Byzanz
für die sie sorgen müssen, und keine Kinder, denen sie etwas vererben möchten.«
»Vor allem wissen wir, dass Ihr diesem unerfreulichen Geschäft mit Menschen, die man versklavt und verstümmelt hat, nachgeht!«, missbilligte Eirene, deren Gesicht etwas Spitzes bekam.
»Der eigentliche Markt dafür aber sind die Türken mit ihren Harems, der Sultan, die Wesire, die Paschas und Begs.«
»Ausgeschlossen. Ich kann Euch nicht hindern, dieses Geschäft zu tätigen, aber ich will und werde damit nichts zu tun haben.«
»Spuckt nicht auf den Handel, Loukas Notaras! Es gibt keinen guten und keinen schlechten Handel, es gibt nur den Warenumschlag. Und was eine Ware ist, darüber haben wir nicht zu entscheiden. Das regelt allein die Nachfrage. Wir beschäftigen keine Eunuchen, und wir kastrieren niemanden. Die einen verlangen nach dieser Ware, die anderen stellen sie her. Dafür sind wir nicht verantwortlich, aber unser Geschäft ist es zu handeln, den Menschen zu bringen, was sie wünschen.«
»Ihr seid ein scheußlicher Mensch«, ließ sich Eirene hinreißen.
Francesco Draperio, dem der Ärger darüber, dass er auf ein einträgliches Geschäft verzichten musste, weil der Grieche moralische Bedenken hatte, die Freundlichkeit aus dem Gesicht gerissen hatte, zwang sich zu einem süßlichen Lächeln. » Madonna , ich weiß, dass es scheußlich ist. Doch wenn ich es nicht tue, tut es ein anderer. Vielleicht ein Barbar, der die Menschen wie Vieh behandelt. Solange die Sklaven bei mir sind, werden sie anständig gehalten. Ich bin schließlich ein Christ.«
Loukas wollte die Diskussion, die einen so unerfreulichen Verlauf genommen hatte, so schnell wie möglich beenden. »Meine Liebe, wir haben nicht das Recht, darüber zu urteilen, womit ein Mann sein Geld verdient, aber ich werde das Geschäft weder machen noch unterstützen, weil ich es für eine Sünde halte. Und ich will Euch sagen, warum ich es für eine Sünde halte. Weil jeder Mensch eine Seele hat, und die ist von Gott. Und weil die Bibel uns sagt, dass wir alle von Adam und Eva abstammen, mithin alle Menschen gleich sind, haben wir nicht das Recht, unsere Geschwister zu versklaven.« Draperio zuckte mit den Achseln.
»Ihr wisst, mein Freund, dass ich mit dieser Auffassung nicht ganz allein stehe. Einer unserer Handelspartner, die Republik Ragusa, hat die Sklaverei und den Handel mit Sklaven vor fast zwanzig Jahren verboten.«
Draperio schnitt ein Gesicht, als wolle er sagen, ja leider. Dann kam ihm noch eine Idee, eine letzte, vielleicht ließ sich das Geschäft ja doch noch retten. Seine Augen nahmen den Kapitän listig in den Blick. »Vielleicht gibt es einen Weg, den wir zu dritt gehen können. Ich unterlasse künftig den Handel mit weißen Sklaven aus Südrussland, obwohl mich das ein Vermögen kosten wird, und knüpfe Beziehungen zu den schwarzen Sklavenhändlern in Nubien. Wir handeln ausschließlich mit Wilden aus dem Inneren Afrikas. Es sind keine Christen. Tiere, ohne Glauben und ohne Seele, außerdem erstaunlich zäh. Die stammen sicher nicht von Adam und Eva ab, denn es steht nichts in der Bibel davon, dass Adam oder Eva schwarz wie die Nacht waren.« Und an Eirene gewandt, die ihn skeptisch ansah, fügte er hinzu: »Oder würdet Ihr Eure Tochter mit einem Schwarzen verheiraten?«
»Beachtenswerter Versuch, lieber Freund, aber es bleibt dabei. Diese Art von Handel werde ich weder treiben noch unterstützen. Ich bin kein Gelehrter, aber ich kann mich nicht erinnern, dass irgendwo in der Bibel steht, alle Menschen mit Ausnahme der Schwarzen stammen von Adam und Eva ab. Nirgendwo finde ich diese Einschränkung, so will auch ich sie nicht treffen.«
»Ihr solltet wirklich öfter in der Bibel lesen«, spottete Eirene. »Im Hohelied Salomos sagt Sulamith über sich: Schwarz bin ich. Wollt Ihr also Sulamith versklaven? Salomos Braut verkaufen? Das wäre nicht weise.«
Draperio lächelte abermals süß-säuerlich. »Stimmt, madonna , ich sollte wirklich öfter in die Bibel schauen.«
Loukas erhob sein Glas. »Genug davon! Lasst uns in aller Bescheidenheit das feiern, was wir erreicht haben, und darauf anstoßen.«
»Auf das, was wir erreicht haben!«, prostete der Genuese Eirene und Loukas mit einer Herzlichkeit und Freude zu, als hätte das ganze Gespräch nicht stattgefunden.
Nachdem sie Francesco Draperio vor dem Palast verabschiedet und ihm hinterhergeschaut hatten, bis ihn das Viertel der Genuesen verschluckte, sagte Eirene zu ihrem Mann: »Ich
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