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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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ein Wunder. Hatte Gott ein Einsehen mit ihnen?
    Das zarte Morgenrot, das die Stadt vom Hinterland her wie ein Heiligenschein umgab, versprach schönes Wetter. Das war jedoch das einzig Gute, was man über den anbrechenden Tag, den 29. Mai 1453, sagen konnte.

42
    Auf der Landmauer, Konstantinopel
    Sie brauchten nicht lange zu warten. Wieder ging über sie ein Geschosshagel hernieder. Alexios sah es seinen Männern an, dass sie erschöpft waren. Natürlich versuchte Mehmed, die Verteidiger der Stadt zu ermüden, bevor er seine besten Truppen schickte. So ging er von Mann zu Mann und sprach ihnen Mut zu. Dem einen sagte er, dass er für seine Familie kämpfe, dem Nächsten versicherte er, dass nur noch ein einziger Angriff abzuwehren wäre. Er sprach mit jedem, so wie er es brauchte.
    Nach den Geschützen setzte die Musik der Türken mit nie gehörter Lautstärke ein, und die Kirchenglocken der Stadt hielten tapfer dagegen. Die Janitscharen marschierten stoisch in Reih und Glied. Ihre Harnische blinkten im Sonnenlicht und blendeten die Verteidiger. Präzise stellten die Elitetruppen ihre Sturmleitern an und rissen mit großen Haken die Palisaden ein.
    Wieder eilte Alexios die Treppen hinunter. Wieder kämpfte er an der Palisade. Der Kaiser stieß zu ihm. Ihre Bemühungen schienen belohnt zu werden. Die Janitscharen erlahmten.
    Da kam Giovanni Giustiniani Longo, gestützt von zweien seiner Leute, die Treppe heruntergeschwankt. Aus seinem Brustharnisch ragte ein Bolzen, um den herum Blut heraussickerte.
    »Wo wollt Ihr hin?«, fuhr ihn der Kaiser an. Alexios erschreckte der triefende Blick des Genuesen, der zu kämpfen verstand wie kein Zweiter. Jegliche Kühnheit war aus ihm gewichen.
    »Ich bin verwundet. Es ist aus. Lasst mich gehen!«, brachte er müde hervor.
    »So schlimm ist die Verwundung nicht. Auf Euren Posten, Giustiniani!«, herrschte ihn der Kaiser an.
    »Ich habe Euch geholfen, so gut ich konnte. So entlasst mich jetzt aus Euren Diensten. Es ist vorbei!« Er machte seinen beiden Helfern ein Zeichen und ging auf sie gestützt Richtung Hafen, um sich nach Galata übersetzen zu lassen. Als die Genuesen merkten, dass ihr Anführer sie verließ, machte sich unter ihnen Verunsicherung breit. Einige hatten ihre Posten schon verlassen. Bevor der Kaiser eingreifen konnte, meldete ihm ein Bote, dass der Feind durch die Kerkoporta eingebrochen sei. Dies war eine kleine Ausfallpforte, die sich an der Ecke der Mauer von Blachernae befand, kurz bevor diese an die Landmauer stieß. »Kommt, Alexios!«, rief Konstantin und stieg auf sein Pferd, während der Fürst sich auf das Ross des Boten schwang. So schnell es ging, ritten die beiden Männer an der Mauer entlang zu der Pforte. Immer mehr Janitscharen drangen durch die Kerkoporta. Sie kamen zu spät. Jemand musste den Türken die Pforte geöffnet haben. »Wenn wir zugrunde gehen, dann durch Verrat!«, rief Alexios dem Kaiser zu.
    Konstantin wendete sein Pferd, um zum Lykos-Tal zurückzureiten. Doch dort brach vor seinen Augen die Verteidigung zusammen. Flüchtende Genuesen retteten sich durch ein Tor in der Innenmauer, aber auch in Panik geratene Griechen folgten ihnen. Sie drängten und stießen andere zurück, um sich retten zu können, während die Türken über die Mauer setzten. Schließlich gelang es einem Hünen von Türken, die Palisadenwand einzureißen, und nun strömten die Janitscharen in großer Zahl herein.
    Während die Soldaten durch die Pforte flohen, verteidigte der Kaiser gemeinsam mit seinem Schwager Theophilos, mit Alexios Angelos und dem Katalanen Don Francisco de Toledo die Pforte eine Stunde lang gegen die anstürmenden Türken. Dann rief Konstantin seinen Gefährten zu: »Es ist vorbei!«, und ging dem Feind entgegen, Theophilos folgte ihm mit dem Ruf: »So will ich nicht länger leben!« »Nun ja«, sagte der Katalane, spuckte aus und schritt hinter den beiden her. Alexios blieb einen Moment stehen, als er sah, wie zehn Türken sich auf Konstantin warfen und es einem von ihnen gelang, den Kaiser zu enthaupten. Er wusste nicht, wen er getötet hatte, denn er warf den Kopf achtlos weg und kämpfte weiter. Noch gab es Konstantinopel, aber es hatte keinen Kaiser mehr, fuhr es Alexios durch den Kopf. Er drängte sich durch die Pforte, sprang auf das Pferd und ritt in Richtung der Paläste. Unterwegs fiel ihm eine alte Prophezeiung ein. Wenn die Not am größten sei und die Feinde die Stadt stürmen würden, dann gelänge es ihnen, bis zur Säule

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