Cachalot
einfach nur getan.« Hinter ihnen nickte Merced; er begriff.
Cora stand am Bug und betrachtete die dunklen Rücken und die Wassersäulen, die vor dem Schiff einherzogen. Mataroreva war wieder zu ihnen getreten, beide blickten auf die See hinaus.
»Was glaubst du, wird geschehen, wenn die Catodonten ein oder zwei Barten so konfrontieren, wie wir den Blauen konfrontiert haben, und eine Erklärung verlangen?« fragte sie leise.
Er blickte sie prüfend an. Dann lächelte er erfreut, weil sie zu ihrer vertraulichen Haltung zurückgekehrt schien. Sie nahm es ihm offenbar nicht mehr übel, daß er vor ihren Augen mit Dawn kopuliert hatte. Der Vorfall war ihm schrecklich peinlich gewesen, aber warum mußte sie unversehens hereinplatzen.
»Keine Ahnung«, sagte er langsam. »Ich glaube nicht, daß sie den Frieden unter den Cetacea aufs Spiel setzen werden. Aber du hast ja bereits gesehen, sie können wesentlich gewalttätiger als die meisten ihrer Verwandten sein. Und während die Orca eigentlich mit diesem Bullen nichts anfangen konnten, könnten das ein oder zwei Catodonten ganz bestimmt.«
»Du glaubst also, daß die Barten eher kämpfen als reden würden?«
»Das kann ich nicht sagen. Die normalen Beziehungen stimmen auf dieser Welt nicht mehr.« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf die gewölbten Rücken der Herde. »Aber seltsam ist es schon. Sie wären durchaus imstande, einen Bruch des Friedens zu riskieren, um ihre Neugierde zu befriedigen. Bloß um tausend Menschenleben zu retten, tun sie es bestimmt nicht. Man könnte sie dafür leicht hassen lernen.«
»Das würde die auch nicht stören«, erinnerte sie ihn. »Wie wir sie sehen, ist ihnen doch völlig egal.«
»Egozentriker«, murmelte er.
»Muß nicht sein. Vielleicht haben sie recht.«
»Wieso?«
»Vielleicht sind wir einfach nicht sehr interessant.«
Dann verstummten beide, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Ein Paar vertrauter Gestalten jagte an Backbord am Schiff vorbei. Wenkoseemansa und Latehoht hatten sich ihnen wieder angeschlossen. Der Rest des Orcarudels, so erklärten sie, hatte kehrt gemacht und Kurs auf Mou’anui genommen. Sie waren gekommen, um Menschen aus der Gewalt von Menschen zu befreien. Seit sie diese Aufgabe verrichtet hatten, sahen sie keinen Nutzen mehr darin, bei dem Superflügler zu bleiben. Und die Gesellschaft ihrer reizbaren Vettern ging ihnen auf die Nerven.
Irgendwie schaffte es der Mann am Sonar, die Region vor der Gruppe von Blips, die die Walherde darstellten, auf den Bildschirm zu bekommen.
»Dort vorne ist etwas«, meldete er über die Sprechanlage.
»Barten?« fragte Mataroreva schnell.
»Groß genug wären sie. Und das sind auch mehrere. Fünf oder sechs kann ich erkennen.«
»Spezies?«
»Zu weit entfernt, um das ausmachen zu können.«
Die Catodonten hatten sie ebenfalls wahrgenommen. Die Herde vollführte ein präzises Schwenkmanöver, und das Tragflügelboot veränderte ebenfalls seinen Kurs, um bei ihnen zu bleiben.
Jetzt schrumpfte die Distanz zusammen, und der Mann am Sonar berichtete weiter. »Jetzt kann ich sieben ausmachen. Keine Buckelwale. Es müssen Finnwale sein oder Blaue. Zehn… nein, eher zwanzig. Finnwale, denke ich.«
Inzwischen würden die Catodonten an der Spitze bereits mit der Bartenschule in Verbindung sein, das wußte Cora. »Finnwale schwimmen wesentlich schneller als Catodonten«, murmelte sie.
»Wenn sie das bis jetzt noch nicht getan haben, dann bedeutet das, daß einige Angehörige der Herde auf ihrer anderen Seite sind und wahrscheinlich jetzt tauchen, um unter sie zu kommen«, erwiderte Mataroreva nach einigem Nachdenken.
Die Finnwale versuchten nicht zu entkommen, obwohl sie die schnellsten Wale waren, die es gab. Aber sie hielten auch nicht an, um Fragen zu beantworten. Was sie wirklich taten, war so schockierend, daß die Menschen, ebenso wie die Catodonten, wie benommen waren.
Ein Geräusch hallte über das Tiefenmikro, und damit über sämtliche Interkoms. Ein Geräusch, das Cora sofort erkannte: ein Wal, der Schmerzen litt. Mataroreva deutete wortlos über den Bug, während die anderen gerannt kamen und ebenfalls nach vorne starrten.
Vor ihnen kochte das Wasser, als wären ein paar Wasserbomben explodiert. Riesige Gestalten schössen aus der See, und mächtige Schwanzflossen peitschten das Wasser. Der Rudergänger verlangsamte die Fahrt, ohne den Befehl dazu abzuwarten. Der Ozean rings um das Schiff schäumte, wirbelte es und seine Insassen gnadenlos
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