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BZRK Reloaded (German Edition)

BZRK Reloaded (German Edition)

Titel: BZRK Reloaded (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Grant
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Bildern – denjenigen, die sie durch die Augen ihrer Bioten sah – war beträchtlich. Dennoch waren sie noch immer grobkörnig und verzerrt.
    Einen größeren Unterschied gab es, wenn sie Haken in die Hirnmasse unter ihren Füßen steckte.
    Normalerweise lieferte ein Biot, der ein Hirn entweder verdrahtete oder punktierte, eine Art Skizze der Reaktion, die er hervorrief. Wenn man mit einer Nadel in ein bestimmtes Neuronenbündel stach, das mit einer bestimmten Erinnerung verbunden war, dann erhielt man eine Vorstellung dessen, was man da punktierte, aber nur eine Ahnung, einen Hinweis. Man bekam einen groben, sprunghaften Videoschnipsel oder, wahrscheinlicher noch, einen vagen Gefühlseindruck.
    Man bekam keine HD-Qualität.
    Was sie jetzt jedoch bekam, war HD in 3D.
    Plath verdrahtete nicht zum ersten Mal. Sie hatte schon ein paar Übungsaufgaben gemacht und war in den kranken Hirnen der Armstrong-Zwillinge gewesen.
    Das aber … Junge, Junge, das war etwas anderes.
    »Das kann ich mir nicht ansehen …«, sagte sie. »Ich kann mir so etwas einfach nicht anschauen.«
    »Du brauchst genug Wissen, um ihm zu helfen«, sagte Nijinsky tonlos.
    »Ich brauche doch nicht … Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das, was ich sehe, Erinnerungen an echte Ereignisse oder nur Einbildungen sind, Erinnerungen an Dinge, die gar nicht passiert sind.«
    Nijinsky gab keine Antwort.
    »Ich bin doch keine Voyeurin«, sagte Plath.
    Oh, aber das war sie. Ohne es zu wollen vielleicht, aber sie war eine Voyeurin, eine Spannerin, die durch die Vorhänge spähte, eine Perverse mit einer Knopflochkamera.
    Ein Nadelstich. Vincent hört einen Blues-Song. Ich habe einer Frau fünf Jahre geopfert, und sie hat die Stirn, mich rauszuschmeißen.
    Ein Nadelstich. Ein Strand. Er ist ein kleines Kind und muss pinkeln. »Geh einfach ins Wasser, Michael«, sagt ihm jemand. Aber es ist zu kalt.
    Vincents wahrer Name war Michael. Das hatte Plath nicht gewusst. Aber er schien zu passen.
    Ein Nadelstich. »Gefällt dir das nicht?«
    »Gefallen?«, antwortet Vincent. »Es tut nicht weh.«
    Ein Mädchen lacht. Sie ist vier Jahre alt, genau wie Michael. Er versteht den Laut nicht, den sie ausstößt. Er empfindet Scham.
    Und nun kommt eine Szene, bei der sich Plath extrem unwohl fühlt. Nichts Verwerfliches, aber nichts, was eine Fremde sehen sollte. Sie geht weiter.
    Pass auf, der Weihnachtsbaum fällt um!
    Ein langer, sturmgepeitschter Strand. Überhaupt nicht wie der südafrikanische Strand, den sie sich ausgemalt hat. Dieser ist voller schwarzem Seetang und Treibholz auf weißem Sand unter einem finsteren Himmel.
    Eine Zigarette. Vincent sagt: »Ich verstehe nicht, was das für einen Sinn hat.«
    »Über eine Wurzel gestolpert, hingefallen, mir krass das Knie aufgeschlagen«, sagt Vincent.
    »Sinus, Cosinus, Tangens«, sagt er.
    »Ich brauche es nicht«, sagt er. »Ich sehe es bei anderen Leuten, und es macht mich neugierig. Ich frage mich, wie es wohl wäre. Aber ich glaube nicht, dass ich es brauche.«
    Plath sagte: »Jin.«
    »Ja.«
    »Er empfindet keine Lust, nicht wahr?«
    Die drei Sekunden Verzögerung vor seiner Antwort waren die Antwort. »Er leidet an Anhedonie. Er empfindet keine Lust. Nicht im herkömmlichen Sinn.«
    Plath versuchte sich daran zu erinnern, ob sie Vincent jemals hatte lächeln sehen. Selbst jetzt war er noch Vincent für sie, nicht Michael. Vincent musste er auch bleiben.
    »Ich bin keine Psychiaterin oder so was«, sagte sie traurig. Nijinsky hatte sich aus ihrem Gesichtskreis herausbewegt. Jetzt stand Anya Violet an der Stelle. War das Eifersucht in ihren Augen? »Ich weiß nicht, was das alles bedeutet. Ich weiß nur, wie man das Gehirn von jemandem aufmischt, ich weiß aber nicht, wie ich ihm helfen kann.«
    Nijinsky antwortete nicht. Sie wartete … nichts. Weil er nichts hatte. Denn die Zeiger standen auf Verzweiflung, und niemand wusste, wie man Vincent helfen konnte.
    Ihre beste Idee war noch gewesen, einen Weg zu finden, um die Erinnerungen an den fatalen Kampf zu entfernen. Irgendwo in den zig Milliarden Zellen von Vincents Gehirn waren die Erinnerungen des toten Biots. Erinnerungen an eine Niederlage.
    Wenn man ein Gehirn nimmt und flach auslegt, nimmt es die Fläche von zwei Zeitungsseiten ein. Dann knüllt man es zusammen und stopft es in einen Sack mit Flüssigkeit, der wiederum in den Schädel gezwängt wird. Im M-Sub ist selbst ein Quadratzentimeter ein weites Feld. Sie irrte sozusagen auf einem Fußballplatz

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