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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Ahriman, den mächtigen Herrscher der Finsternis …«
    Man mochte diesen persischen Geschichten Glauben schenken oder nicht, doch in einem verkündeten sie die lautere Wahrheit: Die Menschen befanden sich schon immer im Krieg gegeneinander und verteufelten sich gegenseitig. Während der Sultan diesem Gedanken nachhing, hatten Diener der kleinen Gesellschaft Schälchen mit gebratener Leber, Schafsfleisch mit Reis, Rosinen und reichlich Obst serviert, dazu Pide, Tee, Wasser und Wein.
    Murads Stimmung war in das eigenartige Schweben zwischen Melancholie und Freude hinübergewechselt, das er nur zu gut kannte, eine fragile Balance, die ihm lieb und teuer war. Er vermutete, dass dieses Gefühl durch seine Doppeldeutigkeit eine Art Durchgang zu einer größeren Nähe zu Gott bot. So wie Gott die Sonne um Mitternacht war, empfand der Sultan in diesem Zustand Licht und Schatten nicht gleichzeitig, sondern in eins. Sosehr er auch die Gespräche mit den Gästen genoss, fühlte er das unwiderstehliche Verlangen, allein zu sein. Denn dieser Zustand war flüchtig und schillernd wie eine Seifenblase.
    Nachdem die Wesire verabschiedet waren, hatte ihn der hamdun mit einer Überraschung erfreut: Sieben neue Sklavinnen aus seinem Harem tanzten für ihn. Der Sultan liebte den Tanz. Während seine Augen den Bewegungen der Tänzerinnen folgten, schweiften seine Gedanken ins Unendliche. Wie Fische in leuchtenden Wassern schwammen die Mädchen im Licht der Fackeln. Einer der Tänzerinnen, die alle ihm zu gefallen trachteten, gelang es zu seinem Ärger, seine Aufmerksamkeit zu erregen, denn er wollte sein Denken nicht an das binden, was er sah. Ihr langes kastanienbraunes Haar, das im Schein der Fackeln ins Rötliche spielte, fiel auf Schultern und Nacken. Wie ihre Konkurrentinnen trug sie ein blaues Kleid, das ihr von der Hüfte bis zu den Knöcheln reichte und vorn geschlitzt war, sodass der Sultan in den Genuss des Anblicks ihrer wohlgeformten Beine kam. Außer einem breiten Ring und einer Kette von Gold um den Hals trug sie nichts am Oberkörper. Nicht der Anblick ihrer vollen, straffen Brüste, die sanft im Rhythmus wogten, fesselte oder erregte ihn, wie er auch ein im Wind sich wiegendes Weizenfeld mit Freude betrachten konnte, ohne dass es ihn erregte und sein Denken und Fühlen fesselte. Das laszive Versprechen, war es, das im Blick dieser Frau lag, das ihn aus der Meditation und mit sich fortriss. Gleichzeitig warnte ihn etwas. Sie schien seine Reserve zu spüren, deshalb strich sie wie ungefähr leicht mit ihrer Zunge über ihre Lippen, lachte ihn dabei mit den Augen an, selbstbewusst, nicht hingebungsvoll, nicht unterwürfig, sondern herausfordernd, verzog aber ansonsten keine Miene. Murad hatte die Glut gespürt, zu der sie fähig war, und das zog ihn an, wie es ihn zugleich abstieß. Nie zuvor hatte er die Gleichzeitigkeit von Zuneigung und Abneigung erlebt. Letztlich stieß es ihn in diese fatale Gefühlsunsicherheit.
    »Aus der Rus, glaub ich«, raunte ihm der hamdun zu.
    Beim Anblick des Mädchens musste der Sultan an Milch und Honig denken, aber auch an Leder. Die Musik verklang, die Tänzerinnen verbeugten sich tief vor dem Großherrn. Da geschah es, dass er sich abermals in ihrem Blick verfing, der diesmal tief von unten kam in einer seltsamen Mischung aus Versprechen und Spott, Verlangen und Belustigung. Sie bat und bettelte nicht, sie triumphierte, weil sie wusste, dass er sie rufen würde. Er rief sie.
    So wie es Brauch war, lag er nackt unter seiner Decke. Nachdem sie gewaschen, enthaart, gesalbt und parfümiert worden war, betrat sie das Zimmer und ließ ihren Seidenmantel, der ihre Blöße bedeckte, fallen. Sie ging am Fußende auf die Knie, verneigte sich, küsste seine Füße, schlüpfte unter die Decke und sollte nun langsam und demütig nach oben robben, um niemals den großen Standesunterschied zwischen dem Sultan und ihr zu vergessen, den auch die Umarmungen und Küsse nicht auslöschen würden. Immer sollte sie sich vor Augen halten, dass der Großherr seiner Sklavin lediglich eine Gnade erwies. Sie jedoch fügte sich nicht als Dienerin seiner Lüste, sondern sie nahm ihn regelrecht in Besitz, um sich seiner zu bedienen. Murads Erregung stieg und er hatte das Gefühl, gleich zu explodieren, dabei spielte sie erst mit seinen Oberschenkeln. Wo sollte das noch hinführen? Er wollte dem Einhalt gebieten, fand aber nicht die Kraft dazu, zu sehr gefiel ihm das bislang unbekannte Gefühl, zu erliegen, sich gehen

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