Cademar-Günstling der Magie
und ließ die Kleider wehen.
Die Magier tuschelten untereinander, und Holbrach empfand fast Mitleid mit ihnen. Sie waren so neugierig, was der Bewahrer heute mit ihnen vorhatte, und sie waren ihm willige Werkzeuge.
Das Tuscheln verklang, und das konnte nur eines bedeuten: Der Bewahrer kam. Holbrach stellte sich auf die Zehenspitzen, um mehr zu sehen.
Kolom schritt über die Brücke, die zum Turm des Bewahrers führte, mit Ägom an seiner Seite.
Ägom. Dieser Emporkömmling, der kaum noch von der Seite des Bewahrers wich. Holbrach vermutete, dass Ägom selbst der nächste Bewahrer werden wollte, obwohl er älter als Kolom war. Vielleicht spekulierte er darauf, dass Koloms Lebenszeit kürzer als normalerweise ausfiel. Der magische Kampf, durch den Kolom zum Bewahrer geworden war, konnte mehr von seinem Körper verzehrt haben, als man bei seinem Anblick sowieso schon wusste. Manchmal dachte Holbrach sogar, dass die kranke Seite seines Körpers immer größer wurde, die gesunde Seite verdrängte, aber das bildete er sich wahrscheinlich nur ein. Kaum einem Magier gelang es, dem Anblick der Verbrennungen des Bewahrers lange standzuhalten, aber dieses Thema war auf der Lichtfeste tabu.
Was auch immer der Bewahrer an diesem Tag von seinen Magiern wollte – Holbrach konnte kaum erwarten, dass es vorüberging, um wieder mit seinen Studien fortzufahren. Allein und ungestört in seinem Studierzimmer … so fühlte er sich am wohlsten.
Kolom kam auf der Terrasse an und breitete die Arme aus. »Magier!«, rief er. »Leiht mir eure Kraft.«
»Vielleicht hängt die Magie mit Angst zusammen«, sagte Cademar. »Als ich sie eingesetzt habe, war ich in die Enge getrieben.«
»Andere müssen keine Angst empfinden, um Magie einzusetzen«, meinte Malkom.
»Du verstehst vom Wesen der Magie genauso wenig wie ich.« Trotz schwang in Cademars Stimme mit.
»Wenn dich das Wesen der Magie so sehr interessiert, warum gehst du nicht zur Lichtfeste, statt mit mir zur Zuflucht? Warum hast du denn die Kristallkugel zerstört?«
Cademar vernahm den Spott und hätte lügen müssen, wenn er behauptete, dass ihn die Magie gar nicht interessierte. Langsam nahm er sie als Teil seines Lebens an, und damit wuchs auch die Verlockung, sie beherrschen zu wollen. »Wir können sie nicht ignorieren. Aber ich möchte sie nicht mehr einsetzen.«
»Ich schon«, sagte Malkom. »Aber ich werde nicht den Magiern der Lichtfeste dienen, sondern will mein eigener Herr bleiben.«
Cademar fühlte ein Kribbeln auf seiner Haut und blieb stehen. Vor ihm tat Malkom das gleiche und drehte sich um, ihre Augen begegneten sich. »Du fühlst es auch?«, fragte Malkom.
Cademar nickte.
Malkom schaute an ihm vorbei in die Ferne, seine Augen weiteten sich. Nun drehte sich auch Cademar um.
Am Horizont – in der Richtung, aus der sie gekommen waren – stieg ein glühend roter Strahl in den Himmel. In einer geraden Linie näherte er sich den Wolken, fuhr hinein und ließ sie hell aufleuchten, kam darüber wieder zum Vorschein. Der Strahl schien die Luft zum Vibrieren zu bringen, und Cademar glaubte auch, ein tiefes Brummen zu hören. Immer höher stieg der rote Strahl, bis er unvermittelt anhielt, weit oben im Himmel. An seiner Spitze wurde er breiter und glühte immer heller, bis er mit einem Mal zu bersten schien.
Innerhalb weniger Augenblicke hatte sich der rote Strahl über dem Himmel verteilt und zu allen Seiten den Horizont bedeckt. Es war, als legte sich ein Mantel über die Welt. Die hochstehende Sonne war zu einer dunklen Scheibe geworden, deren Licht nun das ganze Land rot einfärbte.
Der rote Schleier senkte sich herab. Er schien zu wogen wie ein Tuch im Wind, und es gab keinen Schutz für Cademar und Malkom.
»Was können wir gegen diese Magie tun?«, fragte Cademar gehetzt.
Doch Malkom schüttelte nur den Kopf. »Nichts. Hab keine Angst – es ist ein harmloser Zauber.« Er legte den Kopf in den Nacken und wartete darauf, dass der rote Schleier sich auf ihn senkte.
Cademar schaute hoch, das rote Wogen ließ ihn schwindelig werden, und er fiel nach hinten auf den matschigen Boden. Er hielt die Luft an, als die Röte auf ihn stürzte.
Kräfte
Kolom senkte die Arme, als der Zauber abgeklungen war, und ein vielstimmiges Stöhnen erhob sich. Er atmete mit einem erleichterten Seufzer aus und blinzelte, um seinen Blick klarer werden zu lassen. Dann hob er den rechten Fuß und stellte ihn auf die niedrige Mauer, die den Rand der Terrasse umgab, auf der sich
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