Byzanz
Verrat von Varna verzeihen, bei dem sie ihre Hände im Spiel hatte. Nach der Messe unterhielt sich der Kaiser kurz mit ihm. Sie tauschten belanglose Freundlichkeiten aus – Konstantin hatte es längst aufgegeben, mit Alexios über Politik zu reden.
Drei Tage später, am Donnerstag, den 5. April, saßen Alexios und Ioanna im Hof und lauschten ihrer Tochter, die ihrer Mutter ein Geburtstagslied vorsang. Wenn sie auch nicht jeden Ton traf und das eine oder andere Wort in erstaunlichem Erfindungsreichtum selbst hinzudichtete, so entzückte es die Eltern trotzdem.
Da trat Photios an Alexios heran, beugte sich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr, dass ein Bote des Kaisers ihn zu sprechen wünschte. Alexios machte eine abwehrende Handbewegung, so wie man eine lästige Fliege verscheucht. Photios ließ nicht locker. Der Fürst flüsterte seiner Frau eine Entschuldigung ins Ohr, lächelte Zoë an, erhob sich und ging mit leichtem Zorn ins Vestibül. Dort erwartete ihn ein Mann im blauen Mantel der kaiserlichen Garde.
»Euer Gnaden, der Kaiser erwartet Euch! Das ist ein Befehl!« Der Fürst bat um etwas Geduld. Ioanna und Zoë schauten ihn fragend an, als er in den Hof zurückkehrte.
»Der Kaiser will mich sehen. Ich komme so schnell wie möglich zurück!«, versprach er und küsste Ioanna auf den Mund, Zoë auf die Stirn.
In seinem Inneren breitete sich Unruhe aus, denn Konstantin neigte nicht zu Gefühlsschwankungen wie Johannes, sondern war im Grunde ein nüchterner Mensch und ein guter Soldat. Diesem Kaiser hätte er gern gedient, aber es war zu spät. Johannes hatte seine Zeit und seinen Willen verbraucht. Unterwegs wunderte sich Alexios, dass der Bote ihn nicht in den kaiserlichen Palast führte, sondern auf die innere Befestigungsmauer in der Nähe des Kaligaria-Tores. Auf dem Wehrgang erwarteten ihn Kaiser Konstantin IX., der Oberbefehlshaber Kantakuzenos und der Großadmiral Loukas Notaras.
»Sieh dir das an«, sagte der Kaiser und wies mit dem rechten Arm über die Mauer hinaus.
Alexios blickte in die Richtung und zuckte zusammen. Das gleiche Bild hatte sich ihm dreißig Jahre zuvor schon einmal geboten: Eine Explosion der Buntheit unter dem azurblauen Himmel. Ein Bild, das der Phantasie eines verrückten Malers entsprungen zu sein schien, der auf keine Farbe verzichten wollte. Türkische Truppen, wohin er auch schaute. Janitscharen mit ihren weißen hohen Filzhüten, in denen bunte Federn staken. Über die weiten Beinkleider aus blauem Stoff fielen die langen Dolamas in Blau, Rot oder Gelb. Sipahi in leuchtend roten Mänteln und schließlich die Hilfstruppen, die keine Farbe scheuten und zuweilen, um besonders furchterregend auszusehen, Leopardenfelle trugen. Nur diesmal, verriet ihm sein geübter Blick, hatte der Sultan weit mehr Truppen versammelt als dessen Vater damals.
Auch Alexios hatte in seiner Abgeschiedenheit davon gehört, dass Mehmed mit einem Heer gegen Konstantinopel zog, es jedoch verdrängt. Jetzt aber, wo er das gewaltige Heer sah, wusste er, dass sich sein Schicksal vollenden würde. »Ist das der Sultan, über den alle gelacht haben?«, fragte Alexios bitter.
»Anscheinend muss jeder neue Türkenherrscher Konstantinopel einmal belagert haben«, ging Loukas Notaras gegen die bedrückte Stimmung an.
»Das ist das Ergebnis von Varna«, entgegnete der Fürst, der nicht nur spürte, dass der Zorn in ihm hochstieg, sondern der die Instinkte des Kriegers erwachen fühlte. Im Grunde wusste er seit Varna, dass es eines Tages so kommen würde, aber er hatte natürlich gehofft, den Sturm nicht mehr erleben zu müssen.
»Gibt es eine diplomatische Lösung, Großadmiral? Ihr habt doch so gute Kontakte.« Die Spitze, dass Loukas Notaras Konstantinopel damals angeblich durch Verhandlung gerettet habe, unterdrückte er. Angesichts einer so großen Übermacht verbot sich jede Rechthaberei.
»Nein«, antwortete sein alter Rivale so entschieden, dass es Alexios verwunderte.
»Was macht Euch so sicher?«
»Sie haben auf der anderen Seite des Goldenen Horns vor einem Jahr eine Festung gebaut. Jemand, der einen solchen Heerbann aufstellt, der will nicht verhandeln.«
»Jetzt müsst Ihr in meine Dienste treten«, sagte der Kaiser.
»Ja, jetzt muss ich.« Sie vereinbarten, sich am frühen Nachmittag im Palast zu treffen, erst in kleiner Runde im Besprechungssaal des Geheimen Rates, später dann mit den Führern der Italiener im Audienzsaal.
»Es tut mir leid, dass ich dir den Geburtstag verderben
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