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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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eine Hodegetria, wie es noch keine gegeben hat, mach, beeil dich. Die Gottesmutter wird uns helfen!«
    »Die Gottesgebärerin wird uns helfen«, sagte Demetrios halblaut. Thekla sah ihn erstaunt an. War das eine Frage oder eine Feststellung gewesen? Demetrios fuhr ernst mit seiner Hand über die seines Bruders, dann stürmte er aus dem Zimmer, um zur Hagia Sophia zu eilen. Er war erleichtert, weil er endlich etwas für ihn tun konnte. Die Tür schlug laut hinter ihm zu. Loukas hob kraftlos die Lider. Thekla stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus und befahl den Dienstboten, Speis und Trank zu bringen.
    Die Rinderbrühe quälte er sich unter dem guten Zureden seiner Mutter hinein. Ihm wurde ein Tee aus Eisenkraut und Kamille gereicht. Die Ärztin, die in einem der Gästezimmer genächtigt und die man verständigt hatte, kam und wechselte seinen Verband. Dann begab sie sich zum Spital, um nach dem Rechten zu sehen.
    Kaum hatte Martina Laskarina den Notaras-Palast verlassen, da meldete die Torwache dem überraschten Nikephoros, dass Eirene Palaiologina ihn zu sprechen wünsche. Der erfahrene Politiker wunderte sich über den hohen Besuch, empfing die Enkelin des Kaisers aber lieber privat in seinem Arbeitszimmer, um dem Treffen keine offizielle Note zu verleihen.
    Der wilde Ritt hatte Eirenes Frisur durcheinandergebracht, und ihre Augen verrieten höchste Erregung. Ihre unordentliche Erscheinung gab Nikephoros eine Ahnung, worum es ging, und einen vagen Hinweis auf den Grund des Mordanschlags. Doch er neigte nicht zu vorschnellen Urteilen.
    »Wie geht es dem Kapitän?«, fragte Eirene, ohne sich mit einem Gruß aufzuhalten.
    »Eure Anteilnahme tröstet uns, aber wie kommen wir zu der hohen Ehre Eures Besuches?«, erkundigte sich der Hausherr.
    »Gleich, gleich, aber sagt mir erst, lebt er, ich sehe keine Trauer in Euren Augen, also lebt er? Ja?« Sie forschte nach jedem Anzeichen, das ihr Hoffnung geben könnte.
    Nikephoros fragte sich, ob er der jungen Frau vertrauen durfte, aber für jemanden, der geschickt worden war, um die Familie auszuspionieren, hatte sie einfach einen zu hohen Rang inne. Außerdem wirkte ihre Erschütterung echt.
    »Man hat versucht, ihn zu ermorden«, sagte Nikephoros vorsichtig, sie dabei nicht aus den Augen lassend.
    Eirene raufte sich das Haar. »Das weiß ich, guter Mann, ich weiß auch, wer dahintersteckt, aber sagt endlich, wie es ihm geht!«
    »Er lebt, oder besser, er kämpft um sein Leben. Jetzt verratet mir aber, wer meinen Sohn überfallen hat.«
    »Wer ihn überfallen hat, weiß ich nicht, aber wer den Befehl dazu gegeben hat, kann ich Euch sagen. Alexios Angelos. Der Mann, der glaubt, dass ich jetzt seine Frau würde.« Sie kniete nieder, um ihrer Bitte Nachdruck zu verleihen. »Lasst mich zu ihm!«
    Nikephoros räusperte sich. Das alles war doch etwas sehr weit vom Hofzeremoniell entfernt. Zu weit für seinen Geschmack. Und es verunsicherte ihn, was er sich aber wie immer nicht anmerken ließ.
    »Bitte!«, sagte Eirene und senkte demütig den Kopf.
    »Nun gut, aber steht endlich auf. Erhebt Euch, es ziemt sich nicht! Doch zuvor sagt mir alles, was Ihr wisst.«
    Es sprudelte nur so aus ihr heraus. Die Begegnungen mit Loukas, ihre Gespräche und der Auftritt von Alexios Angelos während ihrer Lektüre. Der Alte benötigte Zeit, über diese ungewöhnliche, zugleich riskante Situation nachzudenken, deshalb brachte er die Enkelin des Kaisers erst einmal zu seinem Sohn. Außerdem wusste er ja jetzt, wo der Mann mit der Lederklappe vor dem linken Auge, von dem Eudokimos gesprochen hatte, zu suchen war – und dort würde er ihn auch finden. Es drängte ihn doch jetzt sehr nach einem Gespräch mit dem Waffenmeister des Fürsten.
    Dass sich Loukas ausgerechnet den mächtigen Günstling des Mitkaisers Johannes zum Feind erkoren hatte, gefiel Nikephoros gar nicht. Jetzt hieß es, klug seine Züge zu wählen. Ein Fehler genügte, und die ganze Familie Notaras würde ins Bodenlose stürzen, verfolgt, enteignet, inhaftiert, ins Exil getrieben, womöglich getötet, ausgelöscht und dem Vergessen preisgegeben. Nikephoros trug nicht nur die Verantwortung für seine Frau und seine beiden Söhne, sondern auch für die Gefolgschaft, für das Unternehmen Notaras, für das allein in Konstantinopel zweihundertfünfzig Menschen arbeiteten – die Mitarbeiter in den Handelsniederlassungen in Kaffa, Gallipoli, Rhodos, Negroponte, Monemvasia und Genua nicht mitgerechnet. Feinde hatte er

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