde der Schwarzen Hammel war erschienen noch der Sultan von Karaman, ebenso wenig viele andere, von denen es bislang geheißen hatte, sie würden an Mustafas Seite kämpfen. Ein ungutes Gefühl beschlich den Fürsten, denn es gelang ihm nicht, Mustafa auszumachen. Er entdeckte zwar seine Generäle, doch der Feldherr selbst schien wie vom Erdboden verschluckt. Und so wie ihm erging es auch anderen. Hatte der Mann, für dessen Ansprüche sie ihr Leben riskierten, die Nerven verloren?
Der Kuvasz des Fürsten lief aufgeregt um das Pferd herum und bellte unentwegt, so als wollte er den Reiter von dem Ort wegdrängen. Dabei hatte Înger im Gegensatz zu Alexios schon einige offene Feldschlachten erlebt – Angst oder Nervosität konnte es nicht sein. Der Fürst traute den Instinkten seines Hundes. Die Unruhe des Kuvasz deutete eher auf eine Unordnung hin. Als Alexios wieder zum rechten Flügel hinüberblickte, bemerkte er ein Chaos, dessen Ursache er sich zunächst nicht einzugestehen wagte. Aber es führte kein Weg an der verheerenden Wahrheit vorbei: Dschuneid, der Mann, der unermüdlich für Mustafa intrigiert und organisiert hatte, räumte mit seinen Truppen urplötzlich das Schlachtfeld. War er nur dafür persönlich erschienen, um rechtzeitig den Rückzug einzuleiten? Das Heer geriet in ein Durcheinander. Als habe er nur auf diesen Moment gewartet, griff Murad an der Spitze seiner Reiterei an. In Mustafas
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