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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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hatte es Loukas Notaras ausgehandelt, und alle waren ihm dankbar dafür – alle, außer Fürst Alexios Angelos. Und das aus gutem Grund: Hatten sie etwa damals nicht auf dem Schlachtfeld vor der Stadt standgehalten und sich anschließend bravourös während der kräftezehrenden Belagerung auf den Wehrmauern gegen eine türkische Übermacht bewährt? Wozu dann verhandeln? Warum den sicheren Sieg wegen einer Nervenschwäche in eine halbe Niederlage verwandeln? Wohin auch immer Alexios sah, entdeckte er überall die gleiche Feigheit, die heillose Flucht vor der Verantwortung.
    Das Ergebnis seiner Reise fiel ernüchternd aus. Begeisterung für einen Kreuzzug gegen die Osmanen kam selten auf, zumeist schlug ihm Zurückhaltung, wenn nicht gar Ablehnung entgegen. Die meisten Fürsten hatten sich mit dem Sultan arrangiert und scheuten ein Abenteuer, das sie um Besitz, Macht und das Leben bringen konnte. Weil sie nur im Heute lebten, darauf konzentriert, alles zu tun, um zu überleben und weder einen Verlust an Macht noch an Reichtum zu erleiden, verschlossen sie die Augen davor, dass der Türke ihnen letztlich doch eines Tages alles nehmen würde. Eher verrieten sie die ihnen von Gott anvertrauten Menschen, als dass sie nur auf einen Dukaten verzichten wollten. Es war nur eine Frage der Zeit, und die lief gegen die Christen in Byzanz und auf dem Balkan. Um das zu sehen, brauchte man kein Prophet zu sein, dachte Alexios. Einige byzantinische Gelehrte schrieben darüber, aber die wenigen, die lesen konnten, schlugen die Warnungen in den Wind. Die Wahrheit war nicht populär.
    Ihm blutete das Herz, als er durch Thessaloniki, durch die zweitgrößte Stadt Griechenlands lief, die Andronikos Palaiologos, der monströse Schwächling, an die Venezianer verkauft hatte, die sie gegen den Ansturm von Murads Heerscharen nicht zu halten verstanden. Wenn eines für die Türken zutraf, dann dies, dass sie volkreich waren und alles überrannten, was sich ihnen in den Weg stellte. In den Straßen und Gassen des einst stolzen Thessaloniki dachte er zum ersten Mal, dass Südosteuropa als überreife Frucht dem Großtürken eines Tages von selbst in den Schoß fallen würde. Alle, die sehen konnten und auch wollten, musste der tiefe Fall der Stadt alarmieren. Niemand befreite sich aus der Illusion, sich mit dem Großtürken für immer arrangieren zu können. Im Gegenteil, um ihre Schmach zu verstecken, priesen sie seine Freundlichkeit, seine Kultur, seine Bildung. Ließe sich diese Entwicklung überhaupt noch aufhalten? Wenn er sogar die Bereitschaft des Volkes sah, sich mit dem muslimischen Joch abzufinden, dann zweifelte er daran. Sie wussten, dass sie Schlechtes aufgaben, wussten sie auch, dass sie Schlechteres bekommen würden? Würden sie denn Schlechteres bekommen?
    Müde, einer Sentimentalität nachgebend, lenkte er seine Schritte zum Stammsitz seiner Familie auf dem Epirus, da er sich nun einmal in der Nähe befand. Nach über einem Jahrzehnt der Abwesenheit brachte es Alexios Angelos über sich, seine Familie zu besuchen. Der Entschluss kam ihm wie ein kleines Wunder vor. Den Rittersaal der alten Burg der Angeloi auf dem Epirus beleuchtete das Licht der Kerzen und Olivenöllampen. Als Mitglied des Geheimen Rates und wichtiger Mann in Konstantinopel wurde er mit großem Pomp empfangen. Seine Brüder und Schwestern, die Schwäger und Schwägerinnen und ihre Kinder drängten sich um ihren berühmten Verwandten. Der Fürst ließ das alles mit Gleichmut und Geduld über sich ergehen, das echte und das geheuchelte Interesse, die Bewunderung, die ihm unangenehm war, und die versteckten Versuche, ihn für die eigenen Geschäfte zu instrumentalisieren, ohne dass er es merken sollte, was ihm noch unangenehmer aufstieß, denn ihre allzu durchsichtigen Bemühungen beleidigten seine Intelligenz. Doch nicht nur ihn hofierte man, sondern auch seinen Hund. Der Kuvasz nahm das indes ungerührt zur Kenntnis.
    Lange hielt er es jedoch nicht bei seiner Familie aus und reiste nach Mistra weiter, um sich von dem größten griechischen Philosophen, von Georgios Plethon in der rechten Art zu leben und in der rechten Art zur regieren unterrichten zu lassen.

13
    Kontoskalion-Hafen, Konstantinopel
    Möwen eroberten den Himmel. Die einsetzende warme Luft machte sie übermütig. Ihre Schreie klangen wie die Rufe der Händler auf dem Basar, dachte Loukas Notaras, ein in allen Tonlagen geführter Wettstreit, in dem jeder über seine Rivalen zu triumphieren

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