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Byzanz

Byzanz

Titel: Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Unter einer gebogenen Nase kauerte ein kleiner Mund, den ein beginnender Bart umflaumte. Die Wangen neigten zu Pausbäckigkeit.
    »Allah sei mit Euch«, sagte Murad in akzentfreiem Griechisch. »Kommt, setzt Euch zu mir.« Dabei machte er eine einladende Geste. Seine Augen glänzten so schwarz wie sein kurz geschorenes Haar. Loukas ließ sich auf einem großen roten Kissen nieder, Halil Pascha auf einem blauen.
    »Ihr habt in Bursa meinen Bruder besucht?«, fragte der Prinz.
    Loukas beschloss, auf die Frage ehrlich zu antworten, zumal er nicht wusste, wovon Murad Kenntnis hatte. Es war ratsam, ihn nicht durch eine Lüge zu verärgern.
    »Ich hatte gehofft, euch beide in der alten Hauptstadt anzutreffen. Das Glück war mir nicht beschieden. Da seht Ihr, wie wenig wir über euch wissen.«
    »Was wollt Ihr?«
    »Handel treiben.«
    Das Gesicht des Prinzen verdüsterte sich. »Belügt mich nicht!«
    »Aber es stimmt. Die Familie Notaras ist eine in Konstantinopel sehr bekannte Kaufmannsfamilie. Erkundigt Euch, jeder wird es bestätigen. Handelsgeschäfte sind allerdings nicht der einzige Zweck meiner Reise.«
    Die Gesichtszüge des Prinzen entspannten sich. Mit einer Handbewegung forderte er Loukas auf, fortzufahren.
    »Wir könnten so viel zum gegenseitigen Vorteil tun, politisch und wirtschaftlich.«
    »Und da wolltet Ihr einfach mal sehen, wer von den Brüdern der bessere Sultan für euch wäre?«, fragte der Pascha entwaffnend direkt und feixte.
    »Ich möchte die Söhne des Sultans kennenlernen, nicht mehr und nicht weniger.«
    »Prinz Murad ist der Nachfolger Mehmeds. Wozu musstet Ihr Euch mit Mustafa unterhalten? Wollt Ihr die Söhne des Sultans gegeneinander ausspielen?«, hakte Halil mit einer Freundlichkeit nach, als habe er nur einen Witz gemacht, und lachte.
    Loukas spürte, dass Murad ihn aufmerksam beobachtete.
    »Wie kommt Ihr darauf?«
    »Wir kennen die Künste eurer Diplomatie. Wäre eure Armee so stark, wie eure Diplomaten es sind, wir müssten vor euch zittern!« Der Pascha griff nach einem Schälchen mit Tee und trank mit großem Genuss.
    Obwohl er Loukas dabei nicht ansah, spürte der Kapitän, dass Halil ihn aus den Augenwinkeln beobachtete. Die Eleganz, diese Mischung aus Leichtigkeit und Konzentration, beeindruckte Loukas. Auch er nahm einen Schluck Tee, der blumig schmeckte, nach Rosenblättern und Melisse. »Mag sein, mag nicht sein. Mir ist das alles fern. Niemand außer Gott weiß, wer wann Mehmed nachfolgt. Mich leitet allein der Wunsch, euch kennenzulernen. Wir sind Nachbarn, wir wissen zu wenig voneinander«, antwortete der Kapitän mit einer Gelassenheit in der Stimme, über die er sich selbst wunderte.
    »Ilyah Pascha hat Euch sicher gebeten, Mustafa nicht zu vergessen, wenn es um die Thronfolge geht?«, sagte Halil ein wenig abschätzig, wie man den Tick eines Menschen erwähnt, den dieser nicht abzustellen vermag.
    Loukas nickte, und der Türke lächelte nachsichtig, wenn auch etwas unwillig. Es freute ihn nicht, recht zu haben.
    Murad erhob sich. »Gottes Welt ist schön. Sollten wir sie nicht lieber genießen, als unsere Anstrengungen darauf zu richten, sie in eine Hölle zu verwandeln?«
    »Das sollten wir!«, antwortete Loukas. »Es ist für alle genug da. In Bursa habe ich einen neuen Handelspartner gefunden. Wir werden voneinander profitieren. Warum sollte das hier nicht glücken?«
    Der Prinz winkte ab. Es war ihm anzumerken, dass ihn dieses Thema langweilte. »Über den Handel redet mit meinem treuen Halil. Er liebt diese Tätigkeit. Mit ihm redet über Geld, mit mir über Gott. Was denkt Ihr, haben wir den gleichen Gott?« Loukas biss sich auf die Zunge, er wollte strikt verneinen. Murad sah ihn kurz an, dann fuhr er fort: »Ich glaube, ja. Moses sprach von ihm, Jesus auch und zum Schluss Muhammad. Warum glaubt ihr Muhammad nicht? Aus welchem Grund traut ihr nur zweien von drei Propheten? Weshalb werdet ihr Gott untreu und betreibt Vielgötterei, indem ihr Jesus, der wahrlich ein Prophet war, zum Gott erhebt, was er nicht war? Mathematiker lachen über den Witz: Drei ist gleich eins.«
    »Warum, Herr, sollte Gott fremd und fern sein und kalt uns gegenüber? Entspricht es nicht seiner Barmherzigkeit, seinen Sohn zu schicken, um die Sünden der Welt auf sich zu nehmen, sodass wir Menschen uns im Menschensohn mit Gott versöhnen können?«
    »Wir brauchen keinen Sohn, im Gebet finden wir direkt zu Gott.«
    Loukas strahlte über das ganze Gesicht. »Auch wir schauen Gott im

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