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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Privatmann.«
    Alexios verneigte sich vor dem Kaiser. Dann verließ er den Saal und ließ einen Traum zurück, den er zeitlebens geträumt und der sich als Schimäre erwiesen hatte. Ihm war, als sei eine Last von seinen Schultern genommen. Er kehrte der Macht den Rücken und wandte sich dem Leben, Zoë zu.

39
    Notaras-Palast, Konstantinopel
    Mit dem Frühling hielt die große Veränderung Einzug in Annas Leben. Den ganzen Winter hatte sie auf die ersten warmen Strahlen gewartet und vor allem darauf, dass der Schiffsverkehr wiederaufgenommen wurde. Nun war es endlich so weit! Ihr Herz schlug vor Aufregung, dass es zu zerspringen drohte. Einmal noch ging sie durch den Palast, in dem sie ihr Leben zugebracht hatte. Ihr Zimmer, das Zimmer ihrer Schwester, das ihrer Brüder, das Atelier ihres Onkels, das Arbeitszimmer ihres Großvaters, in das ihr Vater gezogen war, sein Arbeitszimmer, in dem sie gearbeitet hatte, der Innenhof. Trotz aller Freude wurde ihr auch weh ums Herz. Wann würde sie das alles wiedersehen? Ihr Vater legte ihr seinen Arm um die Schulter. »Komm Anna, es wird Zeit.«
    »Ich weiß.«
    »Beschwer dich nicht, du hast es so gewollt.«
    Sie umarmte ihn. »Ich beschwere mich auch nicht. Warum kann man nicht alles haben, euch und die weite Welt und unsere alte Stadt?«
    »Ja, wenn das ginge«, lachte ihr Vater, aber sie spürte auch seinen Schmerz, den er hinter der aufgesetzten Fröhlichkeit zu verstecken suchte.
    Sie nahm sich die Zeit, noch einmal in die Hagia Eirene zu gehen, um die Grabstellen ihrer Großeltern aufzusuchen, denn Thekla überlebte ihren Mann nur um einen Monat. Die alte Frau sagte noch: »Jetzt habe ich wirklich keine Geduld mehr«, dann blieb ihr Herz einfach stehen, weil es ohne das seine nicht schlagen konnte. Anna streichelte die Sarkophage. »Da es die Ewigkeit gibt, gibt es keinen Abschied für immer«, sagte sie wehmütig.
    »Ich bestehe darauf, dass wir uns noch in diesem Leben wiedersehen, Tochter.«
    »Ich auch, Vater.«
    »Denk daran, du kannst alles, was du brauchst …«
    »… Eudokimos und Bessarion werden mir immer zur Seite stehen. Ich weiß, Papa«, setzte sie amüsiert seinen Satz fort.
    »Ach, sagte ich das schon einmal?«, fragte er ironisch.
    »Einmal?«, verdrehte sie die Augen.
    Nach vielen Umarmungen, Küssen und Tränen stand sie schließlich auf der Brücke der »Nike« und winkte ihrer Familie zu, die sich auf der Hafenmauer versammelt hatte. Selbst die uralte Kaiserin Helena hatte sich zum Abschied eingefunden. Der Wind nahm zu. Ihre Lieben aber wurden immer kleiner, wie auch Konstantinopel schrumpfte. Selbst die riesige Hagia Sophia, die immer noch über der Stadt thronte, maß einige Zeit später nur noch Daumengröße. Wann werde ich euch wohl wiedersehen?, dachte Anna beklommen. Werde ich euch je wiedersehen?

40
    Kaiserpalast, Konstantinopel
    Alexios genoss das Familienleben. Es bereitete ihm ein großes Vergnügen, seine Tochter heranwachsen zu sehen, dabei zu sein, als sie zu krabbeln, zu laufen und zu sprechen anfing. Er hatte ein Stück Land kultiviert, auf dem er Gemüse anbaute. Oft dachte er daran, die Stadt zu verlassen und auf die Peloponnes überzusiedeln, zum Stammsitz seiner Familie, konnte sich aber nicht dazu durchringen.
    Inzwischen war Johannes vor Gram mit achtundvierzig Jahren verstorben. Alexios war weder zu der Totenmesse gegangen noch hatte er an dem Empfang teilgenommen, den Konstantinopel dem in Mistra gekrönten Kaiser Konstantin IX. bereitet hatte. Auch die Bitte des neuen Kaisers hatte er ausgeschlagen, in den Staatsdienst zurückzukehren.
    Gott hatte ihm das Leben geschenkt, er wollte es nicht für die Eitelkeit und die scheinbar großen Dinge aufs Spiel setzen. Die Jahre, die er einer Schimäre hinterhergejagt war, bereute er bitter.
    Murad starb, und alle Christen freuten sich, weil sie wähnten, mit dem einfältigen und unerfahrenen Mehmed II., der aller Welt seinen Friedenswillen bekundet hatte, leichtes Spiel zu haben. Doch davon bekam Alexios wenig mit. Was gingen ihn die Ränke der Welt an?
    So brach das Jahr 1453 an. Der Winter brachte keinen Schnee, dafür aber heftige Stürme. Doch pünktlich zu Ostern kehrten die Störche zurück. Die Obstbäume standen in Blüte, und in den Wipfeln wetteiferten die Nachtigallen mit ihrem Gesang. Es versprach ein gutes Jahr zu werden. Ostersonntag feierte Alexios mit Frau und Tochter in der Hagia Sophia nach lateinischem Ritus, denn er konnte der byzantinischen Kirche nicht den

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