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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Zuneigung zu dem Tier, kniete sich zu ihm und kraulte ihm die Ohren.
    »Du hast ja recht, mein Guter.«
    Es gab jetzt niemanden auf der Welt als ihn und den Hund.
    Der Fürst streichelte den Kuvasz eine ganze Weile. Danach legte er seine Kleidung ab, lief ins Meer, während der Hund aufgeregt und wachsam am Strand hin und her lief, und wusch den ganzen Schmutz, den Alkohol, die Niederlage und den Selbsthass ab. Die Sonne glitzerte in den Wassertropfen des Meeres, dessen Türkis auf dem Weg vom Tag in die Nacht nun im Tiefblau des Abends angekommen war. Lauter Brillanten auf Saphiren. Verspielt wie ein Seehund tauchte er mehrmals unter und ließ sich von den Wellen überrollen. Er konnte vom reinigenden Wasser nicht genug bekommen. Die See schrubbte ihm Körper und Seele blank. Bei jedem Auftauchen fühlte er sich besser, bis er meinte, neu geboren worden zu sein. Ausgenüchtert und sauber beschloss er, von vorn zu beginnen. Es ging anfangs zu einfach und zu leicht. Das hätte sein Misstrauen wecken sollen. Warum sollte es ausgerechnet ihm vergönnt sein, das große Ziel mühelos beim ersten Anlauf zu nehmen? Allerdings trug die Macht in seinen Augen eine Mitschuld an dem Desaster. Sie hatte ihm nämlich ihre unauffällige, aber hilfreiche Schwester verheimlicht, ohne die nichts wird: die Geduld. Niemand erlangt Macht, der nicht zuvor die Geduld erlernt hat, aber der Ungeduldige verliert sie. Die Lektion bestand für ihn darin, sich immer von Neuem ihren Exerzitien zu unterziehen. Auch zog er aus allem die Lehre, sich künftig seine Partner genauer anzuschauen, mit Vertrauen zu geizen, vor allem aber mit Türken kein Bündnis einzugehen. Für die nächsten Schritte, die er unternehmen wollte, benötigte er dringend Rat. Ihm fiel nur ein Mensch ein, dem er sich öffnen und der ihm helfen konnte. Am nächsten Morgen brach der Fürst zu einer Reise in den Norden auf.
    Gegen Mittag des gleichen Tages erwischten Murads Häscher den falschen Mustafa in einem trostlosen Kaff in Anatolien, in dem er sich versteckt hielt, und hängten ihn wie einen gewöhnlichen Strauchdieb an den starken Ast eines freundlichen Baumes. Er soll um Gnade gebettelt und die Schuld auf seinen falschen Berater Dschuneid und die ränkereichen Byzantiner geschoben haben, es hatte ihm indes nichts genutzt. Wo auch immer er hergekommen war, hier endete er.
    *
    Der Herbst kam nach Konstantinopel und mit ihm Jakub Alhambra. Der Mann aus Bursa führte Berge gefärbten Tuchs mit sich, die Arbeiter auf Ochsenkarren in die Lagerhalle der Notaras in der Nähe des Neorion-Hafens an der Grenze zum Viertel der Genuesen brachten. Von hier aus würden sie ihren Weg nach Italien nehmen, freilich erst im Frühjahr, denn im Herbst stellte man den Schiffsverkehr über den Winter ein.
    Loukas lud Jakub zu den Gesprächen mit dem Juden Francesco Draperio ein. Einen ganzen Tag verhandelten sie detailliert und durften am Abend die Gründung eines gemeinsamen Handelskonsortiums feiern. Dadurch gelang es Loukas, einen Teil der Geschäfte unabhängig vom Wohlwollen und von der Aufsicht des Kaisers zu gestalten. Damit hatte er die Konkurrenz in Konstantinopel, die immer noch in den Kategorien der Stadt dachte und in Abhängigkeit vom Kaiserhof lebte, hinter sich gelassen. Das Handelshaus Notaras vermochte zwar noch nicht unabhängig vom Hof zu existieren, aber Loukas war auf dem Weg dorthin.
    Das Fest fand im engsten Familienkreis statt, denn sie hatten aus Vorsicht beschlossen, diese Verbindung nicht zu veröffentlichen. Weder die Konkurrenz noch der Hof mussten von der Qualität der Zusammenarbeit Kenntnis erhalten.
    Am Vorabend der Heimreise Jakubs sprach Loukas mit dem Juden bei einer Tasse Tee im Hof des Palastes über Demetrios. Er verheimlichte dem Geschäftspartner die Familienkatastrophe nicht und bat ihn deshalb, sich um seinen Bruder besonders zu kümmern.
    »Ich bin kein Arzt, schon gar nicht für die Seele, doch was ich tun kann, soll geschehen«, versprach Jakub.
    Für seinen ältesten Sohn, der tagsüber unter Loukas’ Anleitung im Kontor arbeiten sollte, hatte der Jude bereits seine Vorkehrungen getroffen. Moische bekam Quartier bei Zwi Jabne, der ihn auch in die jüdische Gemeinde der Stadt einführte.
    Sich von Demetrios zu verabschieden versetzte Loukas einen Stich ins Herz, denn in den letzten Wochen waren sich die Brüder sehr viel nähergekommen. Zuvor hatte der Jüngere den Älteren bewundert, doch nun beschäftigte sich auch der Ältere mit dem

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