Cademar-Günstling der Magie
alle befanden, stützte den Ellenbogen des rechten Arms auf den Oberschenkel und das Kinn in die Handfläche.
Kolom genoss die Magie, die ihn umgeben hatte. Die Kraft vieler Magier der Lichtfeste war gebündelt und nutzbar gemacht worden. Das rote Leuchten des Stempelzaubers war inzwischen im Boden versunken. An der Küste bei Halburg und dahinter konnte Kolom ein Glitzern ausmachen, wo der Zauber die Menschen berührt hatte.
Sein Blick wanderte nach Nordosten. Junkerstatt war gerade noch als kleiner Fleck zu erkennen und dahinter begann die Ebene von Karra. Dort musste er irgendwo sein – der Junge, der die Kristallkugel zerstört hatte. Einen solchen Ausbruch magischer Kraft hatte Kolom lange nicht mehr erlebt. Die Eltern des Jungen hatten geschwiegen, als sein Gesandter sie aufgesucht hatte. Erst nach unverhohlenen Drohungen behaupteten sie, nicht zu wissen, wohin ihr Sohn gegangen war. Der Mentalmagier, der sie verhört hatte, hatte gefühlt, dass sie nicht logen und bezweifelte, dass sie in der Lage waren, andere Gedanken vor ihm abzuschirmen. Doch es gab so oder so nur einen Weg, den der junge Cademar gehen konnte – in Richtung der Berge. Früher oder später würde er von der Zuflucht erfahren und sich zum Schwarzgebirge begeben. Sie mussten ihn abfangen, bevor er dort ankam – sonst konnte es geschehen, dass er Koloms Pläne durcheinanderbrachte. Doch die Ebene von Karra war groß und für Pferde schlecht begehbar – die Gesandten der Magier in Halburg und Junkerstatt mussten zu Fuß aufbrechen und alle magischen Abbilder des Stempelzaubers untersuchen, bis sie ihn fanden. Sobald sie wussten, wo genau er sich in diesem Moment aufgehalten hatte, wäre es leichter, ihn ausfindig zu machen.
Es wurden Jahr für Jahr weniger Günstlinge, und immer mehr von ihnen flohen, statt sich zur Lichtfeste bringen zu lassen, auch wenn die meisten von ihnen schnell gefasst wurden. Wenn es so weiterging, gab es in einigen Jahren nicht mehr genug Magier, die als Generäle die Garden führten. Dann müssten Magier zu Generälen ernannt werden, die seit Jahren die Lichtfeste nicht verlassen hatten, ja denen militärisches Denken völlig fremd war. Oder es mussten Offiziere zu Generälen befördert werden – Menschen ohne magische Kräfte, die plötzlich einen militärischen Rang bekleideten, der eigentlich Magiern vorbehalten war …
»Ist es … gelungen?« Kolom wendete sich zu dem Fragenden. Es war Holbrach, ein älterer Magier, der sich am liebsten in seinem Studierzimmer verkroch. Hinter ihm knieten einige Magier auf dem Dach, die sich die Köpfe hielten, als drohten diese zu bersten.
»Ja. Es war der größte Stempelzauber in der Geschichte der Magie. Er hat das ganze Land bedeckt, und es ist mir gelungen, die Lichtfeste von dem Zauber auszunehmen. Die Gesandten werden die Abbilder der Flüchtigen spätestens im Laufe des morgigen Tages finden.«
Holbrach nickte. Er schaute stirnrunzelnd zu den Händen des Bewahrers, die immerzu in Handschuhe gehüllt waren, welche er nicht einmal zum Wirken seiner Magie ablegte. »Wir alle werden den Rest des Tages ruhen müssen, um unsere Kräfte zu regenerieren.«
»Der Unterricht geht weiter«, befahl Kolom. »Unverzüglich.«
»Aber seht uns an«, gab Holbrach leise zurück. »Wir sind erschöpft.«
»Und ihr werdet trotzdem den Unterricht fortführen. Wir möchten schließlich unseren Günstlingen ein gutes Vorbild sein, nicht wahr?«
Holbrach blinzelte zweimal. »Das möchten wir wohl.« Dann wendete er sich ab.
Bevor Kolom zur Brücke ging, die zu seinem Turm führte, nickte er anerkennend dem Magier Ägom zu, der neben ihm stand, doch dieser war vom Zauber so erschöpft, dass er nur leer zurückstarren konnte.
Cademar schlug die Augen auf und sah in den Himmel. Dieser bewegte sich nicht mehr, aber schien immer noch mit dem rötlichen Schleier bedeckt zu sein. War jetzt etwa die ganze Welt rot gefärbt? Langsam stützte er sich auf und der Himmel nahm wieder seine blaue Farbe an. Cademar fühlte sein Herz in der Brust rasen. »Malkom?«, fragte er und blickte von einer Seite zur anderen.
Ein Stück rechts von Cademar stand sein Gefährte – und noch jemand neben ihm. Es war eine rote menschliche Gestalt, die starr in den Himmel blickte, und Malkom betrachtete sie neugierig vorgebeugt. »Was … was ist das?«, brachte Cademar hervor.
»Das bin ich.« Malkom holte mit dem rechten Arm aus und fuhr mit der Hand durch die rote Gestalt. Sie glitt ungehindert hindurch
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