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Cabal - Clive Barker.doc

Cabal - Clive Barker.doc

Titel: Cabal - Clive Barker.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Admin
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Mausoleen, von Grüften und Dolmen, Beinhäusern und Krematorien geweht wurden. Sargstaub und menschliche Asche, zu Splittern zerstoßene Knochen, alles wurde nach Midian geweht und umhüllte sie an der Kreuzung.
    Sie spürte die Toten in sich. Hinter den Lidern; im Hals, sie wurden in ihrem Schoß emporgetragen. Und trotz der Kälte und der Wut der vier Stürme verspürte sie keine Angst vor ihnen, keinen Wunsch, sie von sich zu haben.
    Sie suchten ihre Wärme und ihre Fraulichkeit.
    Sie würde sie nicht zurückweisen.
    »Wo ist Boone?« fragte sie im Traum, weil sie davon ausging, die Toten würden es wissen. Immerhin war er einer von ihnen.
    Sie wußte, er war nicht weit von ihr, aber der Wind wurde heftiger, bedrängte sie aus allen Richtungen, heulte um ihren Kopf.

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    »Boone?« sagte sie nochmals. »Ich will Boone. Bringt ihn zu mir.«
    Der Wind hörte sie. Sein Heulen wurde lauter.
    Aber jemand anders war in der Nähe und lenkte sie davon ab, seine Antwort zu hören.
    »Er ist tot, Lori«, sagte die Stimme.
    Sie versuchte, nicht auf die idiotische Stimme zu achten und sich darauf zu konzentrieren, den Wind zu interpre-tieren. Aber sie hatte ihre Position in der Unterhaltung verloren und mußte von vorne anfangen.
    »Ich will Boone«, sagte sie. »Bringt mir...«
    »Nein!«
    Wieder die verdammte Stimme.
    Sie versuchte es ein drittes Mal, aber die Gewalt des Windes war einer anderen Gewalt gewichen: Sie wurde geschüttelt.
    »Lori! Wach auf!«
    Sie klammerte sich an den Schlaf, an den Traum vom Wind. Noch konnte er ihr sagen, was sie wissen mußte, wenn sie dem Angriff des Erwachens noch einen Augenblick Widerstand leisten konnte.
    »Boone!« rief sie noch einmal, aber die Winde wichen vor ihr zurück und nahmen die Toten mit sich. Sie spürte ein Jucken, als sie sich aus ihren Venen und Sinnen zurückzogen. Das Wissen, das sie besaßen, ging mit ih -
    nen. Es stand nicht in ihrer Macht, sie zu halten.
    »Lori.«
    Fort; jetzt waren sie alle fort. Vom Sturm davongetra-gen.
    Sie hatte keine andere Wahl, als die Augen aufzuma-chen, obwohl sie wußte, sie würde Sheryl sehen, nur Fleisch und Blut, die am Bettrand sitzen und sie anlächeln würde.
    »Alptraum?« sagte sie.

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    »Nein. Eigentlich nicht.«
    »Du hast seinen Namen gerufen.«
    »Ich weiß.«
    »Du hättest mit mir kommen sollen«, sagte Sheryl. »Um ihn zu vergessen.«
    »Vielleicht.«
    Sheryl strahlte; sie mußte eindeutig eine Neuigkeit loswerden.
    »Hast du jemanden kennengele rnt?« vermutete Lori.
    Sheryls Lächeln wurde zum Grinsen.
    »Wer hätte das gedacht?« sagte sie. »Mutter hat vielleicht doch recht gehabt.«
    »So gut?«
    »So gut.«
    »Erzähl mir alles.«
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin nur losgezo-gen, um eine Bar zu suchen, und dann habe ich diesen tollen Typen getroffen. Wer hätte das gedacht?« sagte sie wieder. »Mitten in der verdammten Prärie? Da sucht die Liebe nach mir.«
    Ihre Aufregung war ein sehenswertes Vergnügen; sie konnte ihre Begeisterung kaum im Zaum halten, während sie Lori einen vollständigen Bericht von der nächtlichen Romanze gab. Der Name des Mannes war Curtis; ein Bankier, der in Vancouver geboren, geschieden und jüngst nach Edmonton gezogen war. Sie waren vollkommen komplementär, sagte sie; Sternzeichen, Geschmack, was Essen und Trinken anbetraf, familiärer Hintergrund.
    Und noch besser, sie hatten sich zwar stundenlang unterhalten, aber er hatte nicht einmal versucht, sie aus ihrer Unterwäsche herauszuschwatzen. Er war ein Gent-leman: redegewandt und intelligent, und er sehnte sich nach dem gebildeten Leben an der Westküste, wohin er, wie er angedeutet hatte, zurückkehren würde, wenn er 86

    die richtige Gefährtin gefunden hatte. Vielleicht war sie das.
    »Ich werde ihn morgen abend wiedersehen«, sagte Sheryl. »Vielleicht sogar ein paar Wochen bleiben, wenn alles gut geht.«
    »Das wird es«, antwortete Lori. »Du verdienst ein paar schöne Tage.«
    »Wirst du morgen nach Calgary zurückkehren?« fragte Sheryl.
    »Ja«, war die Antwort, die ihr Verstand vorbereitete.
    Aber der Traum war vor ihr und antwortete auf eine gänzlich andere Weise.
    »Ich glaube, ich werde erst noch einmal nach Midian zurückkehren«, sagte sie. »Ich möchte es mir noch einmal ansehen.«
    Sheryl verzog das Gesicht.
    »Aber verlange nicht von mir, daß ich mitkomme«, sagte sie. »Ich möchte keinen weiteren Besuch dort machen.«
    »Kein Problem«, antwortete Lori. »Ich gehe sehr gern

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